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Kameraden! Proletarier in Feldgrau!
Der große Schlag ist Euch gelungen. Die Monarchie, die
Euch vier Jahre lang Euer Blut vergießen ließ, die Millionen Eurer
Brüder zu Krüppeln machte und in die Massengräber legte, ist ge
stürzt. Mit ihr fiel jene eiserne Fessel, die Euch jahrelang ge
bunden hielt: der Kadavergehorsam, die Gamaschendisziplin, die
furchtbare Barbarei der Feld- und Kriegsgerichte habt Ihr zerbrochen.
Ihr habt dem Kapitalismus, der in Euch das gefügige Werkzeug
fand, gezeigt, daß Ihr nicht mehr gewillt seid, noch fernerhin um
seiner Profite willen zu bluten. Ihr habt ihm gezeigt, daß die Armee,
die bisher die sicherste Garde war der großen Kassenschränke,
der großen Banken, der Kohlen- und Eisenbarone, sich nicht will
weiter mißbrauchen lassen und Ihr habt damit den Weg geöffnet,
den das Proletariat gehen muß, um befreit zu werden: nicht nur
von der Geißel des Krieges sondern von den Banden kapitalistischer
Ausbeutung überhaupt.
Denn, Kameraden, nur der Weg ist bis jetzt geöffnet, nicht
die Befreiung des Proletariats selbst ist erfolgt. Denn sie alle, die
zu Hause sich die Taschen füllten, während Ihr in den Schützen
gräben läget, die Euren Frauen und Kindern das Brot verteuerten,
während sie Euch hießen „Frau und Kinder zu verteidigen'*, die
ganze gewaltige Kapitalisten- und Oroßgrundbesitzerklasse sitzt
weiter unbehelligt zu Hause und hat ihre furchtbare wirtschaftliche
Macht in Händen wie je zuvor und bedroht Euch mit Ausbeutung
und Unterdrückung mehr als zuvor. Denn ihr hat die Revolution
bisher nicht wehe getan. Wilhelm von Hohenzollern haben sie
gern geopfert, weil sie glaubten, dann in den Friedensverhandlungen
für den deutschen Kapitalismus noch etwas retten zu können. Von
ihrer eigenen Macht haben sie nichts preisgegeben und sie sind
auch nicht bereit es zu tun. Im Gegenteil! Sie beginnen ihre
Kräfte wieder zusammen zu nehmen, sie versucht, den Soldaten
ihr revolutionäres Werk zu entwinden.
Die Gegenrevolution ist auf dem Olarsche!
Aus ihren Höhlen, in die sie sich während der Slurmtage
verkrochen hatten, kommen wieder ihre Agenten Es kommen die
Offiziere und reden mit den Soldaten Sie reden jetzt nicht mehr
„preussisch“, sie reden jetzt als „Kameraden"
Soldaten! misstrauet diesen „Kameraden“.
Warum sind sie nicht Kameraden geworden als Ihr in Dreck
und Feuer läget, warum waren sie nicht Kameraden als Ihr die
schmierige Kost der Feldküche und jene die Braten der Offiziers-
küche aßet, warum waren sie nicht Kameraden als Ihr eine Löh
nung von ein paar Pfennigen und jene die Hundertmarkscheine
bekamen ?