Drucksache Nr. 57
1946 47
1
Vorlagen Nr. 394-409
für die
Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin
Aasgegeben am 21. August 1947 für die (41.) Ordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung
von GroB-Berlin am 28. August 1947
394. Vorlage — zur Kenntnisnahme — über
Schaffung einer gesetzlichen Regelung im
Wirtschaftsprüfungs- und Sachverständi
genwesen — Vorlage Nr. 9/66 — Zwischen
bericht
Wir bitten, von der in der Anlage beigefügten
Bekanntmachung des Magistrats von Groß-Berlin
Kenntnis zu nehmen. Nach dieser Bekanntmachung
erfolgt bis zur gesetzlichen Neuregelung, mit deren
Ausarbeitung der Magistrat von Groß-Berlin die
Abteilung für Wirtschaft und die Finanzabteilung
beauftragt hat, die Zulassung und Prüfung von An
gehörigen der wirtschafts- und steuerberatenden
Berufe auf Grund der vor dem 8. 6. 1946 geltenden
gesetzlichen Bestimmungen, soweit diese nicht aus
drücklich aufgehoben worden sind oder auf Grund
des Gesetzes Nr. 1 des Kontrollrates ihre Wirksamkeit
verloren haben.
Begründung:
Mit Beschluß vom 6. 2. 1947 hat die Stadtver
ordnetenversammlung den Magistrat von Groß-Berlin
beauftragt, eine gesetzliche Neuregelung in der Zu
lassung und Prüfung der Angehörigen der wirt
schafts- und steuerberatenden Berufe vorzubereilen.
Die Ausarbeitung der gesetzlichen Neuregelung ist
kurzfristig nicht zu bewirken, da 'es notwendig sein
wird, die gesetzliche Neuregelung mit der in den
übrigen Zonen Deutschlands geschaffenen fiegelung
zur Vermeidung einer weiteren Rechtszersplitterung
Deutschlands abzustimmen und in Übereinstimmung
zu bringen. Auf der anderen Seite besteht aber ein
dringendes Bedürfnis, das Zulassungs- und Prüfungs
verfahren beschleunigt wieder auflehen zu lassen,
zumal die Berufe als solche überaltert sind und nach
dem Zusammenbruch Berufsangehörige zur Berufs-
ausühung nur insoweit zugelassen worden sind, als
sie bereits früher zugelassen waren und nicht unter
die Bestimmungen der Anordnung 101 a der Alliierten
Kommandantur vom 26. 2. 1946 fallen.
Die Bekanntmachung des Magistrats schafft kein
neues Recht. Sie ist lediglich als Übergangsregelung
gedacht. Die in der Bekanntmachung vorgesehene
gemeinsame Zulassung und Prüfung der Angehörigen
der wirtschafts- und steuerberatenden Berufe durch
die Abteilung für Wirtschaft und die Finanzabteilung
beseitigt einen aus der Nazizeit herrührenden Dualis
mus zwischen den wirtschafts- und steuerberatenden
Berufen, der lediglich auf Ressortschwierigkeiten
zwischen dem damaligen Reichswirtschaflsministerium
und Reichsfinanzministerium zurückzuführen war.
Die getroffene Übergangsregelung billigt Per
sonen, die während der Nazizeit aus religiösen,
politischen oder rassischen Gründen relegiert oder
nicht zugelassen worden waren, im Rahmen der Zu
lassungs- und Prüfungsbeslimmungen eine erleichterte
Zulassung zu.
Die getroffene Übergangsregeiung soll solange in
Kraft bleiben, bis der Magistrat von Groß-Berlin der
Stadtverordnetenversammlung einen Verordnungs
entwurf über die endgültige Neuregelung zur Beschluß
fassung vorlügt.
Berlin, den 8. Juli 1947
Magistrat von Groß-Berlin
L. Schroeder Klingelhöfer
Bekanntmachung
über die Zulassung und Prüfung der Angehörigen der
wirtschafts- und steuerberatenden Berufe durch die
Abteilung für Wirtschaft und die Finanzabteilung
des Magistrats von Groß-Berlin
§ 1
Die Zulassung und Prüfung von Wirtschafts
prüfern, vereidigten Buchprüfern, Buchsachverständi
gen,. Steuerberatern und Helfern in Sfeuersachen er-
lolgt auf Grund der vor dem 8. 6. 1945 gellenden
gesetzlichen Bestimmungen, soweit diese nicht aus
drücklich aufgehoben sind oder auf Grund des Ge
setzes Nr. 1 des Kontrollrates ihre Wirksamkeit ver
loren haben.
Die Aufgaben der in den Bestimmungen genannten
Behörden der Wirtschaflsverwallung sind auf Grund
der bestehenden Verhältnisse der Abteilung für Wirt
schaft, die Aufgaben der Finaiizbehörden der Abtei
lung für Finanzen heim Magistrat von Groß-Berlin
zugefallen. An die Stelle früherer Berufsorgani
sationen treten nur dann neue Berufsvereinigungen,
wenn ihre Gründung von den zuständigen Stellen
genehmigt worden ist.
§ 2
Von dieser Regelung sind ausgenommen Ver-
mögensberatcr und Vermögensverwalter, ferner Per
sonen, die sich ausschließlich mit der Beratung in
Organisations- und Finanzangelegenheiten befassen,
sowie die Angehörigen der technischen freien Berufe
(beratende und freischaffende Architekten, Ingenieure,
Chemiker, Techniker, Zeichner u. ä.).'
Die von dieser Regelung ausgenommenen Per
sonen sind auf Grund der bestehenden Bestimmungen
nicht berechtigt zur Vornahme von Wirtschafts- und
Buchprüfungen, zur Hilfeleistung in Steuerangelegen
heiten und zur Hilfeleistung bei der Buchführung.
Wer eine Tätigkeit dieser Art ausüben will, muß für
einen der eben bezeichneten wirtschafts- und steuer-
beratenden Berufe zugelassen sein.
§ 3
Die Zulassung und Prüfung von Wirtschafts
prüfern erfolgt auf Grund der ..Bestimmungen über
die öffentlich bestellten Wirtschaftsprüfer“, die auf
der Rechtsgrundlage der Ländervereinharung über
die öffentliche Bestellung der Wirtschaftsprüfer er
lassen worden sind. Solange eine Fachvereinigung
der Wirtschaftsprüfer ira Sinne des § 1 nicht besteht,