Drucksache Nr. 82
1948
Vorlage Nr. 618
für die
Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin
Aasgegeben am 13. Januar 1948 für die (53.) Ordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung
von Groß-Berlin am 15. Januar 1918
618. Vorlage — zur Beschlußfassung — über
Abschluß einer Vereinbarung über die Ver
setzung der Arbeitnehmer der Gebiets
körperschaft Groß-Berlin in den Ruhestand
und ihre Versorgung
Wir bitten, zu beschließen:
.,Die Stadtverordnetenversammlung stimmt dem
Magistratsbeschluß Nr. 586 vom 23. Dezember
1947 zu, der die Abteilung für Personaltragen
und Verwaltung beauftragt, mit den zuständigen
Verbänden des FDGB die nachstehende Verein
barung über die Versetzung der Arbeitnehmer
der Gebietskörperschaft von Groß-Berlin in den
Ruhestand und ihre Versorgung abzuschließen.“
Begründung;
Bis zum Jahre 1945 war die Versorgung der bei
der Stadt Berlin beschäftigten Personen den ver
schiedenen Anstellungsverhältnissen entsprechend ver
schieden gestaltet. Die Beamten und ihre Hinter
bliebenen erhielten Ruhegehalt, Witwen- und Waisen
geld nach den jeweiligen Beamtengesetzen; die sozial
versicherungspflichtigen Angestellten und Arbeiter er
warben im Rahmen der Städtischen Ruhegeldbestim
mungen nach lOjähriger Dientszeit einen Anspruch
auf Ruhegeld und Hinterbliebenenbezüge neben den
Renten aus der Invaliden- oder Angestelltcnversiche-
rung. Die Versorgung nach dem Städtischen Ruhe-
geldbesohluß lehnte sich an die Grundsätze der Be
amtenversorgung an.
Seit dem Zusammenbruch sind alle Arbeitnehmer
sozialversicherungspflichtig. Neben den Renten aus
der Sozialversicherung werden andere Bezüge nicht
mehr gewährt.
Das Fehlen einer zusätzlichen Alters-. Invaliditäts
und Hinterbliebenenversorgung hat sich sowohl
personal- als auch tarifpolitisch nachteilig ausge
wirkt. Die Gebietskörperschaft Groß-Berlin ist. wie
jede andere öffentliche Verwaltung, nicht in der
Lage, die in der privaten Wirtschaft schon in
normalen Zeiten üblichen Spitzengehälter und -löhne
zu zahlen. Um aber trotzdem qualifizierten Arbeitern
und Angestellten, auf deren Beschäftigung im
Interesse des Gemeinwohls nicht verzichtet werden
kann, einen Anreiz zu bieten, im Dienste der Stadt
verwaltung tätig zu sein, ist die weitere Verbesse
rung des derzeitigen Sozialtarifs erforderlich. Der
wirkungsvollste Teil eines wohlausgestalteten Sozial
tarifs ist aber eine ausreichende Alters-, Invaliditäts
und Hinterbliebenenversorgung. Neben den personal-
und tarifpolitischen Zwecken steht die soziale Be
deutung einer solchen Regelung, die einer weiteren
Erläuterung nicht bedarf.
Nach dem Entwurf der Vereinbarung über die
Versetzung der Arbeitnehmer der Gebietskörperschaft
Groß-Berlin in den Ruhestand und ihre Versorgung
soll der Versorgungsanspruch nach einer 10jährigen
Dienstzeit bei der Gebietskörperschaft Groß-Berlin
(Wartezeit) entstehen (§ 3 der Vereinbarung). Die
Höhe der Versorgung richtet sich nach der Höhe des
Arbeitsentgelts, d. h. nach der Gehalts- oder Lohn
gruppe, in die der Arbeitnehmer eingewiesen war
(§§ 13 und 14) und nach der Länge der ruhegehalt-
fähigen Dienstzeit (§§ 13, 15, 16 und 17). Für jede
Gehalts- und Lohngruppe ist ein Ruhegehaltshöchst
betrag festgesetzt (s. Anlage zur Vereinbarung); das
sind die höchsten Netto-Ruhegehaltsbezüge, die bei
einer 30jährigen ruhegehaltfähigen Dienstzeit gezahlt
werden.
Bei kürzerer als einer 30jährigen ruhegehalt
fähigen Dienstzeit beträgt das Ruhegehalt '50 bis l 38%
des jeweiligen Ruhegehaltshöchstbetrages.
Berlin, den 8. Januar 1048
Magistrat von Groß-Berlin
Schroeder Theuner
Vereinbarung
über die Versetzung der Arbeitnehmer der
Gebietskörperschaft Groß-Berlin in den Ruhestand
und ihre Versorgung
Zwischen der Gebietskörperschaft Groß-Berlin,
vertreten durch den Magistrat von Groß-Berlin —
Abteilung für Personalfragen und Verwaltung —
einerseits und
der Gewerkschaft der kaufmännischen Büro-
und Verwaltungsangestellten,
dem Verband der Lehrer und Erzieher,
der Gewerkschaft der Techniker und Werk
meister und
der Industriegewerkschaft der öffentlichen
Betriebe und Verwaltungen
andererseits wird nachstehende Vereinbarung ge
troffen.
I
Allgemeines
§ 1
(1) Vollbeschäftigte Arbeitnehmer der Gebiets
körperschaft Groß-Berlin und ihrer Eigengesell
schaften werden nach Maßgabe der §§ 4—10 in den
Ruhestand versetzt.
Als nicht vollbeschäftigt in diesem Sinne gelten
Arbeitnehmer, deren Zeit und Kräfte durch die ihnen
arbeitsverlraglich obliegenden Aufgaben nur nebenbei
in Anspruch genommen werden, insbesondere solche,
die regelmäßig nur bis 30 Stunden wöchentlich be
schäftigt sind.
(2) Unter welchen Voraussetzungen nicht voll-
beschäftigte Arbeitnehmer in den Ruhestand versetzt
werden können und die Art der Berechnung der Ver
sorgungsbezüge in diesen Fällen ist in den Aus
führungsbestimmungen zu dieser Vereinbarung zu
regeln.
. (3) Arbeitnehmer, die bei der Einstellung das
55. Lebensjahr bereits vollendet hatten, werden nicht
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