Drucksache Nr. 78
1948
Vorlage Nr. 604
für die
Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin
Ausgegeben am 5. Januar 1948 für die (52.) Ordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung
von GroB-Berlin am 9. Januar 1948
604. Beschluß des Wirtschaftspolitischen Aus
schusses vom 9. 12. 1947 zur Vorlage — zur
Beschlußfassung — über Gesetz über den
Verkehr mit Waren (Berliner Warenver
kehrs-Gesetz) — Vorlage Nr. 68/473 —
Der Ausschuß empfiehlt der Stadtverordnetenver
sammlung folgende Beschlußfassung;
Gesetz über den Verkehr mit Waren
(Berliner Warenverkehrs-Gesetz)
Aufgabe
§ 1
1. Der Verkehr mit Waren aller Art, insbesondere
ihre Beschaffung, Verwendung, Fertigung, Verteilung,
Lagerung und Beförderung, ihr Absatz und Verbrauch,
kann für Groß-Berlin gemäß den Bestimmungen dieses
Gesetzes geregelt werden.
2. Die Regelung kann durch allgemeinverbindliche
Anordnungen oder durch Einzelanordnungen erfolgen. Sie
können Gebote und Verbote enthalten.
3. Au eh die Aufzeichnung der sich auf den Waren
verkehr beziehenden Vorgänge kann auf Grund dieses
Gesetzes unter Berücksichtigung bestehender Vorschriften
über das kaufmännische Rechnungswesen geregelt werden.
Zuständigkeit
1. Die Abteilung für Wirtschaft des Magistrats von
Groß-Berlin und im Rahmen ihrer Zuständigkeit die
Abteilung für Ernährung werden ermächtigt, Einzelanord
nungen und mit Zustimmung des Magistrats allgemein
verbindliche Anordnungen gemäß § 1 zu treffen.
2. Der Magistrat kann auch andere Abteilungen inner
halb ihrer Zuständigkeit oder die Wirtschaftskammer mit
Aufgaben gemäß j) 1 beauftragen.
3. Allgemeinverbindliche Anordnungen und solche
Einzelanordnungen, die außerhalb des Rahmens von all
gemeinverbindlichen Anordnungen ergehen und von er
heblicher Bedeutung sind, sollen unter Mitwirkung der
Wirtschaftskammer erlassen werden.
I 3
Die gemäß § 2 zuständigen Magistratsabteilungen sind
berechtigt, die Durchführung der ihnen gemäß diesem
Gesetz zustehenden Aufgalten ganz oder teilweise auf die
Bezirksämter und mit Zustimmung des Magistrats auf
Körperschaften des öffentlichen Redlts zu übertragen,
Auskunftspflicht
§ 4
1. Soweit es zur Durchführung der Aufgaben gemäß
§ 1 notwendig ist, sind die gemäß SS 2 und 3 ermäch
tigten oder beauftragten Stellen berechtigt, mündliche oder
schriftliche Auskunft über wirtschaftliche Verhältnisse
zu verlangen. Sie können im Einzelfall Einsicht ln Ge
schäftsbücher und Geschäftspapiere nehmen und ihre
Vorlage anordnen, Betriebseinrichtuugen berichtigen und
Betriebsprüfungen vornehmen oder durch Beauftragte
vornehmen lassen. Sie können verlangen, daß ihnen
Waren vorgelegt und Behältnisse zur Besichtigung geöffnet
werden sowie das persönliche Erscheinen eines Auskunfts
pflichtigen anordneu.
2. Die auskunftsberechtigten Stellen können bei Ge
fahr im Verzug zur Durchsetzung ihres Auskunfts
verlangens polizeiliche Hilfe in Anspruch nehmen. Die
Polizei ist verpflichtet, einem Ersuchen auf Hilfeleistung
nachzukommen.
3. Die in Durchführung dieser Bestimmung ent
stehenden Kosten hat der Auskunftspflichtige zu tragen,
soweit sie bei ihm selbst entstehen oder schuldhaft von
ihm verursacht werden.
§ 5
1. Die von den zuständigen Stellen Beauftragten sind
vorbehaltlich der dienstlichen Berichterstattung und der
Anzeige von Gesetzwidrigkeiten verpflichtet, über die Ein
richtungen und Geschäftsverhältnisse, die durch die Aus
übung ihrer Befugnisse zu ihrer Kenntnis kommen, Ver
schwiegenheit zu beobachten und sich der Mitteilung
und Verwertung der ^Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse
zu enthalten. Sie sind, soweit sie nicht bereits als öffent
liche Angestellte verpflichtet sind, auf die gewissenhafte
Erfüllung ihrer Obliegenheiten durch Handschlag zu ver
pflichten.
2. Im übrigen finden die Bestimmungen der Verord
nung gegen Bestechung und Geheimnisverrat nicht beam
teter Personen vom 3. 5. 1917 in der Fassung der Ver
ordnung vom 12. 2. 1920 (RGBl. 1917 S. 393, 1920 S. 230)
und in Verbindung mit der Verordnung vom 22, 5. 1943
(RGBl. I S. 347) entsprechend Anwendung.
Zuwiderhandlungen
Gerichtliches Verfahren
§ 6
1. Mit Gefängnis bis zu fünf Jahren und Geldstrafe
bis zu drei hunderttausend Reichsmark oder bis zur drei
fachen Höhe des durch die strafbare Handlung erzielten
Gewinnes oder des Wertes der Gegenstände, auf die sich
die strafbare Handlung bezieht, oder mit einer dieser
Strafen wird bestraft, wer ,
a) vorsätzlich oder fahrlässig einer Anordnung zuwider
handelt, die auf Grund dieses Gesetzes oder seiner
Durchführungsvorschriften getroffen wird,
b) unrichtige oder unvollständige Angaben tatsächlicher
Art macht oder benutzt, um für sich oder einen
anderen eine Genehmigung oder sonstige Bescheini
gung zu erschleichen, die auf Grund dieses Gesetzes,
seiner Durchführungsvorschriften oder auf Grund
einer Anordnung gemäß diesem Gesetz erteilt
werden.
2. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein.
Antragsberechtigt sind die nach § 2 zuständigen Stellen.
§ 3 (Übertragung der Befugnisse) gilt entsprechend.