Drucksache Nr. 70
1946/47
Vorlage Nr. 495
für die
Stadtverordnetenversammlung von Groß-Berlin
Ausgegeben am 28. Oktober 1947 für die (46.) Ordentliche Sitzung der Stadtverordnetenversammlung
von GroB-Berün am 30. Oktober 1947
495. Vorlage — zur Beschlußfassung — über
Zuschüsse für den Theaterbesuch durch
Mitglieder der Volksbühnenvereine
Wir bitten, zu (beschließen;
Die Stadtverordnetenversammlung stimmt dem
Magistratsbeschlufl Nr. 469 vom 15. 10. 1947 über die
Bewilligung von Eventualzuschüssen bis zur Höhe
von ‘2 000 000,— RM im Haushaltsjahr 1047 für den
Besuch der städtischen Theater und der eigenen
Theater der Volksbühnen durch die Mitglieder der
Volksbühnenvereine.
Magistratsbeschluß Nr. 469
„Der Magistrat bewilligt 2000000,— Reichsmark
im Haushaltsjahr 1047 für die Verbilligung von
Theatervorstellungen an den städtischen Bühnen und
an den eigenen Theatern der Volksbühnen für d e
Mitglieder der in Berlin zugelassenen und in Berlin
tätigen Volksbühnenvereine. Jede städtische Bühne
und jedes eigene Theater der Volksbühnen erhält für
die von den Volksbühnen entnommenen Karten einen
von der Abteilung für Volksbildung und von der
Finanzabteilung gemeinsam festzusetzenden Zuschuß.
Geschlossene Vorstellungen werden an die Volks
bühnen nur insoweit abgegeben, als sie von den
Volksbühnenvereinen selbst gewünscht werden. Der
Betrag soll im Verhältnis der Mitgliederzahlen für
die Vereine verwandt werden. Es wird nach An
gabe der Vereine mit folgenden Mitgliederzahlen
gerechnet;
im Verein des sowjetischen
Sektors' ........ 30 000 Mitglieder
in den Vereinen der übrigen
Sektoren 36 000 Mitglieder
Mithin ist der Gesamtbetrag wie folgt zu verwenden;
900 000,-+RM für den Verein im sowjetischen
Sektor
1 080 000.—RM für die Vereine in den übrigen
Sektoren
20 000.—RM zur Aufrundung“
Begründung:
Die Höhe der Eintrittspreise an den städtischen
Bühnen und die Unmöglichkeit, z. Z. eine fühlbare
Senkung der Eintrittspreise durchführen zu können
machen es einem großen Teil der Berliner Bevölke
rung unmöglich, die städtischen Theater zu besuchen.
Es muß daher eine der vornehmsten Aufgaben sein,
den minderbemittelten Bevölkerungskreisen die Teil
nahme am kulturellen Leben Berlins zu ermöglichen
In dieser Richtung bisher gegangene Wege erwiesen
sich nur zum Teil als befriedigend. Vor allen Dingen
konnte von einer solchen Regelung nur immer ein
beschränkter und bestimmter Personenkreis erfaßt
werden, so daß eine in jeder Weise gerechte Ver
teilung und eine jedem mögliche Teilnahme nichl
Berlin, den 25. Oktober 1947
gewährleistet war. Weitere Bemühungen wurden im
Hinblick auf die seit Monaten schon geführte
Diskussion um die Volksbühnenorganisation ein
gestellt, da eine solche Organisation allenthalben als
die zweckmäßigste Form für die Förderung einer
allgemeinen Teilnahme am kulturellen Leben an
gesehen wird.
Nachdem sich die Verhandlungen zur Bildung
nur einer Volksbühne zerschlagen haben, ist zur
Bildung von Volksbühnen
im sowjetischen Sektor und
in den übrigen Sektoren
aui'gerulen worden, deren Lizensierung bereits er
folgt ist oder kurz bevorstehl. Sowohl die Lizenz-
träger der im sowjetischen Sektor tätigen Volksbühne
als auch die Beauftragten der Volkäühnen in den
anderen Sektoren haben inzwischen beantragt, den
Mitgliedern ihrer Vereine den Besuch der städtischen
Bühnen zu ermöglichen und die durch die Verbilli
gung notwendigen Mittel bereitzustellen.
Um eine gerechte und gleichmäßige Verteilung
des Zuschusses auf die Vereine sicherzustellen, ist
als Verteilungsschlüssel die Mitgliedcrzah! ange
nommen worden. Als vorläufige Höchstmitglicdcr-
zahlen wurden von den Vereinen selbst benannt:
im sowjetischen Sektor . . . 30000 Mitglieder
in den übrigen Sektoren . . 36000 Mitglieder,
Mithin darf für das nachgewiesene Mitglied ein Be
trag von 30,— Reichsmark im Spieljahr in Anspruch
ge rem men werden.
Bei der Feststellung des Gesamtbedarfes ist von
folgenden Voraussetzungen ausgegangen worden:
Jedem Mitglied werden für den Rest des Haushalts
jahres 1947 etwa 3 Vorstellungen geboten. Jeder
Platz wird im Durchschnitt einen Zuschuß von
6— Reichsmark erfordern. Es ist zu erwarten, daß
die Schauspielvorstellungen in der Regel etwas
billiger, die Opernvorstellungen hingegen etwas
teurer sind.
Inwieweit den Volksbühnen der Besuch aller
städtischen Bühnen unabhängig von ihrer Sektoren
lage gestattet werden kann, hängt von der Stellung
nahme des Kultur-Komitees der Alliierten Komman
dantur ab. das um Entscheidung gebeten worden ist.
Da aber die Vereine ihre Arbeit unverzüglich be
ginnen wollen, die ohne Beteiligung der städtischen
Bühnen illusorisch wäre, wird schon jetzt um eine
Bewilligung der Mittel gebeten. Die städtischen
Bühren wiederum sind nicht in der Lage, ohne Ge
fährdung ihrer Etats verbilligte Vorstellungen abzu
geben Die Erstattung der so entstehenden Einnahme-
ausfälle ist daher ewingend.
Berlin, den 24. Oktober 1947
Magistrat von Groß-Berlin
Dr. F r i ed e n s b u r ’g May
Der Stadtverordnetenvorsteher
Sohr