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§ 3
Sind nach den vorstehenden Bestimmungen
mehrere Personen anmeldepflichtig, so trifft die An
meldepflicht jede dieser Personen.
§ 4
Jede Veränderung des angemeldeten Vermögens
hinsichtlich der Art, der Höhe oder der Person, die
über das Vermögen verfügen kann, ist der Anmelde
stelle (§ 1 Abs. 2) innerhalb einer Woche nach dem
Eintritt der Veränderung anzuzeigen. Die Anmelde
stelle kann jederzeit Auskunft verlangen.
§ 5
Für die Zwecke dieser Verordnung gelten fol
gende Begriffsbestimmungen:
a) „Personen“ bedeutet jede natürliche Person,
Gesellschaft und juristische Person des öffent
lichen oder privaten Rechts, ferner staatliche
oder kommunale Verwaltungen und Körper
schaften des öffentlichen Rechtes.
b) „Vermögen“ bedeutet jedes bewegliche und un
bewegliche Vermögen sowie alle Rechte und
Interessen oder Ansprüche auf solches Ver
mögen, gleichgültig, ob diese fällig sind oder
nicht. Es schließt alle Vermögensgegenstände
ein, auch wenn diese nicht der Vermögenssteuer
unterliegen.
c) „Maßnahmen des Nazi-Regimes“ sind insbesondere
Beschlagnahme, Einziehung, Verfallserklärung.
Verkaufsanordnung oder sonstige Eingriffe in die
Verfügungsbefugnisse, die durch Gesetz, behörd
liche Maßnahmen oder Urteile oder auf Veran
lassung oder im Einverständnis mit der Regie
rung, amtlichen Stellen, der NSDAP, ihren Gliede
rungen oder ihren angeschlossenen oder ab
hängigen Verbänden und Organisationen oder mit
deren Duldung vorgenommen sind.
§ 6
Wer vorsätzlich oder fahrlässig die in dieser
Verordnung festgesetzten Pflichten nicht, nicht richtig
oder nicht rechtzeitig erfüllt, wird mit Gefängnis und
mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft,
soweit nicht nach anderen Gesetzen oder Verord
nungen eine höhere Strafe verwirkt ist.
§ 7
Der Magistrat von Groß-Berlin kann zur Durch
führung oder Ergänzung dieser Verordnung Rechts
und Verwaltungsvorschriften erlassen.
§8
Diese Verordnung tritt am
in Kraft.
344. Vorlage — zur Beschlußfassung — über
die Verordnung über die Übertragung
staatlicher Befugnisse in bezug auf Stif
tungen
Wir bitten, nachstehende Verordnung zu be
schließen;
„Verordnung
über die Übertragung staatlicher Befugnisse in bezug
auf Stiftungen auf den Magistrat von Groß-Berlin
§ 1
Die Befugnis zur Erteilung der nach § 80 des
Bürgerlichen Gesetzbuches zur Entstehung privat
rechtlicher Stiftungen erforderlichen Genehmigung
sowie die Aufsicht über die privatrechtlichen Stif
tungen, die bisher dem Preußischen Staatsministe
rium oder einzelnen preußischen Ministerien unter
standen, werden für das Gebiet von Groß-Berlin
durch den Magistrat von Groß-Berlin — Finanz
abteilung (Stiftungs-Aufsichtsamt) — ausgeübl.
§ 2
Die Verordnung tritt mit dem Tage der Verkün
dung in Kraft.“
Begründung:
Durch Magistratsbeschluß vom 26. November 1945
ist dem bei der Finanzabteilung gebildeten Stif
tungs-Aufsichtsamt die Aufsicht über die nicht
städtischen selbständigen Stiftungen in Berlin über
tragen worden, welche vor dem Zusammenbruch dem
Stadtpräsidenten gemäß § 18 des Reichsgesetzes über
die Verfassung und Verwaltung der Reichshauptstadt
Berlin vom 1. Dezember 1936 zugestanden hatte
(RGBl. I S. 957).
In Ausübung dieses Rechts hat das Stiftungs-
Aufsichtsamt demgemäß u, a. die Befugnis, bei Vor
liegen der Voraussetzungen des preußischen Ge
setzes vom 11- Juli 1984 (Ges.-Sammlung S. 575)
schon bestehende Stiftungen zusammenzulegen, auf
zuheben oder in ihren Zwecken zu ändern. Der Stadt
präsident hatte aber nicht die Befugnis, neue Stif
tungen zu genehmigen. Dieses Recht blieb bis zum
Zusammenbruch dem Preuß. Staatsministerium Vor
behalten.
Es mehren sich die Fälle, in denen Anträge auf
Genehmigung neuer Stiftungen für soziale Zwecke
gestellt werden, z. B. die Anträge auf Genehmigung
1. einer Stiftung für die Wohlfahrt der Taub
stummen,
2. der Hans-Otto-Gedächtnis-Stiftung.
Im Hinblick auf den Wegfall des Staates Preu
ßen und damit des Preuß. Staatsministeriums soll
die Zuständigkeit des Magistrats (Finanzabteilung,
Stiftungsaufsichtsamt) begründet werden, damit eine
Bearbeitung der Anträge auf Genehmigung neuer
Stiftungen^ die ihren Sitz in Groß-Berlin haben, nach
Anhörung des Stiftungsbeirates erfolgen kann.
Berlin, den 15. Juni 1947
Magistrat von Groß-Berlin
Dr. Friedensburg Dr. Haas
345. Vorlage — zur Beschlußfassung — über
die Soforthilfe für die anerkannten Opfer
des Faschismus und Juden im Sinne der
Nürnberger Gesetzgebung
Wir bitten zu beschließen:
1. Groß-Berlin stellt für erwerbsunfähige Opfer des
Faschismus und deren Hinterbliebenen sowie zur
Gewährung von Soforthilfemaßnahmen an an
erkannte Opfer des Faschismus und die durch die
Nürnberger Gesetzgebung geschädigten Juden im
Haushaltsjahr 1947 bis zu
8 536 700,— RM
zur Verfügung, und zwar für Renten (vgl. II 3c),
Stipendien (vgl. II 3 d), Krankenversicherung und
Heilbehandlung (vgl. 113 e). sowie für den Ver-
waltungskostenanteil von 3,3% an die Versiche
rungsanstalt Berlin.
Die Aufwendungen für Soforthilfemaßnahmen
werden in Anrechnung auf die Wiedergutmachung
gewährt.
2. Groß-Berlin übernimmt für Kreditgewährung an
anerkannte Opfer des Faschismus und Juden im
Sinne der Nürnberger Gesetzgebung gegenüber
dem Berliner Stadtkontor Bürgschaften bis zum
Betrage von 2 000 000,— RM im Rahmen der
Soforthilfe.
3. Es soll ein Antrag gestellt werden an die Alliierte
Kommandantur auf Überlassung von Möbeln und
Hausrat, die aus Nazivermögen gemäß dem Gesetz
Nr. 52 und den Befehlen Nr. 124 und 126 beschlag
nahmt sind, an den Magistrat von Groß-Berlin
mit der Maßgabe, sie an anerkannte Opfer des
Faschismus und Juden im Sinne der Nürnberger
Gesetzgebung zu veräußern.