1166. Beschluß des Ausschusses für Sozialwesen
vom 9. Dezember 1948 zu dem Dringlich
keitsantrag der Fraktion der CDU über
zwangsweise Einziehung von Beiträgen
durch die Versicherungsanstalt Berlin
— außerhalb der lfd. Nrn. der TO. 89 —
'Der Ausschuß empfiehlt der Stadtverordnetenversamm
lung folgende'Beschlußfassung:
„Der Magistrat wird ersucht, die Versicherungsanstalt
Berlin anzuweisen, bis zur Verabschiedung der Vorlage
Nr. 133/1007 die Beiträge der. Selbständigen, die mehr als
7200,— DM Jahreseinkommen haben, auf Antrag zu
stunden.“
Berichterstatter; Stadtv. Sc htoedter
1167. v orlage — zur Beschlußfassung — über
Verordnung über die Niederlegung von
Tarifverträgen
Die Stadtverordnetenversammlung beschließt die
nachstehende Verordnung über die Niederlegung von
Tarifverträgen.
§ 1
Tarifverträge über Arbeitsbedingungen, welche
zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern oder Ver
tretern von Arbeitgebern abgeschlossen werden, so
wie Ergänzungen und Abänderungen bestehender
Tarifverträge sind von den Vertragsparteien in drei
Unterzeichneten Ausfertigungen bei dem Magistrat
von Groß-Berlin, Abteilung für Arbeit, niederzulegen.
§ 2
(1) Durch die Niederlegung wenden die Tarif
verträge rechtswirksam, sofern die Abteilung für
Arbeit innerhalb 14 Tage nach Empfang keine Bean
standungen wegen Verletzung bestehender Vor
schriften erhebt. Beanstandete Tarifverträge wer
den mit der Zurückziehung der Beanstandung rechts
wirksam.
(2) Die rechtswirksame Niederlegung ist im Ver
ordnungsblatt für Groß-Berlin öffentlich bekanntzu
geben. Eine Ausfertigung des Vertrages wird durch
die Abteilung für Arbeit dem Arbeitsgericht Berlin
zugesandt.
§3 -
(1) Das Außerkrafttreten eines Tarifvertrages
ist- der Abteilung für Arbeit von den Vertragspar
teien innerhalb eines Monats mitzuteilen.
(2) Durch die Erfüllung der Verpflichtung aus
den §§ 1 und 3 seitens einer Vertragspartei werden
die übrigen Vertragsparteien frei.
8 4
Die Einsicht in die Tarlfsaihmlung bei der Ab
teilung für Arbeit-ist jedem gestattet.
8 5
Kommt eine Vertragspartei ihren Verpflichtungen
aus dieser Verordnung nicht nach, so kann die Ab
teilung für Arbeit eine Ordnungsstrafe bis zur Höhe
von 300,— DM festsetzen.
Weigert sich eine Partei, ihrer Verpflichtung
trotz Festsetzung einer Ordnungstrafe nachzu
kommen, können gegen sie erneut Ordnungsstrafen
bis zur Höhe von je 1000, DM verhängt werden.
8 6
Die Verordnung des Magistrats der Stadt Berlin
vom 16. 2. 1946 (VOBI. S 144) wird aufgehoben.
8 7
Diese Verordnung tritt am Tage nach ihrer Ver
öffentlichung im Verordnungsblatt für Groß-Berlin
in Kraft.
B e g r ü n d u n g :
Die Verordnung über die Errichtung eines Tarif
registers vom 16. Februar 1946 sah noch die Zu
stimmung der Abteilung für Arbeit für den Abschluß
von Tarifverträgen und deren Eintragung in, ein
Tarifregister vor, wobei bestimm! war, daß die Tarif
verträge erst durch diese Eintragung rechlswirksam
werden. Wenn auch wegen- der notwendigen Über
einstimmung mit bestehenden Vorschriften auf eine
Beanstandungsmöglichkeit nicht verzichtet werden
kann, so erscheint es zweckmäßig und entspricht der
gewerkschaftlichen Zielsetzung, daß Tarifverträge
wirksam -werden, ohne daß es einer formellen Zu
stimmung des Magistrats bedarf. Bei der Wichtig
keit, der lückenlosen Kenntnis bestehender Tarif
verträge für die Allgemeinheit und der Sicherung
ihres den Vorschriften entsprechenden Inhalts kann
auf einert Zwang zur Beachtung der Einreichungs
und Benachrichtigungsvorschriftcn nicht verzichtet
werden.. Es erwies sich deshalb, wie bei dem Zustand
vor 1933, der Einbau von Strafvorschriften a‘ls er
forderlich.
Berlin, den 26. November 1948
Magistrat von Groß-Berlin
L. Schroetter Fleischmann