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V. Abteilung Sozialwesen
Beschluß der Stadtverordnetenversammlung
vom 7. 8. 1947
(21) Bei den Maßnahmen zur Steuerung der Hinter s-
not ist besondere Fürsorge zu treffen für folgenden
Personenkreis:
a) Jugendliche mit schwerer Arbeit,
b) berufstätige Schwerbeschädigte.
c) Heimkehrer,
d) berufstätige Frauen mit Kindern,
e) OdF.
(22) Die Versorgung der Kriegsbeschädigten ist der
Versorgung der Unfallverletzten gleichzustellcn.
(23) Für die Einrichtung und den Ausbau von
Härmehallen und Altersheimen ist Sorge zu tragen. Der
Kreis der in Frage kommenden Hilfsbedürftigen ist
schon jetzt festzustellen und den Bezirksämtern sind ent
sprechende Auflagen zu machen.
(24) Den Alten und Gebrechlichen soll nach Möglich
keit täglich eine markenfreie Mahlzeit verabfolgt werden.
Der mit Vorlage Nr. 66/452 am 2.10.1947 gegebene
Teilbericht wird auf Grund weiterer Berichte der
Abteilung nach Überprüfung und Stellungnahme des
Hauptausschusses wie folgt ergänzt.
1. Maßnahmen über zusätzliche Speisung
a) Die zusätzliche Speisung für Lehrlinge in Schwer
arbeiterberufen und für die sozial gefährdeten
Jugendlichen wird, seit ihrem Beginn am 1. De
zember 1947, laufend fortgeführt. Sie erfaßt rund
24 000 Jugendliche. Die hochwertigen, besonders
fett- und eiweißhaltigen Lebensmittel stehen
durch Vermittlung des Internationalen Roten
Kreuzes reichlich zur Verfügung. Die Kosten
werden aus Mitteln der Abteilung für Sozial
wesen bestritten. Die Durchführung durch den
Hauptjugendausschuß hat sich praktisch be
währt.
b) Die Massenspeisung der Alten, die seit 1.12.1947
an rund 54 000 Hilfsbedürftige an jedem Wochen
tag ausgegeben wird, arbeitet schwerer, ohne Re
serven, von der Hand in den Mund.
Im Dezember und Januar sind bisher rund
130 t ausländische Lebensmittel, z. B. Fleisch ,
Gemüse- und Obstkonserven, Cereals, Mehl.
Milch, Zucker, verteilt worden, aufgebracht durch
Crälog (Arbeiterwohlfahrt, Caritas-Verband.
Evangelisches Hilfswerk), Internationales Rotes
Kreuz und eine besondere Vatikanspende. 120 t
entsprechen, wie veranschlagt, einer Grund
substanz von 45 g pro Portion*
Leider konnte, entgegen dem Plan, die Liefe-
rung von Übersollgemüse nicht in dem erwarteten
Lmfang stattfinden. Die Sowjetische Zentral
kommandantur, Abteilung für Handel und Be
Schaffungen, hat am 8.12.1947 angeordnet, daß
mit Rücksicht auf das Absinken des Einkaufs
von freiem Gemüse aus der sowjetischen Zone
Deutschland künftighin die Verteilung desselben
nur im sowjetischen Sektor der Stadt vorgenom-
men werden dürfe; die Abgabe von Gemüse in
andere Sektoren ist nicht gestattet. Infolgedessen
sind im Dezember nur 96 454 kg verteilt worden;
zur Zeit fällt es aus. Das Haupternährungsamt
hat Quellmehl und Brühwürze zum teilweisen
Ausgleich an die Bezirke ausgegeben und will
auch damit fortfahren. Vorstellungen sind bei
allen zuständigen Instanzen erhoben worden, um
eine weitere Stützung zu erreichen. Zugleich ha-
ben wir uns bemüht, den Ausfall an inländischem
r üllmaterial durch verstärkte ausländische Hilfe
weniger spürbar zu machen. Gerade bei dieser
Speisung für die Alten kam es darauf an, mög
lichst alle hilflosen, unversorgten, alten Men
schen mit einer täglichen warmen Mahlzeit
kosten- und markenfrei zu unterstützen, um der
Anfälligkeit in den härtesten Wintermonaten
nach besten Kräften zu begegnen.
c) Für die Kleinkinder von 3 bis 6 Jahren' wurde
die erste Speisungsperiode dieses Winters am
31.12.1947 abgeschlossen. Spendenträger ist be
kanntlich das Schwedische Rote Kreuz. Es stellte
monatlich rund 75 t stärkende Lebensmittel (be
sonders Milch, Fleisch, Nährmittel, Zucker, Ei,
Rosinen) bereit, mit denen täglich 28 000 Kinder
gespeist wurden; außerdem erhielt jedes Kind
nach jeder Mahlzeit einen Löffel Lebertran. Für
die Bezirke Treptow und Köpenick, die in dieser
Periode noch nicht in den allgemeinen Spei
sungsplan einbezogen waren, stellte das Schwe
dische Rote Kreuz für drei Monate eine Sonder
zuwendung von 24,2 t Lebensmitteln zur Verfü
gung, mit denen weitere 1600 Kleinkinder gespeist
wurden.
Die neue Speisungsperiode, die 28 000 Kinder
aus allen Bezirken erfaßt, hat am 2- Januar 1948
begonnen. Die Wirtschaftskrise in Schweden hat
sich in der Weise ausgewirkt, daß gewisse Ver
änderungen in der Zusammenstellung der Re
zepte eingetreten sind, weil manche Nährmittel
aus Ländern mit fester Valuta vom Schwedischen
Roten Kreuz nicht mehr eingekauft werden
konnten.
d) Besonders pflegebedürftige, ärztlich ausgewählte
Heimkehrer (786) werden durch das Britische
Rote Kreuz regelmäßig mit einer sehr nahrhaften
Mahlzeit zusätzlich gestärkt. — Von den Schwer
beschädigten haben (nach den Blinden) alle
Doppelamputierten und die Hirnverletzten je ein
halbes Care-Paket erhalten. 2500 Gare-Pakete ver
schönten die Weihnachtsfeiern in unseren Kin
der-, Jugend- und Altersheimen.
2. Barunterstutzungen
Für die Durchführung der Massenspeisungen,
besonders für den Ankauf heimischer Erzeugnisse
für die Altenspeisung, sind aus Mitteln des zentralen
Sozialetats
4 180 000,— RM
den Bezirken zur Verfügung gestellt worden.
Als bescheidene Weihnachtsbeihilfe für Kinder,
Alte und sonstige Bedürftige, die sich in der Obhut
der Stadt befinden, wurde entsprechend dem Be
schluß der Stadtverordnetenversammlung pro Kopf
20,— RM und für die heimatlosen Heimkehrer in
Lagern und Krankenhäusern je 25,— RM, insgesamt
6 000 000,— RM,
aus Mitteln des zentralen Sozialetats ausgegeben.
Die Vorschüsse für die Einkellerung von Winter
kartoffeln und für die Beschaffung des freigegebenen
Hausbrandes sowie Beihilfen für die Winterfest
machung von Wohnungen werden durch die Bezirks
sozialämter laufend gezahlt — Ermächtigung durch
Rundschreiben Nr. 34 vom 10.10.1947.
Die Erhöhung der Mietbeihilfen ist ab 1.10. 1947
in Kraft getreten — Neuordnung ihrer selbständigen
Stellung neben den Richtsätzen für den notwendigen
Lebensunterhalt durdh Rundschreiben Nr. 36 vom
23. 10.1947.
3. Bekleidungshilfe
Die Ausgabestellen von ausländischen Textilien
und Schuhwaren sind jetzt so ausgestattet, daß sie
pro Monat versorgen können:
durch Cralog 1220 Personen,
durch Schwedisches Rotes Kreuz . 400 „ ,
die die Bezirkssozialämter auswählen und mit Bons
für Männer-, Frauen- oder Kinderkleidung und für
Schuhe versehen.