16
auf die Arbeitsstellen hinausgenommen. Bezirksrat
Schaumburg batte mit Oberst Jegerow abgesprochen,
daß man zunächst die leihweise Ausgabe bei 35 I’aar
einige Tage probieren sollte. Nachdem der Versuch
gezeigt hatte, daß die leihweise Ausgabe möglich war,
wünschte Frau Kay selbst, daß nunmehr sofort alle
Schuhe zur Arbeitsstelle kamen. Sie nahm bei ihrem
Besuch Ende November selbst 25 Paar mit hinaus.
Die Ausgabe des Bestes erfolgte nach ihrer Angabe
infolge von Schwierigkeiten mit dem Wirtschaftsamt
erst am 6.12.1947, da bei dreimaligem Nachfragen
entweder der Schlüssel zum Schrank verlegt oder der
Sachbearlteiter nicht anwesend war. Die 312 Paar
Schuhe ans Ersatzstoffen waren zum Gebrauch im
Holzeinschlag ungeeignet. Es handelte sich um Damen
stoffschuhe und Kinderhausschuhe. A T on den 1248 Paar
Strümpfen und Socken sind alle Arbeiter im Holz
einschlag im November 1947 mit Socken und Strümp
fen versorgt worden. Hier wurde in keiner Weise
zurückgehalten. Zigaretten gelangten erstmalig am
22.11.1947 zur Verteilung. 3000 Stück waren aus
Bestünden des Bezirksamtes zunächst einige Tage
vorher als Vorschuß ausgegeben worden. Die Ziga
retten wurden rückwirkend mit 3 Stück pro Tag zu
geteilt. Auch hier erfolgte keine Zurückhaltung. Die
415 m Baumwollstoff wurden, soweit als hierfür
brauchbar angesehen, zu an der Arbeitsstelle zu ver
wertenden Kleidungsstücken umzuarbeiten versucht.
Die Schneider in Berlin lehnten jedoch' die Anferti
gung von Hosen und Windjacken aus dem Stoff ab,
weil er ungeeignet war und das zusätzliche Ver-
arheltungsmaterial fehlte. Zu den überlassenen'Klei
dungsstücken gehörten auch Damen-Spitzenblusen, die
nicht verteilt wurden. Von den 425 Paar Trikotagen-
Oberkleidung waren nur die AVindblusen und Pullover
bei der Arbeit zu verwenden. Die Arbeiter aber kauf
ten diese Kleidungsstücke nicht, da die weißen, ärmel
losen Pullover sich für den Holzeinschlag schlecht
eigneten und die AVindblusen nicht wasserdicht waren.
Die nicht bei der Arbeit verwendbaren Zuteilungen
standen für Prämien zur Verfügung. Die Prämien
verteilung war vorbereitet: zum Zeitpunkt der Ver
nehmung im Januar 1948 war sie noch nicht erfolgt.
Frau Kay wies darauf hin, daß auf diese Sonder
prämien auch in den AVerbeaufrufen stets aufmerksam
gemacht worden sei. Es war draußen in den Ein
schlagstellen nach ihrer Bekundung niemandem ein
Geheimnis, daß bei Erfüllung der vorgeschriebeuen
Leistungen mit Zuteilungen zu rechnen sei.
Die in Aussicht gestellten Zigaretten konnten nicht
früher ausgegeben werden, weil sie nicht früher be
zogen werden konnten.
Bezirksrat .Tennis erklärte noch, daß auf Initia
tive von Frau Kay vom »Arbeitsamt Prenzlauer Berg
auch eine beträchtliche Menge von AA’erkzeugen be
schafft worden sei. Diese AA'erkzeuglieferungen (Äxte,
Schrotsägen, Bügelsägen, Karren, Spitzhacken, Schau
feln. Spaten, Motorsägen usw.) wurden nicht vom
AA’irtschaftsamt zur A'erfügung gestellt, sondern vom
Arbeitsamt besorgt. Die Bezirksräte Nagel und Jermls
sowie Bezirksverordnetenvorsteher Quade wandten
gegen diese Erklärungen von Frau Kay nichts ein.
Bezirksrat Schaumburg bestätigte, daß die Schuh
versorgung der Arbeiter nur leihweise erfolgen konnte,
weil die Menge zu einer A'ersorgung sonst nicht aus
reichte. Er bestätigte auch, daß die Schuhe nach Er
probung des Leihverfahrens ins Lager kamen und
ausgegeben wurden. Auch nach seiner Meinung ist
Frau Kay insoweit eine schuldhafte A’erzögerung nicht
vorzuwerfen.
Bezüglich der Zigaretten bestätigte Bezirksrat
Schaumbnrg, daß der Bezug nicht früher erfolgt war,
da das Nariad der Kommandantur nicht früher zu
erhalten gewesen sei.
Bezirksnit Schaumburg bemerkte im übrigen noch,
daß die Beschaffung der AA'erkzenge wesentliche
Schwierigkeiten bereitete. Frau Kay habe schließlich
die erforderlichen Qualitätswerkzenge herstellen
lassen.
8. Zur Organisation der Arbeit wurde von dem Bezirks-
verordneten Stein das Fehlen einer einheitlichen und
straffen Leitung der Holzaktion bemängelt. Es wurde
dabei auch auf das Protokoll des Bezirksverordneten-
ausschusses hingewiesen. Danach hat die Bezirksver-
ordnete Frau Mrugalski am 10. Dezember 1947 aus
gesagt: „Ich mußte die Feststellung machen, daß die
Zusammenarbeit draußen jede Einigkeit vermissen
läßt. Man arbeitet gegeneinander.“ Der Abgeordnete
Miericke fragte in der gleichen Sitzung; „AVer ist
überhaupt Lagerleiter? Man hat den Eindruck, als ob
sich jeder vor der Verantwortung drückt und als ob
alle leiten. Ein Mann muß als Leiter bestimmt wer
den !“ Frau Kay erklärte vor dem Magistratsaus
schuß demgegenüber: „Die Leitung der gesamten
Holzaktion lag im Aufträge des Bezirksrates Schaum
burg in den Händen des Angestellten Dräbelow. Lager
leiter war der Angestellte AA r ollstein. Schober hatte die
Aufgabe der Lebensmittelversorgung und des Fahr
zeugeinsatzes durch die Fahrbereitschaft,“ Der Bezirks
verordnete Stein erklärte dazu, zum ersten Male ge
hört zu haben, daß der Angestellte Dräbelow Leiter
der Holzaktion sei. Nach dem Protokoll der Bezirks-
verordnetenausschußsitzung vom 17. Dezember 1947
hat Frau Kay nach Aussage des Bezirksrates Schaum
burg unter Bestätigung durch Schober ihm gegenüber
geltend gemacht, daß sie Befehl habe und demgemäß
anordne. Bezirksrat Schaumburg erklärte weiter, daß
Frau Kay verboten habe, Dinge durchzuführen, die
sie nicht angeordnet habe, nachdem er frühmorgens
um 8 Uhr Anordnungen getroffen hatte. Der Ange
stellte Schober bestätigte diese Angabe. Daß Frau Kay (
die Befehlsgewalt über die Fahrbereitschaft hatte, sei
durch Befehl vom 27. September 1947 ausgesprochen
worden. Bezirksrat Schaumburg erklärte in der Be-
zirksverordnetenuuschußsitzung vom 20.1,1948. daß
die A 7 erantwortung einzig und allein der Bürger
meister trage und das AA’irtschaftsamt nur im Rah
men der ihm zufallenden Aufgaben das tue, was vom
Bürgermeister angeowinet sei. Dieses sei auch wäh
rend der Tätigkeit der Frau Kay geschehen, nur mit
dem Unterschied, daß Frau Kay die Anordnungen,
die sie getroffen hatte, bei den maßgeblichen Stellen
wieder umgestoßen habe. Frau Kay habe 5 Minuten
später nicht mehr gewußt, was sie 5 Minuten vorher
angeordnet hatte. In einem Schreiben vom 1. Novem
ber 1947 an Bezirksrat Schaumburg verlangt Frau
Kay andererseits von ihm hundertprozentigen Einsatz
für die Holzaktion. Sie schreibt u. a.: „AA’ir machen
Sie noch einmal ausdrücklich darauf aufmerksam, (laß
AVeigerungen bei Aufgaben für den Holzeinschlag
nach den Befehlen der Zentralkommandantur als
Sabotage anzusehen sind. AVlr hoffen, daß es nicht
notwendig wird, Angestellte unserer IJezirksverwal-
tung mit diesen schweren Beschuldigungen zu be
lasten.“ In einem weiteren Schreiben vom 7.12.1W<
gibt sie als Zweck ihres Schreibens an. die volle
Einsatzbereitschaft und Initiative des Bezirksrates j
Schaumburg für die Holzaktion zu erbitten, weil sic
gesundheitlich augenblicklich behindert sei.
schließt wörtlich: „Ich sah mich zu dieser Anregung
veranlaßt, da ich in den letzten AVochen nicht immer
die Überzeugung halte, daß Sie Ihre ganze Kraft für
die Holzaktion elnsetzten. Um so mehr erfreut bin ich.
nun Ihre Zusicherung zu haben, alle Ihre Kräfte in
den Dienst der Sache zu stellen.“
V.
Auf Grund der A'ernehmungen und nach Einsicht in
das Aktenmaterial, insbesondere auch in die Vorgänge des
Ausschusses für die Holzaktion AA’ittstock der Bezirks
verordnetenversammlung Prenzlauer Berg kommt der Ma
gistrat zu folgendem Ergebnis:
„Die Holzaktion des Bezirksamtes Prenzlauer Berg
hatte mit mannigfachen Schwierigkeiten zu kämpfen. Sie
zu überwinden, war Frau Kay bemüht. Die eine oder
andere Maßnahme im Rahmen der Holzaktion hätte von
Frau Kay anders vorgenommen werden sollen. Da unu
dort fehlte die genaue Kenntnis der A'erhältnisse. Es be
stand offensichtlich Unklarheit über die Mitwirkung der
Zentralen Holzbeschaffung. Der Magistrat ist der Auf
fassung, daß seine verantwortliche Mitwirkung
bei Gesamtaufgaben mehrerer Bezirke geboten ist. Die
Anordnnngsbefugnis in der Holzaktion lag nach dem Be
fehl der Sowjetischen Hauptkommandantur beim Bezirks-