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zum Zusammenbruch von den obersten Reichs- und
Landesbehörden erlassen werden konnten. In bei.den
Bestimmungen wird vielmehr schlechthin von allen
gesetzlichen Bestimmungen gesprochen, die vom Ma
gistrat angenommen und erlassen werden. Eine Aus
nahme macht die Anordnung BK/O (47) 34 vom 31. 1.
1947 nur für „innere Verwaltungsanordnungen“.
„Die Rechtsfrage, ob der Magistrat oder die zu
ständige Fachabteilifng überhaupt berechtigt sind,
die Ermächtigungen auszuüben, die in alten Reichs
und Landesgesetzen den obersten Reichs- und Lan
desbehörden eingeräumt wurden, ist teilweise be
stritten worden. Wir möchten die Fortgeltung derajten
Ermächtigungen bejahen. Es ist ein jetzt allgemein an
erkannter Grundsatz, daß das gesamte frühere Reichs-
und Landesrecht fortbesteht, soweit es nicht aus
drücklich aufgehoben oder als nationalsozialistisches
oder militaristisches Gedankengut nicht mehr anzu
wenden ist. Aus der Fortdauer des früheren Rechts
folgt, daß auch die Ermächtigung zum Erlaß von
Rechtsverordnungen durch die obersten Reichs- und
Landesbehörden fortbesteht. Anwendbar dürften di^
alten Ermächtigungen nur dann nicht sein, wenn sie
solche Aufgaben dem Verordnungswesen überwiesen
hatten, die nach rechtsstaatlichen Grundsätzen der
Gesetzgebung Vorbehalten waren.“
„Zweifel können darüber bestehen, ob diese Nach
folger die Alliierten Kontrollbehörden oder der Ma
gistrat sind. Auf der einen Seite ist durch das Ber
liner Abkommen vom 2. 8. 1945, das Abkommen über
den Kontrollmechanismus in Deutschland, die Prokla
mation Nr. 1 vom 30. 8.1945 und andere Bestimmungen
festgelegt, daß. die oberste Regierungsgewalt und
höchste Autorität in Deutschland durch die alliierten
Besatzungsmächte ausgeübt wdrd. Die alliierten Kon
trollbehörden sind daher zweifellos auch berechtigt,
die den früheren Reichs- und Landesbehörden er
teilten Ermächtigungen zum Erlaß von Verordnungen
auszuüben. Auf der anderen Seite haben jedoch die
Besatzungsmächte durch die von ihnen genehmigte
Vorläufige Verfassung von Groß-Berlin das Selbst
bestimmungsrecht in dem aus der Verfassung er
sichtlichen Umfange wiedergegeben. Nach Art. 1
• Vorl. Verf. hat Groß-Berlin alle öffentlichen Auf
gaben in seinem Gebiete zu erfüllen und ist für das
Gebiet Berlin alleinige berufene öffentliche Gebiets
körperschaft. Der Magistrat ist das oberste leitende
und vollziehende Organ (Art 11 Vorl. Verf.). Er muß
daher als diejenige deutsche Behörde angesehen
werden, die für Berlin an die Stelle der früheren
obersten Reichs- und Landesbehörden getreten ist.“
„Der Widerspruch zwischen der obersten'Gesetz
gebungsgewalt der alliierten Besatzungsmachte und
dem Verordnungsrecht des Magistrats ist dahin zu
lösen, daß das Verordnungsrecht des Magitrats nur
insoweit besteht, als es im Kinzeffall nicht von den
Bosatzungsmächten in Anspruch genommen wird.“
„Bei den vom Landesfinanzaml beabsichtigten
Anordnungen wäre daher im EinzWfall zu prüfen, ob
sie eine innere Verwaltungsanordnung oder eine
Rechtsverordnung darstellen. Wir sind der Meinung,
daß allgemeine Anordnungen auf Grund von gl3AO-
im Gegensatz etwa zu den Verfügungen nach § 131 AO.
Hechtsverordnungen darstellen. Sie wenden sich an
dfe Allgemeinheit. Sie können daher nicht als innere
Verwaltungsanordnungen angesehen werden. Sie
müssen deshalb der Kommandantur zur Bestätigung
vorgelegt werden. Bestätigt die Kommandantur, dann
genehmigt sie damit auch etwaige Abweichungen
von den Steuergesetzen des Reichs und des Kontroll
räte . . . .“
II.
Nach der grundsätzlichen Stellungnahme in I zu
Punkt 1 des Beschlusses vom 30. März 1948 hat die
weitere Prüfung der in Punkt 2 dieses Beschlusses
aufgeworfenen Frage ergeben, daß einerseits eine Reihe
von Fällen, wie sie in den Anträgen der Fraktion
der SED zum Einzelplan 9 — Unterabschnitt B 91 50
— vorgetragen werden, im Wege einer inneren Ver
waltungsanordnung geregelt werden können, anderer
seits der Erlaß einer Rechtsverordnung notwendig ist.
Durch die abschriftlich beiliegende Rundverfü
gung des Landesfinanzamts vom 0. 4. 1948 ist die vor
genannte innere Verwaltungsanordnung an die Fi
nanzämter ergangen. Durch sie ist insbesondere den
Wünschen im wesentlichen entsprochen, als sie in
den Ziffern 1, 2, 6, 7, 8, 9 und 12 des zweiten An
trages vorgebracht worden sind. Damit dürfte aber
die Möglichkeit erschöpft sein, den Lohnsteuerpflich
tigen auf diesem Wege entgegenzukommen.
Bei den übrigen Vorschlägen ist ein weiteres Ent
gegenkommen mit dem Einkommensteuergesetz und
den Kontrollratsgesetzen Nr. 12 und 61 aus den, fol
genden Gründen nicht vereinbar:
1. Erhöhung der Werbungskosten von 65 auf 115 RM
monatlich
Nach dem Kontrollratsgesetz Nr. 61 werden
Lohnsteuerpflichtigen, deren Löhne und Gehälter
300 RM im Monat nicht übersteigen, Abzüge für
berufliche und besondere Aufwendungen im Be
trage von 65 RM gewährt; bei Gehältern und,
Löhnen über 300 RM monatlich verringern sich
diese Abzüge um je 5 RM Einkommen, bei Ein
kommen von monatlich 426 RM und höheren Ein
kommen beträgt der Abzug 39 RM (die Abzüge
sind in der Lohnsteuertabelle berücksichtigt).
Demgegenüber will der vorliegende Antrag
an Stelle des Betrages von monatlich 65 HM
115 RM usw. gewähren. Eine solche Maßnahme
stellt eine Änderung des Gesetzes dar, die u. E.
nur durch ein neues Kontrollratsgesetz vorge
nommen werden kann.
2. Steuerfreiheit der Leistungszuschläge und Mehr
verdienst bei Akkordlohn
Nach den geltenden Bestimmungen sind vom
Mehrarbeitslohn nur die darin enthaltenen Zu
schläge steuerfrei. Die Steuerfreiheit des Mehr
arbeitslohnes als solchen wdrde zumindest eine
Rechtsverordnung nach § 13 AO. bedürfen. Das
gleiche gilt für eine entsprechende Behandlung
des Akkordlohnes. Die entsprechende Anweisung
für die sowjetische Besatzungszone ist auch mit
Zustimmung des Militärbefehlshabers der SMA
Karlshorst ergangen.
3. Steuerfreiheit der Gesundheits- und Gefahrenzulagen
Auch hier bedarf es einer Rechtsverordnung
nach § 13 AO. Im Rühmen der geltenden Vor
schriften könnte das Landesfinanzamt sülchen
Arbeitnehmern nur dann Freibeträge zubilligen,
wenn sie infolge ihrer Arbeit besondere Aufwen
dungen zur Abwendung von Gesundheitsschädi
gungen und -gefahren haben. Derartige Pauschal
freibeträge können sich aber nur in geringem
Rahmen halten und würden Arbeitern, deren Tä
tigkeit mit besonderer Lebensgefahr verbunden
ist, aber keine besonderen Aufwendungen verur
sacht, nichts nutzen.
4. Festsetzung von Sonderwerbungskosten nach
Branchen »
Das Landesfinanzamt kann hierfür Pausch
sätze festsetzep, wenn dargetan wird, daß be
stimmte Gruppen von Arbeitnehmern besondere
Werbungskosten haben. Der Freie Deutsche Ge
werkschaftsbund hat in Aussicht gestellt, solche
Gruppen von Arbeitnehmern namhaft zu machen.
Nach Eingang der Vorchläge erfolgt deren Prü
fung im Zusammenwirken mit der Abteilung für
Arbeit.
5. Steuerliche Begünstigung der aus privaten Kassen
gezahlten Dienstaufwandsentschädigungen
Durch das Kontrollratsgeletz Nr ■ 61 ist die
Steuerfreiheit der aus öffentlichen Kassen ge
zahlten Aufwandsentschädigungen {§ 3 Ziff-
EStG) wieder hergestellt. Eine gleiche steuer
liche Begünstigung der aus privaten Kassen ge