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860. Mitteilung — zur Kenntnisnahme — über
Erweiterung des Arbeitsausschusses zur
Bekämpfung der Tuberkulose (Vorlage
Nr. 116/849) — Zwischenbericht —
Wir bitten, die nachstehenden Ausführungen über die
Rechtsgrundlage und die bisherige Arbeit des Ausschusses
zur Bekämpfung der Tuberkulose bei der Abteilung Ge
sundheitswesen zur Kenntnis zu nehmen;
„Die Alliierte Kommandantur Berlin übersandte mit
Datum vom 18. 9. 1946 eine Anordnung über Maßnahmen
zur Bekämpfung der Tuberkulose — BK/O (46) 375 —.
Ziff, 9 lautet:
„Bei der Abteilung für Gesundheitswesen beim Ma
gistrat ist ein Ausschuß zu bilden, der sich aus dem
Professorenpersonal, der medizinischen Fakultät, Tuber
kulosespezialisten und Vertretern der demokratischen
und Sozialorganisationen zusammensetzt. Dieser Aus
schuß hat seine Vorschläge zur Bekämpfung der Tuber
kulose zur Zustimmung der Alliierten Kommandantur
vorzulegen.“
In Ausführung dieser Anordnung wurde im November
1946 ein Ausschuß gebildet, der folgendermaßen zusam
mengesetzt war:
и) 10 Mitglieder des Landesgesundheitsamtes,
l>) 6 Vertreter der Tb-Fürsorgeärzte,
c) 2 Vertreter der leitenden Ärzte der Tb-Kranken
häuser,
d) 10 Ärzte der Kinder-Tb-Krankenhäuser,
e) 3 Vertreter der frei praktizierenden Lungen
fachärzte,
f) 4 Vertreter der Amtsärzte,
g) 15 Vertreter des Lehrkörpers der Universität,
h) 4 Vertreter der demokratischen Parteien,
i) 4 Vertreter anderer Magistratsabteilungen,
к) 8 Vertreter des FDGB,
I) 2 Vertreter der Versicherungsanstalt Berlin,
m) 1 Vertreter der Zentralverwaltung'für Gesundheits
wesen,
n) 6 Einzelvertreter,
zusammen 73 Mitglieder,
Die erste Sitzung dieses Ausschusses wurde auf
den 29. November 1946 einherufen. Tagesordnung:
1. Bedeutung und Aufgabe des Tb-Ausschusses
Stadtrat Dr. Dr. Harms
2. Tuberkulose im Kindesalter
Prof. Dr. Joppich
3. Die Verschickung Tuberkulöser nach Schleswig-
Holstein
Dr. Schröder
4. Aussprache.
Es kam zu folgenden Vorschlägen :
1, Die Schutzimpfung nach Culmette soll Gegenstand
weiterer Besprechungen sein.
2 Die Verhandlungen über die Rückgabe des Kinder-
tuherkuloseheims Schöneberg in Wyk auf Föhr sollen
weitergetrieben werden. _
3, Der Ausbau der Tb-Krankenhäuser in Wannsee
— Heckeshorn — und Hohengatow soll beschleunigt
werden.
Die zweite Sitzung des Ausschusses wurde auf
den 21, Januar 1947 einherufen mit folgender Tages
ordnung :
1. Das BCO-Schutzl tupf verfahren
Prof. Böker — Robert-Koch-Institut —
2. Korreferat
Chefarzt Dr. Noblen — Kinderkrankenhaus Wedding —
3. Aussprache.
Zu der Sitzung wurden auch Vertreter der Be
satzungsmächte und die Berliner Presse geladen.
Es wurde folgende Entschließung gefaßt betr. BCG-
Schutzimpfung ;
„Eine allgemeine Durchführung des BCG-Impf-
verfahrens unter den gegenwärtigen Lebensbediugungen
in Berlin erscheint nicht ratsam. Der Beirat hält es
dagegen für zweckmäßig, daß weitere Informationen
über die Wirksamkeit des Verfahrens durch Heran
ziehung ausländischer Forscher eingeholt werden, und
daß gegebenenfalls in einem beschränkten Personeukreis
die Wirksamkeit des Verfahrens unter Berücksichtigung
aller vorgeschriebenen Vorsichtsmaßnahmen ausprobiert
wird.“
In Verfolg dieses Beschlusses wurden die Verbin
dungen mit den Vertretern des Kopenhagener Instituts
für Tb-Bekämpfung aufgenommen, die über besondere
Erfahrungen in der BCG-Schutzimpfung verfügen,
Dr. Holm, Kopenhagen, konnte aber infolge einer
Amerikareise erst im Oktober 1947 nach Berlin kommen.
Eine dritte Sitzung des Tuberkuloseausschusses
wurde für den 12. November 1947 einberufen, Tages
ordnung :
1. Bericht über die derzeitige Tb-Lage in Berlin und
Maßnahmen zu deren Bekämpfung
Dr. Schröder
2. Bildung eines Arbeitsausschusses
3. Aussprache.
Zu Punkt 1 wurde nach einem ausführlichen Bericht
des Tb-Dezernenten über die Entwicklung der Tb-Lage
in Berlin die Zustimmung zu der Durchführung der
BCG-Schutzimpfung gegeben. Die BCG-Schutzimpfung ist
— beschränkt auf ca. 500 Teilnehmer (Krankenpflegerin
nen und Medizinstudenten) — im März 1948 zur Durch
führung gekommen.
Zu Punkt 2. Das Landesgesundheitsamt hatte aus
den ersten Sitzungen des großen Ausschusses den Ein
druck gewonnen, daß die Teilnehmer wohl ein aus
gesprochenes Interesse für alles zeigten, was das LGA.
an Tatsachen und Auffassungen vortrug, daß dagegen
eigene wertvolle und brauchbare Anregungen ans dem
sein- verschiedenartig zusammengesetzten Kreis der Teil
nehmer nicht in dem erwarteten Maße eingingen.
Inzwischen hatte der Ausschuß für Gesundheitswesen
der Stadtverordnetenversammlung sich im Anschluß an
einen Antrag der Fraktion der SED betr. Tb-Fürsorge
stellen — Vorlage Nr. 56.7379 — auch mit den Fragen
und Nöten der Tb-Bekämpfung in Berlin beschäftigt
Im Anschluß an diese Vorlage hatte die SED einen
Ergänzungsantrag Nr. 56/380 gestellt auf Bildung eines
Tb-Ausschusses als Unterausschuß des Gesundheitsaus
schusses. Dieser Vorschlag fand nicht die Zustimmung
der übrigen Fraktionen. Das LGA. hatte aus den bis
herigen Verhandlungen mit dem Gesundheitsausschuß
aber den Eindruck, daß eine ständige Zusammenarbeit
mit Mitgliedern der Stadtverordnetenversammlung wegen
der überragenden Bedeutung der Tb-Bekämpfung doch
dringend notwendig sei. Die Vertretung der Parteien in
dem 73köpfigen großen Ausschuß erschien dagegen in der
bisherigen Form völlig unzureichend. Es wurde in der
Ausscbußsitzung vom 12. November 1947 daher der 1 er
schlag unterbreitet, einen kleineren Arbeitsausschuß zu
bilden und diesen durch Mitglieder der Parteien nach
Bestimmung durch die Stadtverordnetenversammlung zu
ergänzen. Es sollte auf diese Weise unter Einhaltung
des Befehls der Alliierten Kommandantur vom 18. 9. 194b
der dort angeordnete große Ausschuß zur Entgegennahme
der Rechenschaftsberichte aufrechterhalten bleiben, wäh
rend der Arbeitsausschuß die wertvollen Anregungen aus
dem Antrag der SED-Fraktion mit den Vorteilen det
Ergänzungen durch wissenschaftliche und praktische
erfahrene Mitglieder des großen Ausschusses vereinigen
soll. Dies führte zur Vorlage des beiliegenden Vorschlags
an die Stadtverordnetenversammlung zur Bildung eines
Arbeitsausschusses.“
Berlin, den 8. Juni 1948
Magistrat von GroB-Berlin
Dr. Friedensburg Dr. Harms