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Abteilung I.
ganzen Geschäftsplan die Prosperität des Unternehinens finanziell und versicherungs
technisch völlig sichergestellt erscheint, wenn die sämtlichen zur Verwendung be
stimmten Drucksachen (Formulare, Versicherungsbedingungen u. s. w.) als einwands
frei gelten können, und wenn außerdem sowohl die Gründer wie die zur Leitung
in Aussicht genommenen Personen rücksichtlich ihrer Unbescholtenheit und Zuver
lässigkeit ausreichende Garantien bieten. Es bedarf daher nach allen diesen
Richtungen hin einer eingehenden Prüfung und der Anstellung sorgfältiger Er
mittelungen. Ist die Konzession einer Versicherungs-Gesellschaft, sei es unbedingt,
sei es (wie dies bei nichtpreußischen Unternehmungen der Fall zu sein pflegt) unter
bestimmten in der Zulassungsurkunde näher bezeichneten Voraussetzungen, erteilt,
so untersteht sie einer ständigen staatlichen Kontrolle, die sich auf die verschiedensten
Einzelheiten der Geschäftsführung erstreckt. Diese Kontrolle ist zunächst mehr
formaler Natur. Alle Änderungen, welche nachträglich an den Gesellschaftsstatuten
vorgenonimen werden, bedürfen einer besonders einzuholenden behördlichen Ge
nehmigung. Es wird weiter fortgesetzt darauf gehalten, daß die Versicherungs
bedingungen, Polieen, Antragsformulare den Interessen der Versicherten thunlichst
Rechnung tragen und mit den gesetzlichen und statutarischen Bestimmungen in
Einklang stehen. Endlich wird noch, damit auch die Öffentlichkeit einen Einblick
in das geschäftliche Getriebe gewinnen und sich über die finanzielle Lage ciniger-
niaßen unterrichten kann, dafür Sorge getragen, daß die Gesellschaften einen für die
Versicherten bestimmten genauen Geschäftsbericht verfassen und möglichst spezialisierte
Rechnungsvorlagen (Bilanz, Gewinn- und Verlust-Konto) zur Veröffentlichung
bringen.
Die Ausstellung dieser Rechenschaftsvorlagen erfolgt (abgesehen von den
Transport- und Glas-Verficherungs-Gesellfchaften, welche in dieser Beziehung
weniger beschränkt sind) bei den Gesellschaften der verschiedenen einzelnen Ver
sicherungszweige nach ganz bestimmten Vorschriften und Formularen, deren Be
folgung und Anwendung von der betreffenden Ministerialinstanz allgemein vorge
schrieben worden ist. Für die Hagel- nnd Viehversicherungs-Gesellschaften sind
noch immer die in der Verfügung des Ministers für Landwirtschaft, Domänen
und Forsten vom 16. März bezw. 16. November 1881 enthaltenen Grundsätze
maßgebend. Die Lebens- und Unfall-Versicherungs-Gesellschaften haben sich nach
den Cirkularverfügungen des Ministers des Innern vom 2. Februar 1891, 8. März
1892 und 20. Januar 1894, die Feuerversicherungs-Gesellschaften nach einer
Cirkularversügung desselben Ministers vom 22. Februar 1893 zu richten.
Jede einzelne der beaufsichtigten Gesellschaften bringt ihren Geschäftsbericht
ebenso wie chre Rechenschaftsvorlagen binnen bestimmter Frist beim Polizei-Präsidenten
zur Vorlage. Dieser läßt dieselben einer eingehenden Prüfung und Durchsicht
unterziehen und gewinnt dadurch die Möglichkeit, seine Kontrolle auch auf das
materielle Gebiet auszudehnen. Erscheint ihm das in den Rechenschaftsvorlagen
enthaltene Material zur wirksamen Ausübung einer materiellen Kontrolle nicht aus
reichend, so ist er jeder Zeit in der Lage, sich durch Einforderung schriftlicher
Berichte, durch gelegentliche Einsicht der Gesellschafts-Bücher, Akten, Korrespondenzen,
Drucksachen ic., eventuell auch durch Vornahme eingehender Geschäftsrevisionen,
die notwendige thatsächliche Information zu verschaffen.
Gerade in materieller Beziehung erscheint aber eine sorgsame Überwachung
der Gesellschaften durch die staatlichen Organe im Interesse des versicherten
Publikums besonders wünschenswert und geboten. Hier gilt es, dafür zu sorgen,
daß die für die Erhebung der Prämien maßgebenden Tarife ordnungsmäßig und
versicherungstechnisch richtig berechnet sind, daß die Gesellschaften ihren Mitgliedern
die fälligen versicherten Summen und die in Aussicht gestellten Dividenden richtig
auszahlen, daß sie ihr Vermögen sicher anlegen und sich von einer unsoliden
Ausdehnung ihres Geschäftsbetriebes fernhalten; es gilt hier weiter namentlich
darauf Acht zu haben, daß die Einstellung der einzelnen Einnahme- und Ausgabe-,