Die Schutzmannschast von 1865—1892.
845
Durch den Staatshaushaltsetat des Jahres 1874 wurde fitr die deu Bezirks
hauptleuten, sowie den Führern der Reserve- und der berittenen Abteilung zur
Bearbeitung von Personalien u. dergl. beigegebenen Wachtmeister, die thatsächlich
bereits seit geraumer Zeit eine Art vorgesetzter Stellung gegenüber den anderen Wacht
meistern eingenommen hatten, die neue Charge der „Abteilungswachtmeister" geschaffen.
2. Eine wesentliche organisatorische Änderung wurde im Jahre 1873 herbei
geführt durch die Einrichtung der Bezirkswachen.
Der Aufschwung der Hauptstadt nach den Feldzügen hatte auch eine starke
Zunahme der zu Ausschreitungen und Gewaltthätigkeiten neigenden Bestandteile der
unteren Volksschichten mit sich gebracht. Zahlreiche Überfälle auf offener Straße
bewiesen, daß die allgemeine Sicherheit der Personen und des Eigentums erheblich
abgenommen hatte. Wiederholt war es zu Ruhestörungen und Aufläufen ernst-
lichster Art gekommen, die von der vorhandenen Polizeimannschaft nur mit Mühe
unterdrückt werden konnten.
Diese Erfahrungen veranlaßten außer einer bedeutenden Verstärkung des Per
sonals der Schutzmannschast eine Umgestaltung des Exekutivdienstes. Man hatte
die Überzeugung gewonnen, daß die gering besetzten Revierwachen nicht mehr aus
reichten, um die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten', auch räumlich entsprachen
damals jene Wachen, die meist nur aus einem kleinen Zimmer in abgelegener
Gegend bestanden, durchweg nicht den au ein polizeiliches Wachtlokal zu stellenden
Anforderungen. Es wurden daher unter Aufhebung der Revienvacheu für jede
Bezirkshauptmannschaft zwei Bezirkswachen eingerichtet, welche unter unmittelbarer
Aufsicht der Bezirkshauptleute den gesamten Posten- und Patrouillendienst auf deu
Straßen übernahmen.
Die Einrichtung der Bezirkswachen erfuhr indessen in der Folge wieder mehr
fache Veränderungen. Gleichzeitig mit der im Jahre 1875 durchgeführten Ver
mehrung der Reviere wurden einzelne au den Weichbildgrenzen belegene Reviere
als sogenannte „selbständige Reviere" aus dem Zusammenhange mit den Bezirks
hauptmannschaften und mit den Bezirkswachen ausgelöst und ihrerseits mit einem
starken Mannschaftsbestande von durchschnittlich je 3 Wachtmeistern und 20 bis
40 Schutzmännern versehen. Im Jahre 1881 wurde es sodann nach erheblicher
Personalverstärküng möglich, daß die Revierwachen allgemein mit reichlicherer Be
setzung als früher wieder eingerichtet und die Bezirkswachen auf je eine für die
Hauptmannschaft vermindert wurden. Der Straßendienst ging zum Teil wieder
aus die Revienvacheu über; die Bezirkswachen wurden mit Ausnahme derjenigen
der mitten im lebhaftesten Verkehr der Stadt belegeneu Hauptmannschaftcn I und II,
welche einen eigenen Mannschaftsbestand behielten, aus den Reviermannschaften
besetzt und je einer Revierwache angegliedert. Gleichzeitig wurden die sogenannten
selbständigen Reviere wieder in den Verband der Hauptmannschaften einbezogen.
3. Die infolge der Allerhöchsten Kabinetsordre vom 13. Juni 1863 in Fort
fall gekommene Stelle des Polizeiobersten wurde im Laufe der 70 er Jahre wieder
hergestellt. Die Erfahrung hatte gelehrt, daß für den Kommandeur der Schutz-
mannschaft, um die im dienstlichen Interesse, insbesondere zu einer strengen Hand
habung der Disziplin nötige Autorität zu behaupten, eine vor den übrigen Polizei
hauptleuten ausgezeichnete Raugstellung doch von Vorteil sei. Seit dem Jahre
1872 wurde daher zunächst dem mit der Führung der Schutzmannschaft betrauten
Polizeihauptmann der Charakter als Polizeioberst verliehen. Im Etat von 1877/78
gelangte sodann die Stelle eines Polizeiobersteu erneut zur Ausnahme.
Die Zuständigkeiten des Kommandos der Schutzmannschaft wurden daraufhin
neu geregelt durch Verfügung vom 22. November 1878. Darnach wurde dem
Polizeiobersten wiederum die Bearbeitung einzelner Angelegenheiten der Schutz
mannschaft, insbesondere auch auf dein Gebiete der Personalien der Wachtmeister
und Schutzmänner übertragen. Im übrigen verblieb die Verwaltung der An
gelegenheiten der Schutzmannschaft der Abteilung I.