1870-1900. Erweiterungen des räumlichen Wirkungskreises.
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Indessen ist durch Verfügung der Minister der geistlichen Angelegenheiten und
des Innern vom 8. Mai 1900 die Schulpolizei dem Oberbürgermeister vom
1. April 1900 ab zur eigenen Verwaltung überwiesen worden.
e) Erweiterungen des räumlichen Wirkungskreises.
1. Die seit dem Jahre 1872 durchgeführte Aufhebung jedes Zusammenhanges
zwischen den Polizeiverwaltungen Berlins und seiner Vororte war auf die Dauer
nicht haltbar. In sicherhcitspolizeilicher Hinsicht hatte die Schaffung einer Anzahl
von einander völlig unabhängiger Ortspolizeibehörden auf dem in seinen gesamten
wirtschaftlichen und Verkehrs-Beziehungen ein einheitliches Ganzes bildenden Ge
biete schwerwiegende Nachteile zur Folge gehabt. Es hatte namentlich dazu ge
führt, daß die Gewohnheitsverbrecher in den Vororten, wo sie nicht gekannt und
daher auch nicht überwacht wurden, Wohnung nahmen und von dort aus in
Berlin ihrer verbrecherischen Thätigkeit nachgingen; andererseits hatten auch in
Berlin ansässige Verbrecher mit Vorliebe den Schauplatz ihrer Thätigkeit in die
Umgegend verlegt. Eine wirksame Abhülfe diesen Übelständen gegenüber konnte
nur in der Schaffung einer einheitlichen Leitung der Sicherheitspolizei in den
beteiligten Gebieten gefunden werden.
Das Gesetz vom 12. Juni 1889 (G.S. S. 129) legte daher dem Minister des
Innern die Befugnis bei, mit Zustimmung des Provinzialrats die orts- nud landcs-
polizeiliche Zuständigkeit des Polizei-Präsidenten mit Ausnahme einzelner bestimmt
bezeichneter Zweige der polizeilichen Thätigkeit auf die Stadt Charlottenburg und
die Kreise Teltow und Nieder-Barnim oder einzelner Teile dieser Kreise auszu
dehnen. Auf Grund dieses Gesetzes wurde durch Verfügung des Ministers des
Innern vom 3. Februar 1890 die orts- und landespolizeiliche Zuständigkeit des
Polizei-Präsidenten auf die Amtsbezirke Rixdorf, Schöneberg und Deutsch-Wilmers
dorf im Kreise Teltow, die Amtsbezirke Lichtenberg, Reinickendorf, Weißensee und
Stralau-Rummelsburg im Kreise Nieder-Barnim, sowie den Stadtkreis Charlotten
burg hinsichtlich der Wahrnehmung der Kriminal- und Sittenpolizei und einiger
anderer hiermit zusammenhängender polizeilicher Funktionen ausgedehnt. Für die
Amtsbezirke wurde eine Anzahl von Kriminalpolizeibeamten zur Verfügung gestellt,
denen gegenüber den Amtsvorstehern dieselbe Stellung beigelegt wurde, welche sie
den Gendarmen gegenüber einnehmen. Für Charlottenburg fand eine Änderung
der Organisation nicht statt; hier konnte es bei dem auf Grund der Allerhöchsten
Kabinetsordre vom 7. August 1846 geschaffenen Zustande belassen werden.
Durch Verfügung des Ministers des Innern vom 31. Dezember 1899 ist die
Zuständigkeit des Polizei-Präsidenten in dem gleichen Umfange, wie in den vorher
genannten Amtsbezirken, ausgedehnt worden ans die Amtsbezirke Tempelhof und
Treptow des Kreises Teltow, sowie Pankow und Tegel des Kreises Nieder-Barnim,
durch Verfügung des Ministers des Innern vom 19. Februar 1901 außerdem
auf den Amtsbezirk Britz des Kreises Teltow.
2. In seinem vollen Umfange gelangte das Gesetz vom 12. Juni 1889 vor
übergehend auf die Gemeinde Schöneberg zur Anwendung, nachdem diese Ge
meinde im Jahre 1898 zur Stadt erhoben war. Da die Mitwirkung der
Gendarmerie mit der Einführung der Städteordnung in Fortfall kam, war es in
Anbetracht der großstädtischen Verhältnisse des Ortes und seines engen Zusammen
hanges mit Berlin geboten, dem Polizei-Präsidenten die Ausübung der Orts- und
Landespolizei hier in dem weitesten, gesetzlich zulässigen Maße zu übertrugen. Die
von dem Gesetze vom 12. Juni 1889 nicht betroffenen Zweige der Polizeivcr-
waltung verblieben in der Hand der Gemeinde, sodaß in Schöneberg seitdem zwei
Polizeibehörden nebeneinander bestanden, eine Königliche, die im wesentlichen die
Sicherheitspolizei, und eine städtische, die im wesentlichen die Wohlfahrtsposizei
wahrnahm.
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