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Charlottenburg. Abteilung IV.
der Vereine in Berlin zu unterstellen; die sämtlichen Observaten haben indessen
bisher diese Fürsorge nicht in Anspruch genoimneu. Gegenwärtig befinden sich
hier am Orte 17 der Aufsicht unterstellte Personen. Für jeden Polizeiobservaten
wird ein Personalbuch angelegt, in welches der zur Führung verpflichtete 1. Revier-
Kriminalschutzmann fortlaufende, das Treiben und den Verkehr des Observaten
betreffende Eintragungen zu machen hat. Letztere müssen mit Datum und Unter
schrift versehen sein und sich namentlich darauf beziehen, ob, ev. wo der Observat
feste Wohnung hat, ob er nachts zu Hause ist, ob er mit bestraften Personen oder
lüderlichen Frauenzinimern verkehrt und welche Lokale er besucht. Die Personal-
bücher sind am 1. und 15. jeden Monats dem Kriminalinspektor vorzulegen und
von diesem mit entsprechendem Vermerk zu versehen. Durch den Inhalt dieser
Personalbücher soll ein Urteil über die größere oder geringere Gefährlichkeit der
Observaten gewonnen werden. Erscheint die Annahme geplanter verbrecherischer
Unternehmungen nach dem Ergebnis der beobachteten Umstände gerechtfertigt, so
hat der Kriminalinspektor eine verschärfte Kontrolle anzuordnen, auch den wesent
lichen Inhalt des Personalbuches in der Konferenz zu veröffentlichen. Verzieht
ein Observat ohne Angabe der Keuen Wohnung, oder verzieht er in ein anderes
Revier, so ist das Buch an den Kriminalinspektor zurückzugeben, welcher demnächst
das Erforderliche zur Ermittelung und ferneren Kontrolle des verzogenen Obser
vaten veranlaßt. Ist die Observatiouszcit abgelaufen, so wird das Personalbuch
zu ben Personalakten genommen.
Auch über Personen, welche nicht unter Polizeiaufsicht stehen, aber auf Grund
bestimmter Thatsachen als sicherheitsgefährlich anzusehen sind, insbesondere über
solche, welche einen verdächtigen Verkehr mit bestraften Personen unterhalten,
können Personalbücher angelegt werden.
Die Maßnahmen der hiesigen Kriminalpolizei erfolgen in den dazu geeigneten
Fällen in enger Fühlung mit der Berliner Kriminalpolizei und den Revieren.
Zu diesem Zwecke werden bei Kapitalverbrechen sofort Runddepeschen gegeben;
bei Razzien, welche sich in der Nähe des Berliner Weichbildes erstrecken, werden
in der Regel die angrenzenden Berliner Reviere benachrichtigt, damit diese eben
falls Beamte an die Grenze beordern. Razzien finden monatlich mindestens
zweimal statt, dieselben erstrecken sich auf die Kontrollen der hier bekannten Schlupf
winkel für lichtscheues Gesindel, sowie der Herbergen u. s. w.
Von allen Diebstählen, deren Objekt sich zur Ausnahnie in das in Berlin bei
Abteilung IV herausgegebene Tagesverzeichnis eignen, wird schleunigst Depesche
an Abteilung IV in Berlin gegeben; bei größeren Sachen erhält dieselbe mittels
kurzen Anschreibens ein Verzeichnis der gestohlenen Gegenstände. Die von Ab
teilung IV in Berlin herausgegebenen, hier täglich vormittags eingehenden Tages
verzeichnisse werden sogleich von den zur Hauptmannschaft kommandierten
Ordonnanzen mit in die Reviere genommen, so daß sie noch am Vormittage des
selben Tages au die Gewerbetreibenden, wie Trödler-Rückkaufshändler, Uhrmacher,
Juweliere, Bailkiers, Fahrradhändler u. s. w. gelangen.
Zu den in Berlin wöchentlich zweimal — Montags und Mittwochs — statt
findenden Konferenzen wird ein Kriminalschutzmann zur Teilnahme und zum Aus
tausch von Mitteilungen beordert, welcher nach Rückkehr dem Kriminaliuspektor
Meldung zu erstatten und über besondere Sachen Vermerke zu den Akten zu
fertigen hat.
Bei Festnahme von gewerbsmäßigen Verbrechern wird, sofern dieselben mit
den Verhandlungen dem Amtsgericht hier zugeführt werden, eine kurze schriftliche
Mitteilung oder durch Depesche Nachricht an Abteilung IV in Berlin gegeben.
Haben die Ermittelungen zur Festnahme von solchen Verbrechern nicht geführt, so
werden später die Vorgänge durch die Abteilung IV des Königlichen Polizei-
Präsidiums an die Königliche Staatsanwaltschaft abgegeben. Dies gilt namentlich
bei Taschen-, Boden-, Laden- und Wohnungsdiebstählen.