Gesundhertspolizei.
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Gefäße, aus welchen die Milch fremdartige Stoffe aufnehmen könnte, wie
z. B. solche aus Kupfer, Messing, Zink re., wurden für den Transport und die
Aufbewahrung verboten. Bezüglich der Standgefäße wurde gefordert, daß die
selben stets rein gehalten und mit fest schließenden Deckeln verschlossen gehalten
werden müssen. In Schlafräumen oder Krankenzimmern durfte Milch, die für den
Verkehr bestimmt war, nicht aufbewahrt werden, es durften vielmehr hierzu nur
solche Räume benutzt werden, die stets sorgfältig gelüftet und rein gehalten werden
mußten. Die ganzen Kontrollen wurden zunächst nach Maßgabe dieser Bestimmungen
ausgeführt.
Mit dem Anwachsen der Bevölkerung entstanden aber naturgemäß auch neue
Molkereien und Milchviehhaltungen.
Um bei dem Publikum den Glauben zu erwecken, daß der Betrieb in solchen
Anstalten unter besonders strengen hygienischen Maßregeln gehandhabt werde und
daß die in solchen Betrieben gewonnene Milch in sanitärer Hinsicht allen An
sprüchen genüge und der Genuß solcher Milch unbedingt gesundheitsförderlich sein
müsse, wurden auch vielfach besondere Bezeichnungen, wie z. B. „Sanitätsmolkerei",
„unter tierärztlicher Kontrolle", „ärztlich empfohlen" ec., angewendet.
In der That waren jedoch nur wenige solcher Betriebe vorhanden, welche
den durch die Hygiene an Milch zu stellenden Anforderungen einigermaßen nach
kamen.
Um das Publikum vor dergleichen Täuschungen zu wahren, wurde der Erlaß
einer hierauf bezüglichen Verordnung angeregt. Da jedoch der Erlaß einer von
den verschiedensten Körperschaften und auch von einer besonderen Komnlission
ministeriell durchberatenen Milch-Polizeiverordnung höheren Orts in Aussicht stand,
wurde zunächst von weiteren ortspolizeilichen Maßnahmen abgesehen.
Als darauf für Berlin die den Verkehr mit Kuhmilch regelnde Polizeiver
ordnung vom 23. August 1898 erlassen wurde, wurden die Bestimmungen der
selben auch für eine für Charlottenburg zu erlassende gleiche Polizeiverordnung
als Grundlage angewendet. Soweit Bezeichnungen von Milchwirtschaften von
Unternehmern gewählt werden sollten, wurden noch einzelne Verschärfungen
formuliert, im übrigen aber die Berliner Polizeivcrordnung unter dem 9. Januar
1899 für den Stadtkreis Charlottenburg erlassen.
Die nach den Bestimmungen des § 10 o dieser Polizeivcrordnung von der
Polizeidircktion zu veröffentlichenden Futtermittel, die an Kindermilchkühe nicht ver
abfolgt werden dürfen, werden alljährlich bekannt gemacht.
Im allgemeinen hat sich die neue Polizeiverordnung bewährt. Neben den
periodischen Revisionen der einzelnen Milchsorten mittels des amtlich eingeführten
Milchmessers wurden außerdem noch Milchproben zwecks chemischer Untersuchung
angekauft urrd auch chemisch untersucht.
b) Schabefleisch.
Die Eigenart der Schlächter, Schabefleisch und Gehacktes mit Präservesalz
zu vermischen, um dieses wichtige Nahrungsmittel dauerhafter und in der Fleisch
farbe zu erhalten, führte, nachdem der Nachweis erbracht war, daß jeder Zusatz
von Präscrvesalz als gesundheitsschädlich anzusehen sei, dazu, alle die hiesigen
Wochenmärkte besuchenden und alle hier ansässigen Schlächter darauf aufmerksam
zu machen, daß das Feilhalten von Schabefleisch oder Gehacktem mit jedem
Zusatz von Präsewesalz wegen fahrlässigen oder wissentlichen Herstellens und
Verkaufs gesundheitsschädlicher Nahrungsmittel ein Strafverfahren nach sich
ziehen könne.
Diese Maßnahme hatte insofern großen Erfolg, als Verfälschungen
dieser Art während der letzten zwei Jahre nur in ganz geringer Anzahl vor
gekommen sind.