Kriminalpolizei.
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die drei Inspektionen der Kriminalpolizei aufzulösen, so daß jedem der 35 am
Landgericht I beschäftigten Staatsanwälte etwa ein bis zwei Kommissare und
17Wnterbeamte zur Berfügung gestellt werden könnten, die dann ohne Rücksicht
auf ihre erworbenen Spezialkenntnisse die Verfolgung aller in das Dezernat fallender
Strafthaten zu übernehmen hätten. Bei dem wechselnden Umfang der Geschäfte
würden die Kriminalbeamten bald zu wenig beschäftigt sein, bald würden die ihnen
gestellten Aufgaben ihre Kräfte übersteigen. Eine schwierige Kapitalsache, welche
einem Dezernenten zufällt, würde das Unzureichende einer derartigeil Ordnung
erweisen. Es bliebe nur der Ausweg, die Kriminalpolizei in ihrer Gesamtheit
der Staatsanwaltschaft zu unterstellen. Die Belehrung, Ausbildung und Beauf
sichtigung der Kriminalbeamten müßte der Erste Staatsanwalt oder ein von
ihm zu bestellender Staatsanwalt übernehmen, der für die Erledigung der Geschäfte,
die Zuteilung der von sämtlichen Staatsanwälten gestellten Aufträge an die
einzelnen Kriminalbeamten und für die Dienstaufsicht verantwortlich zu machen wäre.
Man käme damit auf den gegenwärtigen Zustand zurück nur mit dem Unter
schiede, daß ein von der Staatsanwaltschaft resfortierender Beamter die Kriminal
polizei leiten würde an Stelle des deni Polizei-Präsidium unterstellten höheren
Verwaltungsbeamten, der übrigens seit dem Jahre 1874 stets aus der Berliner
Staatsanwaltschaft hervorgegangen ist. Erreicht wäre nur eine völlige Lostrennung
der Kriminalpolizei von der übrigen Polizeiverwaltung, insbesondere von der uni
formierten Schutzmannschaft, der allgemeinen Sicherheitspolizei, der Sittenpolizei,
der Handhabung der Polizeiaufsicht, Ausweisung und Korrektionsnachhaft sowie
der Fürsorgeerziehung jugendlicher Verbrecher, wodurch nicht nur die Verfolgung
der Strafthaten, sondern vor allem auch die Erfüllung der mit der vielseitigen
Thätigkeit der Abteilung IV des Polizei-Präsidiums verknüpften sozialpolitischen
Aufgaben außerordentlich erschwert, wenn nicht unmöglich gemacht werden würde.
Dementsprechend hat sich auch die kürzlich unter dem Vorsitz des Ministers
des Innern zusammengetretene, mit Beamten des Justizministeriums, des Polizei-
Präsidiums, der Staatsanwaltschaften und der Gerichte besetzte Spezialkomniission
für die Beibehaltung der bisher bestehenden Organisation der Kriminalpolizei aus
gesprochen.
2. Geschäftsbereich.
Bei der Kriminalpolizei wurden bearbeitet im Jahre
1891
. . 133694 Sachen
1896
1892
. . 153569 -
1897
1893
. . 154088 -
1898
1894
. 163276 -
1899
1895
. . 166832 -
1900
168288 Sachen
173567 -
167196 -
151348 -
158569 -
Den Justizbehörden wurden wegen Verbrechen oder Vergehen auf Grund
der §§ 128 und 132 der Strafprozeß-Ordnung vorgeführt im Jahre:
1891. . . 5284 Personen 1896. . . 5750 Personen
1892. . . 5749 - 1897. . . 5861
1893. . . 5294 - 1898. . . 5850
1894. . . 5506 - 1899. . . 5558
1895. . . 5448 - 1900. . . 5644
Die Anzahl der in Berlin begangenen Strafthaten hat also, wie insbesondere
die Tabelle I erkennen läßt, bis zum Jahre 1897 stetig zugenommen, während
die folgenden Jahre einen ebenso beständigen, erheblichen Rückgang aufwepen.
Das Ansteigen der Ziffern für das Jahr 1900 ist im wesentlichen auf die am
1. Januar 1900 erfolgte — oben besprochene — Einverleibung weiterer Vororte
in den Kriminalbezirk Berlin zurückzuführen.