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Abteilung IV.
licher Personal- und Lokalkenntnisse zu bieten, ist angeordnet worden, daß der
Bezirkstommissar, die ihm unterstellten Schutzmänner sowie die Kriminalbeamten
der Reviere in ihren Bezirken Wohnung zu nehmen haben. Die vollständige
Durchführung dieser Maßregel steht zur Zeit noch aus, da den Beamten Frist
bis zum Ablaufe oder zur Lösung der teilweise noch laufenden Mietsverhältnisse
gewährt werden mußte.
Die Einrichtung der zur Bekämpfung des gewerbs- und gewohnheitsmäßigen
Verbrechertums bestimmten Inspektion B hat sich in hohem Maße bewährt. Ent
sprechend dem unter den Berliner gewerbsmäßigen Verbrechern weit entwickellen
Spezialistentume findet auch unter den Beamten dieser Jnspeküon eine strenge
Arbeitsteilung statt. Die Inspektion zerfällt zur Zeit in zwei Unterabteilungen,
deren jede von einem Kriminalinspektor geleitet wird. In der einen bearbeiten
10 Kommissare — gegen 6 im Jahre 1890 — die verschiedenen Spezialitäten
des Diebstahles.
In der zweiten Unterabteilung bearbeiten drei Kommissare die gewerbs
mäßigen Sittlichkcitsdelikte, zwei gewerbsmäßigen Betrug und einer gewerbs
mäßiges Glücksspiel, Bauernfängerei und verwandte Strafthaten, so daß die In
spektion B im ganzen 16 Dezernate — gegen 12 im Jahre 1890 — umfaßt.
Diese Gliederung hat besonders nach zwei Richtungen gute Erfolge gezeigt. Das
überreiche Material, welches jedem der hier beschäftigten Kommissare und seinen
Mitarbeitern täglich zufließt, verschafft diesen Beamten mit der Zeit so genaue
Kenntnis aller Schliche und Ränke der ihnen gegenüberstehenden Species des
Gaunertums, daß sie häufig im Stande sind, allein aus dem thatsächlichen Be
funde, insbesondere aus der Ausführung der That und aus den Wertobjekten,
auf deren Erbeutung es abgesehen war, mit Sicherheit auf die Person des Thäters
und seiner Helfershelfer zu schließen. Andererseits ermöglichte das Zusammen
strömen aller Anzeigen über gleichartige Strafthaten an einer Stelle nicht selten
die Entdeckung und Festnahme ganzer Banden, denen die gleichmäßige Verübung
einer Reihe bestimmter Verbrechen zur Last fällt.
Die Leistungsfähigkeit der der Jnspeküon B ebenfalls unterstellten vier Pa
trouillen hat sich bedeutend gehoben, nachdem die frühere Dienstanweisung beseitigt
worden ist, der zufolge jede Patrouille bestimmte, ein für alle Mal vorgeschriebene
Wege einzuhalten hatte. Die Bewegungsfreiheit der Patrouillen — deren jede
aus einem Wachtmeister als Führer und 6 bis 7 Kriminalschutzmännern besteht —
ist jetzt nur insofern beschränkt, als der ersten Patrouille das Centrum, der zweiten
das West- und Südviertel, der dritten das Ost- und Nordviertel der Stadt als
Streifgebiet zugewiesen ist, während der vierten die Beobachtung der Bahnhöfe
obliegt. Im übrigen bleibt dem Patrouillenführer die Verwendung und Ver
teilung seiner Leute nach eigenem Ermessen überlassen. Besondere Aufmerksamkeit
wird allen Gelegenheiten zugewendet, bei denen größere Menschenansammlungen
zu erwarten stehen, wie öffentlichen Festlichkeiten, Aufzügen, dem Weihnachts
verkehre in den großen Waarenhäusern. Die Kriminalkommissare sollen zur Aus
hebung von Verbrecherlokalen sowie zu größeren Durchsuchungen die Unterstützung
der Patrouillen in Anspruch nehmen.
Eine fünfte Patrouille ist im Jahre 1899 zur Unterdrückung der Ausstellung
und des Ausbietcns unzüchtiger und schamverletzender Abbildungen und Dar
stellungen gebildet worden. Die immer häufiger werdende öffentliche Auslage
anstoßerregender Bilder und Gegenstände droht zu einer ernstlichen Gefahr für die
allgemeine Sittlichkeit zu werden, der gegenüber die vordem von der Sittenpolizei
gehandhabte Überwachung sich als unzureichend erwies. Die moderne Sammel
leidenschaft von Ansichtspostkarten sowie die neuerdings in Aufnahme gekommene
Aufstellung automatischer Mutoskope und Kaloskope auf Straßen, Plätzen und in
Lokalen bieten Gelegenheit zur Verbreitung von Abbildungen der erwähnten Art,
die jedes Kunstwertes ermangeln und in Schaufenstern und Apparaten auch der