Gewerbepolizei.
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die dieses Gewerbe thatsächlich ausüben, erheblich höher, da viele auch trotz wieder
holter Bestrafungen es ohne Erlaubnis betreiben.
Wird ein Gewerbe aus tz 33 b weder von HauS zu Hans, noch auf öffent
lichen Straßen, Wegen und Plätzen, sondern, wie das in Berlin sehr hänfig ist,
auf unbebauten Privatgrundstücken, in Gartenlokalen in s. w. betrieben, so ist eine
ortspolizeiliche Erlaubnis nicht erforderlich. Gleichwohl sind derartige Gewerbe
treibende auch in solchen Fällen regelmäßig einer strengen Beaufsichtigung unter
worfen worden, die um so nötiger war, als sich herausgestellt hatte, daß sie häufig
noch schulpflichtige Kinder als Artisten oder Gewerbegehülfen beschäftigten, und
daß ferner vielfach die zur Unterbringung ihrer Familie dienenden Buden oder
Wagen den gesundheits- oder sicherheitspolizeilichen Vorschriften nicht entsprachen.
Die Abteilung war ferner bestrebt, mit Geräusch verbundene Vorführungen u. s. w.
möglichst aus dem Innern der Stadt zu verdrängen und auf die Gartenlokale in
der weniger eng bebauten Peripherie zu beschränken. Im wesentlichen ist ihr dies
auch gelungen. Im einzelnen ist zu ermähnen, daß die Inbetriebnahme von
Schaukeln uud Caroussels grundsätzlich erst nach Beibringung eines von einem
Sachverständigen ausgestellten Stabilitätszeugnisses zugelassen wird. Ferner ist
die Vorführung dressierter wilder Tiere ausschließlich auf Menagerien beschränkt
worden, und auch bei diesen muß die Sicherheit der Käsige durch Sachverstäudigen-
Bescheiniguug nachgewiesen werden. Luftschiffahrten werden besonders streng be
aufsichtigt und Fallschirmabstürze nicht mehr gestattet.
In engem Zusammenhange mit dieser Materie steht die polizeiliche Über
wachung der Ausspielungen und Auslosungen geringwertiger Gegenstände. Aus
spielungen mittels Würfel sind an den Höchsteinsatz von 25 Pfennigen gebunden.
Auslosungen sind mit Ausnahme derjenigen von künstlichen und natürlichen
Blumen nicht gestattet.
Die vielfach in öffentlichen Lokalen ausgestellt gewesenen Gewinnautomaten
sind, da bei ihnen nicht durch Übung und Geschicklichkeit, sondern lediglich durch
Zufall ein Gewinn zu erzielen ist, als Glücksspiele angesehen und deshalb nicht
mehr zugelassen morden.
4. § 33 c der Reichs-Gewerbeordnung.
Hinsichtlich der Zulassung öffentlicher Tanzlustbarkeiten, für welche cs
nach 8 33 c bei den landesrechtlichen Bestimmungen sein Bewenden behalten hat,
ist das Polizei-Präsidium im wesentlichen bei den bisherigen, im ersten Ver
waltungsberichte ausführlich dargelegten Grundsätzen verblieben.
Die Zahl der Balllokale ist während der Berichtszeit erheblich gestiegen. Zur
Zeit sind in Berlin 204 Lokale vorhanden, die ihrer baulichen Anlage nach zur
Veranstaltung öffentlicher Tauzlustbarkeiteu zugelassen sind. Eine besondere Ver-
mehrung weisen die sogenannten „feineren" Balllokale auf. Diese mit großer
Eleganz ausgestatteten Lokale werden durchweg von Herrenpublikum aus den besser
gestellten Kreisen besucht. Die Preise für Speisen und Getränke, sowie das Ein
trittsgeld sind derartig hoch, daß weniger bemittelten Personen der Besuch fast
unmöglich ist. Verstöße gegen Ordnung und Sitte sind in den Lokalen dieser Art
sehr selten. Die Besitzer wissen, daß gerade sie im Falle einer unzuverlässigen
Geschäftsführung das allerstrengste Einschreiten zu gewärtigen haben. ^
In der Regel muß die polizeiliche Erlaubnis für jede einzelne Tanzlustbar
keit besonders nachgesucht werden. Indessen können zuverlässigen Wirten für
Tanzlustbarkeiten, bei denen die Musik auf einen Geiger und einen Klavierspieler
beschränkt bleibt, in Gemäßheit des Erlasses des Ministers des Innern und des
Finanzministers vom 14. Dezember 1898 allgemeine Erlaubnisse erteilt werden,
die für alle ihnen bewilligten Tanztage eines Monats Gültigkeit haben. Solcher
„einheitlichen" Tanzgenehmigungen wurden am Schluffe der Berichtszeit all-