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Abteilung I.
als cs sich um Syphilis, Tripper uub Krätze handelte. Die Maßnahmen der
Abteilung II beschränkten sich darauf, im Wege gütlicher Vermittelung die Per
sonen, bei denen ansteckende Krankheiten festgestellt wurden, zu veranlassen, daß sie
sich in ärztliche Behandlung gaben und so ihre Heilung herbeiführten.
Die Zahl der Fälle, in denen ansteckende Krankheiten der oben bezeichneten
Art zur Kenntilis der Abteilung II gelangten, betrug im Jahre
1891 . . .
. . 342
1896 .
.... 353
1892 . . .
. . 360
1897 .
.... 323
1893 . . .
. . 247
1898 .
.... 458
1894 . . .
. . 418
1899 .
.... 399
1895 . . .
. . 308
1900 .
.... 337
4. Desinfektion.
In welcher Weise eine der wichtigsten gegen die Seuchen gerichteten Maß
nahmen, die Desinfektion, geregelt ist und von Seiten der städtischen Des
infektionsanstalt sin der Reichenberger-Straße) geübt wird, wurde im zweiten zehn
jährigen Berichte (S. 151) geschildert.
In der Berichtsperiode machte sich das Bedürfnis geltend, die Verpflichtung
der Bürgerschaft zur Vornahme von Desinfektionen und die Kostentragung im
Wege der Polizciverordnnng zu regeln. Zu diesem Zweck wurde die Polizei
verordnung vom 3. Juli 1893 (Sammlung der Polizeiverordnungen Bd. I, S. 361)
erlassen.
Während der Berichtszeit kam das Formalin als neues Desinfektionsmittel
auf und errang sich, zuerst von Frankreich aus warm empfohlen, im Hinblick auf
seine bequeme Anwendung in Dampfform rasch eine große Beliebtheit. Seit 1895
ist daher auch hier der Frage einer Änderung der hiesigen Desinfektions
maßnahmen - praktisch näher getreten. Sowohl ini Kgl. Institute für Jnfektions-
krankheiten wie von Seiten der Desinfektionsanstalt wurde eine größere Anzahl
von Laboratoriumsversuchen und Vcrsuchsdesinfektionen verseuchter Krankenräume
vorgenommen. Das anderwärts gefällte begeisterte Urteil über das neue Mittel
konnte bisher noch nicht bestätigt werden. Denn es wirkt nur oberflächlich; es
dauert bei seiner Anwendung neben allerlei sonstigen Unbequemlichkeiten länger
bis die Bewohner ihre desinfizierten Räume wieder benutzen können; ferner bleiben
die Gegenstände bei wässriger Desinfektion (Spray) länger naß; auch schädigt die
unerläßliche nachträgliche Ammoniakentwickelung manche Anilinfarben und die un
echten Goldsachcn (Barockrahmen und dergl.) Die hier bisher geübte Methode
ist also leistungsfähiger.
VI. Leichen- und Begrädnisivrsrn.
In dem Verfahren bei Ausstellung der Totenscheine hat sich im allgenieinen
nichts geändert. Erwähnt sei nur, daß die Reviere seit 1893 angewiesen sind, dafür
zu sorgen, daß in Fällen, in denen uneheliche Kinder totgeboren oder innerhalb
24 Stunden nach der Geburt gestorben sind, der zuständige Bezirksphysikus zur
Besichtigung der Leiche requiriert wird, und daß nur auf Grund seines Gutachtens
die Beerdigung zu gestatten, bei dem Verdacht einer unnatürlichen Todesart aber
der Staatsanwaltschaft Anzeige zu erstatten ist.
Seit dem Jahre 1894 fit auch das Verfahren über die standesamtliche An
meldung und die Beerdigung von totgeborenen Kindern und im Mutterleibe ab
gestorbenen, noch nicht ausgetragenen Leibesfrüchten neu geregelt.
In der Frage der Leichenverbrennung ist innerhalb der Berichtsperiode in
sofern ein Fortschritt zu verzeichnen, als nach eingehenden Verhandlungen des