Einfluß der Gesetzgebung.
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In den Sonderberichten der einzelnen Geschäftsstellen wird im einzelnen auf die
Veränderungen eingegangen werden, welche sich fiir die Thätigkeit des Polizei-
Präsidiums^ durch das Bürgerliche Gesetzbuch und dessen Nebengesetze ergeben haben.
Im Übrigen sind aus der Reichsgesetzgebung die Novellen zur Gewerbe-
Ordnung und zu den Arbeitcrfürsorgegesetzcn die für das Polizei-Präsidium bedeut
samsten gesetzgeberischen Akte. Die Novelle zur Gewerbe-Ordnung vom 1. Juni 1891
(R. G.-Bl. S. 261—290) hat den schon vorher bethätigten Bestrebungen des Ar
beiterschutzes die gesetzliche Grundlage und die zu erreichenden Ziele gegeben. Auf
Grund des § 139b der Gewerbe-Ordnung wurde für diese Bestrebungen eine
völlig neue Beamtcn-Organisation der gewerbetechnischen Räte und Aufsichts
beamten geschaffen. Es folgien demnächst die Gewerbe-Ordnungs-Novellen vom
6. August 1896 (R.-G.-Bl. S. 685 ff.), vom 26. Juli 1897 (R.-G.-Bl. S. 663ff.)
und vom 30. Juni 1900 (R.-G.-BI. S. 321 ff.) Eine besonders umfangreiche
Arbeit veranlaßte die Novelle vom 26. Juli 1897, welche neue Bestimmungen
über das Lehrlingswesen, die Befugnis zur Führung des Meistertitels, die Errich
tung von Handwerkskammern und eine Neuregelung des Jnnungswesens enthielt;
die Überfichrung der freien Innungen in Zwangsinnungen und die Umarbeitung
der Statuten sämtlicher Berliner Innungen und Jnnungsverbände erforderte
eine besonders angestrengte Thätigkeit.
Von den Novellen zu den Arbeiterfürsorgegesetzen sind zu erwähnen: das
Gesetz über die Abänderung des Gesetzes, betreffend die Krankenversicherung der
Arbeiter, vom 15. Juni 1893 (R.G.Bl. S. 379-416), das Jnvalidenversicherungs-
gesetz vom 13. Juli 1899 (R.G.Bl. S. 463 ff.) und das Gesetz, betreffend die Ab
änderung der Uufallversicherungsgesetze, vom 30. Juni 1900 (R.G.Bl. S. 335 ff.).
Durch das letztgenannte Gesetz ist insofern eine Einschränkung in der Zuständigkeit
des Polizei-Präsidiums eingetreten, als an Stelle.des Polizei-Präsidiums künftig
der Magistrat die Funktionen der unteren Verwaltungsbehörde in Unfallversiche-
rungssachcn wahrzunehmen hat.
Auf dem Gebiete der Sanitäts-Polizei hat das Reichsgesetz, betreffend die
Bekämpfung gemeingefährlicher Krankheiten, vom 30. Juni 1900 (R.G.Bl. S. 306ff.)
den Behörden die gesetzlichen Handhaben für eine wirksame vorbeugende Thätigkeit
gegen die weitere Verbreitung von Aussatz, Cholera, Fleckfieber, Gelbfieber, Pest
und Pocken gegeben.
Für die Thätigkeit der Kriminal-Polizei war der Erlaß der Reichsgesetze,
betreffend Ergänzung der Bestimmungen über den Wucher, vom 19. Juni 1893
(R.G.Bl. S. 197 ff.) und betreffend Änderungen und Ergänzungen des Straf
gesetzbuchs vom 25. Juni 1900 (R.G.BI. S. 301 ff.) von wesentlicher Bedeutung.
Das letztgenannte Gesetz gewährt den Polizeibehörden die Möglichkeit eines wirk
samen Einschreitens gegen die Auswüchse des Großstadtlebens auf sittlichem Gebiete,
insbesondere gegen das Zuhältertnm, gegen die Herstellung und Verbreitung un
züchtiger Schriften, Abbildungen und Darstellungen, sowie gegen die Ausstellung
und Ankündigung von Gegenständen, die zum unzüchtigen Gebrauch bestimmt sind.
Von den Preußischen Gesetzen des letzten Jahrzehnts sind das Gesetz,
betreffend die Kosten Königlicher Polizeiverwaltungen in Stadtgemeinden, vom
20. April 1892 (G.S. S. 87 ff.) und das Gesetz, betreffend die Polizeiverwaltung
in den Stadtkreisen Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf, vom 13. Juni 1900
(G.S. S. 247 ff.) für die Verwaltung des Berliner Polizei-Präsidiums von ein
schneidendster Bedeutung gewesen. Über den Inhalt und die Wirkung des Polizei
kostengesetzes wird in dem besonderen Abschnitt der Einleitung: „Verhältnis des
Polizei-Prändiums zur Stadtgemeinde Berlin" berichtet. Das Gesetz vom 13. Juni
1900 hat für das Polizei-Präsidium eine wesentliche Erweiterung seiner landes
polizeilichen Aufgaben und Zuständigkeiten zur Folge gehabt. Nach § 1 des
Gesetzes bilden die Stadtkreise Berlin, Charlottenburg, Schöneberg und Rixdorf
den Landespolizeibezirk Berlin unter der Leitung des Polizei-Präsidenten von