Medizinal- und Sanitäts-Polizei.
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In den Jahren 1891—1900 wurden gerichtlich bestraft:
Zahl der
Hebammen
Grund der Bestrafung
13
Wiederholte Unterlassung von Meldungen
12
Errichtung einer Privat-Entbindungs-Anstalt ohne Konzession
2
Fahrlässige Tötung
2
Fahrlässige Körperverletzung
23
Fruchtabtreibung
2
Diebstahl
2
Begünstigung und Hehlerei
1
Summa 58
Erpressung und Bedrohung
3. Heilgehülfen.
Die Verhältnisse der „geprüften Heilgehülfen" erhielten innerhalb des Berichts
zeitraumes eine eingehende Regelung durch mehrfache Polizei-Verordnungen.
Früher befaßte sich die Behörde mit den Heilgehülfen nur insoweit, als sie gemäß
dem Ministerialerlasse vom 27. Dezember 1869 den vom Stadtphysikus gepimsten
Personen ein Prüfungszeugnis ausstellte und ab und zu solchen Heilgehülfen,
welche die in diesem Zeugnis vorgezeichneten Grenzen überschritten hatten, auf
Grund obigen Erlasses in Verbindung mit dem § 53 2 der Reichsgewerbeordnung
das Prüfungszeugnis durch Beschluß der Abteilung I entzog.
In den Befugnissen der Heilgehülfen trat zunächst eine Änderung daduräi
ein, daß die früher von ihnen vorgenommenen Wohnungsdesinfektionen seit dem
1. August 1891 ausschließlich durch die Beamten der städtischen Desinfektions
anstalt stattfinden dürfen.
Eine staatliche Unterweisung, abgesehen von der Erteilung des Zeugnisses,
fand nicht statt. Die Heilgehülfen bildeten sich zur Prüfung in Privatschulen vor;
manche hatten bei Ablegung der Prüfung sich praktisch noch nicht mit Kranken
beschäftigt. Das Überschreiten der Berufsgrenzen war fast zur Regel geworden.
Die Ausübung der Massage, die den Ärzten entglitt, war in die Hände von
geprüften und ungeprüften Heilgehülfen übergegangen; eine große Zahl der ge
prüften Heilgehülfen qualifizierte sich als staatlich geprüfte Kurpfuscher, die mit der
Zeit auch das verleimt hatten, was Gegenstand ihrer Prüfung gewesen war.
Zur Besserung dieser Zustände erschien es wünschenswert, diesen Medizinal
personen Gelegenheit zu besterer Vorbildung zu bieten, die Prüfung zu verschärfen
und auch auf die Massage auszudehnen, die Einkommensverhältnissc der geprüfte»
Heilgehülfen durch Erlaß einer Taxe zu verbessern, schließlich die Aufsicht durch
Erlaß einer Heilgehilfenordnung und die Einführung einer Kontrolle durch die
Physiker zu verschärfen.
Nachdem die Versuche, den als Heilgehülfen zu Prüfenden behufs praktischer
Ausbildung Eintritt in die öffentlichen Krankenhäuser zu verschaffen, an dem Wider
stände der letzteren gescheitert waren, wurden im Polizeidienstgebände Kurse für
Heilgehülfen unter Leitung eines Bezirksphysikns eingerichtet und ein dem Heb
ammenlehrbuche nachgebildetes Lehrbuch für Heilgehülfen herausgegeben. Unter
dem 17. Juli 1897 genehmigte der Minister der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinalangelegenheiten, daß von dem durch die Erlasse vom 13. Oktober 18ol
und 27 März 1852 vor Ablegung der Prüfung erforderlichen Nachweis emer
mehrwöchentlichen prakttschen Thätigkeit in einen, Krankenhause abgesehen werde»
dürfe, solange sich dieselbe als undurchführbar erweist. Mn konnte am 1. Ok
tober 1898 mit den erwähnten Kursen begonnen werden. Die Massage wurde