Verkehrspolizei.
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keine nennenswerten Unfälle herbeigeführt, ein Umstand, welcher der Lenkbarkeit
und Bremsfähigkeit der Wagen ein günstiges Zeugnis ausstellt. Das Hauptübel an
den Wagen war das allzu häufige Versagen der elektrischen Kirnst. Die Gesell
schaft für Verkehrsunternehmungen bot alles Mögliche auf und scheute keine Kosten,
die Wagen durch fortwährende Verbesserungen zu vervollkomninen und einen fahr
planmäßigen Betrieb herbeizuführen. Es wurden Batterien von stärkerer Auf
nahmefähigkeit in die Wagen hincingcbaut, stärkere Untergestelle angefertigt, aber
alles vergebens. Schließlich nahm der Adelstand derartig zu, daß von den vor
handenen zehn Wagen an einigen Tagen nur zwei bis vier und schließlich nur
einer betriebsfähig waren. Unter diesen Uniständen beschlossen die beteiligien
beiden Gesellschaften — die Allgemeine Berliner Omnibus-Aktien-Gesellschaft und
die Gesellschaft für Verkehrsunternehmungen — auf eine Fortsetzung des Betriebes
zu verzichten. Am 20. Dezember 1900 wurde der elektrische Betrieb auf der Linie
„Anhalter Bahnhof -Stettiner Bahnhof" eingestellt.
Das Urteil über die im Berliner Verkehrsleben bisher erschienenes elektri
schen Omnibusse muß also dahin zusammengefaßt werden, daß dieselben zwar schon
recht anerkennenswerte Leistungen auf dem Gebiete der elektrischen Fahrzeuge
darstellen, jedoch von dem wünschenswerten Grade von Vollkommenheit noch
ziemlich weit entfernt und bei dem jetzigen Stande der Technik zur Durchführung
eines fahrplanmäßigen Omnibusbetriebes noch nicht geeignet sind.
3. Thorwagen.
Für den Thorwagenbetrieb ist auch in dem Zeitraum von 1891 bis 1900 die
Polizeiverordnung vom 10. Dezember 1881 in Kraft geblieben, wie denn über
haupt Änderungen grundlegender Art bezüglich der Inbetriebsetzung solcher Wagen
und der Erteilung und Entziehung von Fahrscheinen für die Thorwagenkutscher
nicht vorgenommen sind. Es findet hierbei wie auch hinsichtlich der Besichtigung,
Abstempelung und Außerbetriebsetzung des Materials im wesentlichen dasselbe Ver
fahren statt, wie dies bereits bezüglich des Droichkenfuhrgewerbes eingehend ge
schildert worden ist. Bei den Thorwagen wird selbstredend auch auf einen durch
aus tadellosen, genau den Vorschriften der angezogenen Polizeiverordnung[ ent
sprechenden Zustand streng gehalten. Zur Bequemlichkeit für die Fahrgäste ist
nach dem Vorgänge im Omnibus- und Straßenbahnbetricbe die Sitzbreite für
eine einzelne Person auf 49 cm festgesetzt worden, wodurch bewirkt wurde, daß
sich bei den meisten Wagen die Gesamtzahl der aufzunehmenden Personen etwas
verminderte. Hinsichtlich des Fahrpreises sind allein die Bestimmungen des § 5
a. a. O. niaßgebend gewesen. Von der Ausstellung eines bestimmten Tarifs von
allen Halteplätzen der Thorwagen aus mußte aus leicht erklärlichen Gründen Ab
stand genommen werden, da sich die Zahl der verschiedenen, von der einzelnen
Haltestelle aus möglichen Touren gar nicht übersehen läßt: es hätten auch bei der
Entstehung neuer Lokale außerhalb Berlins und neuer Punkte, die eine Anziehungs
kraft auf das hiesige Publikum ausübten, fortgesetzt Änderungen in der fraglichen
Verordnung vorgenommen werden müssen. Überhaupt hat der Thorwagen in
folge der gewaltigen Ausdehnung, die der Betrieb der Straßenbahnen genommen
hat, vollständig seine frühere Bedeutung als öffentliches Verkehrsmittel verloren.
Die Zahl der Wagen ist dementsprechend auch ganz bedeutend zurückgegangen.
Nur das Ausstellungsjahr 1896 verursachte vorübergehend ein Anwachsen; seitdem
vermindert sich der Bestand der Wagen von Jahr zu Jahr in auffallender Weise.
Hauptsächlich werden die Thonvagen noch von Gesellschaften zu Landpartien und
Vergnügungsfahrten oder bei sonstigen besonderen Gelegenheiten, wie an Renn
tagen u. s. w., benutzt.
Mit Rücksicht auf das allmähliche Zusammenschmelzen der Anzahl der Thor-
wagen konnten zum Schluß der Berichtsperiode die vorhandenen Halteplätze er-