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Dampf und Elektrizität im öffentlichen Fuhrwesen.
Die Berliner Pferdebahn-Gesellschaft beabsichtigte damals, einen solchen Omnibus in
Dienst zu stellen. Derselbe war jedoch zil schwer; auch entgleiste er in der
Endkurve und zeigte seine Fortschaffung, die nahezu 3 /\ Stunde Zeit in Anspruch
nahm, die Schwierigkeit seiner Verwendung in besonderem Grade.
Im Jahre 1884 stellte die Kurfürstendamm- Gesellschaft mit behördlicher Ge
nehmigung auf dem Kurfürstendamm mit einem Rowan'schen Dampfspur
wagen Fahrversuche an. Das Gewicht des Wagens betrug 6 450 Kilogramm,
von denen allein 4 000 Kilogramm auf die Maschine kamen. Die Versuche fanden
wiederholt und im Beisein von Vertretern des landwirthschaftlichen Ministeriums
und des Polizei-Präsidiums statt. Anträge auf die dauernde Verwendung dieser
Maschine im öffentlichen Fährbetriebe wurden in bestimmter Form nicht gestellt;
«ncli hörten die Fahrversuche mit derselben auf, als bestimmte sicherheitspolizeiliche
Anforderungen für ihreir Betrieb gestellt uild anderweite, von dem Ergebniß weiterer
Erfahrungen abhängig zu »rächende in Aussicht gestellt wurden.
Versuche mit "der Einführung elektrischer Pferdebahnwagen nach dem
System von Reckenzan wurden zuerst in den Jahren 1885 und 1886 von der
Großen Berliner Pferdebahn-Gesellschaft zwischen der Ladestation im Ausstellungs
park und dem Brandenburger Dhor, und später zwischen Moabit und Charlotten
burg unternommen. Die elektrische Kraft wurde durch Akkumulatoren, die am
Wagen angebracht waren, diesem zugeführt. Die Geschwindigkeit imb die Fort
bewegung war eine sehr ungleiche. Ferner nahm das Auswechseln der Akkluimlatoren
stets einen längeren Zeitraum in Anspruch. Auch wurde ein schnelles lind sicheres
Bremsen nicht erzielt. Die Große Berliner Pferdebahn-Gesellschaft nahm deshalb
von weiteren Versuchen Abstand. Zwecks Einführung elektrischer Wagen stellte
dann im August 1886 die Berliner (Charlottenburger) Pferdebahn-Gesellschaft mit
einem in der Schwarzkopff'schen Fabrik erbauten Wagen voll Neuem auf der Linie
Charlottenburg—Lützowplatz Versuche an. Mehrfache Entgleisungen und Beschädigungen
der Maschine führten zur Einstellung auch dieser Versuche.
Im Jahre 1887 unternahm dann die Schwarzkopff'sche Fabrik noch selbst, eine
sogenannte Vorspann-Maschine in den Betrieb zu stellen, jedoch ohne Erfolg,
Nach dieser Zeit sind ähnliche Versuche nicht mehr gemacht worden. Der
Grund hierfür liegt zum Theil wohl in den verkehrspolizeilichen Bedenken, die
jenen Versuchen entgegenstehen, »veil diese Art der Benutzung der Straßen durch
Straßen-Lokomotiven, wie auch aus Vorstehendem 51t entnehmen ist, leicht Verkehrs
störungen hervorrufen kann, deshalb auch vom verkehrspolizeilichen Standpunkte
aus streng geprüft werden muß und in an sich verkehrsreichen Straßen grundsätzlich
nicht zugclaffen werden darf. Mehr noch und hauptsäcblich dürsten dabei jedoch
die schnellen Fortschritte der Technik in Betracht gekommen sein, welche es den Unter
nehmern bedenklich erscheinen lasten, die beträchtlichen Kosten solcher Versuche auf
die Gefahr hin zu opfern, daß die in Anwendung gebrachten Systeme, kaum ein
geführt, bereits als veraltet angesehen und von neuen Erfindungen überholt werden.
Zu erwähneil ist nur noch, daß im Jahre 1890 mehrere umfangreiche Pläne zur
Einführung elektrischer oder mit Preßluft betriebener Straßenbahnen eingereicht
worden sind, hinsichtlich deren eine definitive Entscheidung noch nicht erfolgt ist.