Droschken.
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es den Fuhrherrn unmöglich gemacht, die Kutscher gegen einen feststehenden Tagelohn
zu beschäftigen. Seit langer Zeit hat sich in Folge dessen die Praxis herausgebildet,
daß zwischen Fuhrherrn und Kutschern nur selten ein mündlich zum Ausdruck ge
brachtes, sondern meist ein stillschweigend und als gebräuchlich vorausgesetztes Pacht
verhältniß besteht. Es gilt als Regel, daß der Kutscher für eine Droschke I. Klasse
mit voller Bespannung täglick an den Fuhrherrn 6 Mark Pacht und für eine Droschke
II. Klasse 4,50 Mark zahlt. Rur einige wenige Fuhrhcrren, die das Droschken-
Fuhrgewerbe in größerem Umfange betreiben und nicht aus die Erträge aus demselben
allein angewiesen sind, haben ein gesunderes Pachtvcrhältniß ein- und durchgeführt.
Dieselben übergeben dem Kutscher die Droschke und ihre Bespannung erst nach
erfolgter Vorausbezahlung einer täglichen Pacht von 7 Mark für eine Droschke
I. Klasse. Beide Arten des Pachtverhältnisses werden von dem Konzessionär, der
der Polizei-Behörde überdies für die ordnungsmäßige Instandhaltung seines Fuhr-
materials verantwortlich bleibt, als ein arger Mißstand empfunden. Die Erkenntniß,
daß die vielfach und rücksichtslos geübte Untreue, Unredlichkeit und grobe Unwahr
haftigkeit einer großen Zahl von Droschkenführern imb ihre Gleichgiltigkeit in Betreff
der Pflege des ihnen anvertrauten Pferdematerials den an sich durchaus gesunden
Droschken-Fuhrgewcrbebetrieb schädigt und mehr als irgend welche polizeiliche Vor
schrift lähmt, hat bei den Droschkenbesitzern den Wunsch gezeitigt, ein zuverlässiges
Beweismittel für die Höhe der Tageseinnahme der Kutscher zu gewinnen. Die
Technik ist seit Jahrzehnten bemüht, ein solches Mittel zu beschaffen, bisher aber
noch immer vergeblich. Jeder mechanische Kvntrolapparat für Droschkenfahrten
kann immer nur gedacht und zur Amvcndung gebracht iverden in einer Verbindung
mit den Droschken-Rädern und deren Felgen. Er wird nie alle Punkte eines ver
zweigten Tarifs berücksichtigen können und ist in seiner Funktion, von Zerstörung
durch Böswilligkeit ganz abgesehen, zu abhängig von der Tauglichkeit seiner Kon
struktion, besonders aber von der Einwirkung des Pflasters, solvie von der Größe
und Dauerhaftigkeit des Rades. Es bleibt die Möglichkeit, daß er längere Fahrten
vertheuert, was von der Benutzung dieser Droschken abschreckt, und andrerseits kürzere
Fahrten zu billig stellt, so daß der Gewinn des Gewerbe-Betriebes nicht ausreichend
gesichert bleibt. Schwerlich wird er, selbst in dem beschränkten Maße seiner An
wendbarkeit auf bloße Personcnfahrtcn, eine so sichere Grundlage für die Verfolgung
zivil- und straftechtlichcr Momente- schaffen, wie der Wcgemeffer. An ihre Benutzung
ist deshalb bisher stets polizeilich die Bedingung geknüpft worden, daß in allen
Fällen von Streitigkeiten zwischen Fahrgast und Kutscher lediglich die polizeilichen
Vorschriften für den Droschkentarif u. s. w. gelten. Nachdem schon im Jahre 1876
dem Erfinder eines solchen Kontrolapparates, einem Herrn Redler, gestattet worden
war, denselben mit der Äufschrift „Kvntrolapparat nur für Fahrten im Polizei-Bezirk
Berlin", unter dieser Beschränkung anzuwenden, ohne daß jedoch mit demselben
irgend welche nennenswertste Erfolge erzielt wurden, hat sich im Jahre 189(» in
Berlin eine Aktien - Gesellschaft gebildet zur Ausnutzung eines, auf einem ähnlichen
System beruhenden Kontrolapparates, den ein ausländischer Kaufmann hier einführen
will. Die bisherigen Versuche mit diesem Apparat haben zunächst zu einer Ver
besserung desselben geführt und cs steht zu erwarten, daß schon im Jahre 1891 aus
reichende Erfabrungen mit demselben im öffentlichen Fuhrbetriebe gewonnen werden,
um ein für alle Interessenten endgültiges Urtheil über seine Zuverlässigkeit und Ver
wendbarkeit, wie für den Nutzen und die Annehmlichkeit eines mechanischen Kontrol
apparates überhaupt im Rahmen des für Berlin gültigen Droschkentarifs zu er
möglichen.
In den letzten Jahren ist wiederum die Neigung einzelner Unternehmer und
Unternehmergruppen stärker hervorgetreten, die Drosckken zu Zwecken der Reklame
zu benutzen. Derartige Anträge sind bisher grundsätzlich stets abgelehnt worden.
Es erscheint nickt zulässig, Plakate in den Droschken anzubringen, deren Inhalt sich