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Kriminal-Polizei.
schaff, sofern nicht die Führung der gerichtlichen Voruntersuchung vorgeschrieben ist,
die Feststellung des Thatbestandes auch in rechtlich verwickelten Fälleil dem Polizei-
Präsidium zu überlasten pflegt, seitdem die Vereidigung der Zeugen iin Ermittlungs-
und Voruntersuchungs-Verfahren nur ausnahmsweise zulässig ist. Da die Kriminal-
Kommistare über die Begriffsincrkmale der von ihnen festzustellenden Delikte ganz
klar sein müssen, in dieser Beziehung aber dlirch reichsgerichtliche Entscheidungen
vielfache Änderungen eintreten (z. B. Versuch mit absolut untauglichen Mitteln, Erregung
eines öffentlichen Ärgernisses durch Worte, Betrug durch Vorspiegelung innerer
Thatsachen, Kuppelei durch Gewährung von Wohnung nild Leistung von Louis
diensten, Ungehorsam gegen bürgerliche Gesetze), so ist es erforderlich, daß sie auch
der Rechtsprechung des Reichsgericht? folgen. Sie erhalten zu diesem Zwecke von
dem Abtheilungs-Dirigenten Anleitung.
Seit dem Zahrc 1886 sind die Kriminal-Schutzmänner mit Einschlliß der ersten
Revier-Kriminal-Schutzmänner mit Revolvern bewaffnet. Über die Ausrüstung
mit Schllßwaffcn uild den Gebrauch derselben ist die von dem Herrn Minister des
Innern gcnebmigte Instruktion vom 10. September 1886 erlassen. Die Bewaff
nung soll nicht nur den Beamten in gefährlichen Situationen einen wirksamen
Schlitz gewähren, sondern auch eine moralische Wirkung ausüben und zwar sowohl
auf die Beamten durch Erhöhung ihres Selbstvertrauens, als auf die Verbrecher
dlirch Einschüchterung derselben. Die Kriminal-Schutzmänner sind, soweit sie nicht
ausschließlich im inneren Dienst Verivendung finden, gehalten, bei jeder Dicnstvcr-
richtnng die Schußwaffe bei sich zu führen. Eine Waffen-Kommission, bestehend aus
einenl Kriminal-Inspektor, einem Kriminal-Kommissar uild einem Wachtmeister,
leitet die halbjährlichen Schießübungen lind revidirt die Revolver. Am 3. Mürz
1801 ist zum ersten Male der Fall eingetreten, daß ein Kriminal-Schutzmann sich
eines bei der That betroffenen, mit gezücktem Messer auf ihn eindringenden Ein
brechers mit der Schllßwaffe bat erwehren müssen.
Die Kriminal-Schutzmänner erhalten aus Staatsmitteln eine jährliche Dienst-
answandsentschädigung von 360 Mark, die sie zum größeren Theile zur An
schaffung von Civilkleidern verwenden müsse». Zur Vergütung außerordentlichen
Dienstanfwands darf aus dem Dispositionsfonds für sicherheitspolizeiliche Zwecke ein
Betrag bis zu 2 000 Mark jährlich verlvendet werden.
2. Geschäftsbereich.
Die Thätigkeit der Kriminal-Polizei hat nicht nlir durch die Zunahme der Be
völkcrung, sondern alich durch die materielle und lokale Erweiterung des Geschäfts
kreises einen größeren Umfang erhalten, in ersterer Beziehnng durch die Straf-
bestinnnungen neuerer Gesetze (vom 14. Mai 1879, betreffend die Nahrungsmittel;
vom 24. Mai 1880, betreffend den Wucher; vom 15. Juni 1883, betreffend Kranken
versicherung der Arbeiter; vom 1. Juli 1883, betreffend Abänderung der Gewerbe-
Ordnung; vom 6. Juli 1884, betreffend den Feingehalt der Gold- und Silberwaaren;
vom 18. Juli 1884, betreffend die Aktiengesellschaften u. A.), in lokaler Beziehung
durch die Übertragung der Kriminal-Polizei in sieben benachbarten Amtsbezirken
auf den Polizei-Präsidenten von Berlin.
Es wurden bei der Kriminal-Polizei bearbeitet im Jahre:
1881 .
. 61 468 Sachen
1886 .
. 71 915 Sacken
1882 .
. 60 462 -
1887 .
. 75 966
1883 .
. 58 578
1888 .
. 82 536
1884 .
. 58 095
1889 .
. 89 944
1885 .
. 64 882
1890 .
. 111 887