Abdeckerei.
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Durch die Polizei-Verordnung vom 30. August 1887, welche in Nr. 209 des
Jntelligenzblattes vom 8. September 1887 publizirt worden ist, wurde in Folge
dessen die unter dem 24. März 1854 erlassene Polizei-Verordnung zeitgemäß
abgeändert und verschärft.
Die Abänderungen und Verschärfungen gegen die ältere Verordnung bestehen
zunächst darin, daß das Abschlachten der Thiere auf die Central-Roßschlächterci
beschränkt ist; demnächst aber besonders in der Bestimmung, daß alle Zubereitungen
aus Roßsteisch nur an bestimmten Stellen, mit bezüglichen deutlichen und nicht
abnehmbaren Bezeichnungen in den Verkehr gebracht werden dürfen, was auch für
den Gewerbebetrieb im Umherziehen gilt.
Auch die gewerblichen Betriebsstätten zur Herstellung von Roßfleisch-Wurst und
dergl., sowie die Transportwagen für derartige Zubereitungen sind genau als solche
zu bezeichnen.
Die fiskalische Abdeckerei kommt hier in Betracht, weil sie eine noth
wendige Ergänzung für den Ccntral-Schlachthof und die Beaufsichtigung des Fleisch
verkehrs überhaupt bildet, indem dorthin alles für die Gesundheit nachtheilig erachtete
Schlachtfleisch, Wildpret, Fische und andere thierische Nahrungsmittel zur Vernichtung
oder gewerbsmäßigen Verarbeitung und Verwerthung abgeliefert werden.
Das Abdeckereigewerbe wird, obgleich ein ausschließliches Gewerberecht
hinsichtlich deffelbcn im hiesigen Verwaltungsbezirke nicht besteht, innerhalb des
Bezirks hauptsächlich von dem Pächter der fiskalischen Abdeckerei an der Müller
straße Nr. 81 betrieben, doch werden thierische Kadaver aus hiesiger Stadt auch
den Abdeckereien zu Spandau und Britz zur Verwerthung zugeführt.
Dem Pächter der fiskalischen Abdeckerei liegen nach dem mit ihm geschlosienen
Pachtkontrakte die mit diesem Gewerbe verbundenen polizeilichen Funktionen ob.
Insbesondere muß er die nöthigen Anstalten zur Absperrung rotzverdächtiger
Pferde und tollwuthverdächtiger Hunde unterhalten, muß alle der Abdeckerei zu
geführten Kadaver, soweit sie noch nicht thierärztlich untersucht sind, daraufhin unter
suchen lassen, ob das Thier an einer Seuche gefallen ist; er muß alle krepirten oder
zur Tödtung auf der Abdeckerei bestimmten Thiere und alles polizeilich beschlag
nahmte und ihm zur Vernichtung oder gewerblichen Ausnutzung überwiesene Fleisch
und sonstige animalische Nahrungsmittel unentgeltlich abholen und nach den darüber
bestehenden Vorschriften beseitigen bezw. verarbeiten lassen. Auch muß er zur Abholung
ans der Straße verunglückter Zugthiere besonders eingerichtete Wagen unterhalten.
Dagegen ist das früher ihm obliegende Geschäft des Einfangens der ohne Maul
korb und Steuermarke betroffenen Hunde auf den hiesigen Thierschutz-Verein über
gegangen.
Da die auf dem Abdeckerei-Etablissement vorhandenen Gebäude und Apparate
zur Verarbeitung der Kadaver gegenüber der stets wachsenden Menge des Stoffs ganz
unzureichend waren und die Nachbarschaft der Abdeckerei durch den Geruch dort
lagernder thierischer Substanzen stark belästigt wurde, der Pächter aber, so lange
sein Kontrakt nur von Jahr zu Jahr verlängert wurde, sich zu größeren Auf
wendungen nicht verstehen wollte, so wurde am 7. Mai 1889 mit ihm ein Pacht
kontrakt auf 6 Jahre geschloffen, ivorauf er das Etablissement mit genügenden
Gebäuden und Apparaten versehen hat, um alle zur Verarbeitung eingehenden
Stoffe ohne Verzug beseitigen zu können.
Jedoch fehlt es, so lange die städtische Kanalisation nicht bis in jene Gegend
der Stadt vorrückt, an der Möglichkeit, die flüssigen Abgänge geruchlos zu beseitigen.
Es hat deshalb den Klagen der Nachbarschaft über üble Gerüche noch nicht durch
greifend abgeholfen werden können.
Das Abdeckerei-Grundstück Müllerstraße 81, hart an der Weichbildgrenze hoch
belegen, umfaßt etwas über 2'/r Hektare sandigen Boden, gehört dem Staat und
ist an einen Privatmann verpachtet.
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