Straßenbahnen.
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Fenstern, Umzäunungen u. s. w., welche straßcnwärts liegen, polizeiliche Genehmigung
erforderlich ist. Diese Genehmigung wird mlr ertheilt, wenn der Bürgersteig vor
dem betreffenden Gcschäftslokal nicht unter 4 Bietern breit ist und das Lokal so
dunkel und versteckt liegt, daß eine Schaustellung der Waaren auf andere Weise
nicht zu erreichen ist. Das Herausstellen von Blumen und Topfgewächsen
wird jedoch stets gestattet, wenn Verkehrsstörungen dadurch nicht zu be
fürchten sind.
Öffentliche Aufzüge jeder Art, mögen sie in Festzügen von Innungen, Krieger
und Schützenvercincn und dcrgl. oder in einfachen Landparthicn bestehen, welche
von Bergnügungs- und anderen Vereinen, von Schulen oder auch von einzelnen
Personen gemeinschaftlich veranstaltet werden, bedürfen nach §§ 9 und 10 des
Vereinsgesetzes vom 11. März 1850 der vorgängigen Genehmigung des Polizei-
Präsidiums, die von der II. Abtheilung ertheilt wird. Soll bei diesen Aufzügen
Musik stattfinden, so ist hierzu ebenfalls polizeiliche Erlaubniß nach § 115 des
Straßen-Polizei-Rcglcments vom 7. April 1867 erforderlich. Die letztere Erlaubniß
ist auch bei Leichenbegängnissen, welche sonst weder der Genehmigung noch der vor-
gängigcn Anzeige bedürfen, nachzusuchen, sobald sie mit Musik oder sonst mit un
gewöhnlicher Feierlichkeit stattfinden. Die Bedingungen, welche im Interesse der
öffentlichen Ruhe und Ordnung dabei gestellt werden, sind folgende:
Bei Leichenbegängnissen dürfen Fahnen von Vergnügungs-Vereinen im Leichen
zuge nicht mitgeführt werden. Falls sich das Trauergefolge an einem dritten
Orte sammelt, darf auf dem Wege zum Trauerhause, bezw. zur Leichenhalle, falls
die Beerdigung von dort aus stattfindet, keine Musik gemacht werden, ebenso darf
auf dem Rückwege vom Kirchhofe nicht musizirt werden. An Sonn- und Festtagen
darf bei Leichenbegängnissen in der Zeit von 8 bis 12 Uhr Vormittags überhaupt
keine Musik gemacht werden, während der übrigen Tagesstunden nur in der Nähe
von Kirchen nicht.
Bei anderen erlaubten Auszügen darf nach 10 Uhr Abends keine Musik mehr
stattfinden. An Sonn- und Festtagen wird außerdem verlangt, daß der Zug vor 10 Uhr
früh die Stadt verläßt. Musik tvird vor 12 Uhr Mittags nicht zugelassen, und
auch nach 12 Uhr die Bedingung gestellt, daß die Musik in der Nähe von Kirchen
zu unterbleiben hat. Den Tambour-Vereinen, welche ihre Mitglieder im Trommeln
und Pfeifen ausbilden, wird bei ihren Märschen bares» die Stadt die Ausübung
ihrer Musik wegen der dadurch schon verursachten Verkehrsstörungen nicht
erlaubt.
Zur Ausführung von größeren gemeinschaftlichen Wasserpart hie n ist die
Erlaubniß des Schifffahrts-Büreaus erforderlich.
II. Straßenbahnen.
Der ungeheuer angewachsene Verkehr in den Hauptstraßen Berlins hat auch
auf die Ausdehnung des Pferdebahnnetzes einen sehr bedeutenden Einfluß geübt.
Es sind eine Menge neuer Linien entstanden, schon bestehende Linien nach außen
hin über die bisherigen Endpunkte hinaus verlängert und Verbindungen zwischen
den Hauptvcrkehrspunkten der Stadt geschaffen worden, welche die Frequenz der
Pferdebahnen ungemein erhöht haben.
Während im Jahre 1880 durch die Pferdebahnen 51 800 000 Personen be
fördert wurden, ist diese Zahl im Jahre 1890 auf 141 Millionen Personen
gestiegen.
Einen bedeutenden Antrieb zur Steigerung des Verkehrs gab die Öffnung
des Mühlendammes für den Pserdebahnvcrkchr, im Jahre 1884, der allerdings nur
dadurch ermöglicht wurde, daß der Mühlcnwcg hinter den früheren Mühlen zu
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