Theater.
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In ortspolizeilicher Beziehung liegt dem Polizei-Präsidium die Ueberwachung
der Theater und der in denselben veranstalteten Aufführungen ob.
Bis zum Jahre 1870 bestanden in Berlin, außer den Königlichen Theatern,
13 öffentliche Theater. Zu diesen sind in den Jahren von 1870 bis 1880 noch
tvcitere 13 getreten.
Die Genehmigung zur Benutzung eines Gebäudes als Theater wird nur nach
vorgängiger, eingehender, sich insbesondere auf die fetter- und sichcrheitspvlizcilichcn
Verhältnisse erstreckender Prüfung ertheilt; in verschiedenen Fällen mußten Gesuche um
Ertheilung einer derartigen Genehmigung zurückgetviesen werden, >vcil die betreffenden
Baulichkeiten den an ein öffentliches Theater zu stellenden Anforderungen nicht ent
sprachen.
Auch die zur Aufführung bestimmten Stücke unterliegen der vorgängigen Prüfung
durch das Polizei-Präsidium. Zu diesem Zweck sind demselben zivei Exemplare des
Stückes, bczw. des Textbuches einzureichen; das eine derselben erhält die Direktion
des Theaters mit dem Vermerke, ob die Aufführung des Stückes genehmigt oder ver
sagt worden ist, zurück; das ztvcite Exemplar wird der Bibliothek des Polizei-Präsi
diums einverleibt.
Wie viele Stücke in den Jahren von 1870 bis 1875 der polizeiliche» Prüfung
unterzogen worden sind, hat sich nicht mehr feststellen lassen, da über diese Jahre
Sammelacten nicht inehr vorhanden sind.
Später sind geprüft worden:
Theaterstücke:
Couplets beziv. ein.
im Jahre 1876
231
16
- - 1877
210
49
- - 1878
218
18
- - 1879
I 284
I 201
- - 1880
719
832
Bon diesen Stücken sind als zur Aufführung
Theaterstücke:
ungeeignet zurückgewiesen worden:
Couplets beziv. einzelne Lieder:
im Jahre 1876
3
-
5
1877
8
-
-
1878
11
-
1879
25
-
1880
18
I
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Die Zurückweisung, bczw. Untersagung erfolgte, »veil die Stücke theils unmora
lische» Inhalts, theils Tendenzen in denselben vertreten waren, welche mit den be
stehenden staatlichen und socialen Einrichtungen im krassen Gegensatze standen, theils
auch, »veil in den Stücken Tagesfragen behandelt wurden, welche bei der Aufführung
nothwendiger Weise zu Ruhestörungen und Excessen hätten führen müssen.
In wiederholten Fällen ist gegen das polizeiliche Verbot der Aufführung eines
Stückes Beschwerde an den Herrn Minister des Innern geführt, in allen diesen Fälle»
aber das Verbot Seitens des Herrn Mnisters aufrecht erhalten tvorden.
Bei der Bertvilderung, »vclchc in einem vcrhältnißmäßig bedeutenden Theile der
Theater überhaupt Platz gegriffen hat, und bei der Sucht vieler der Thcater-Direc-
torcn, unter allen Umständen, und ohne Rücksicht auf den guten Geschniack Kassen -
erfolge z»i erzielen, hat sich die strenge Prüfung der zur Aufführung bestimmten Stücke
schließlich als das alleinige 'Mittel bewährt, um Ordnung und das Gefühl für Moral
in einer Anzahl der angeblich der Kunst und der Veredelung der Gefühle gctvcihtcn
Räume aufrecht zu erhalten.
Selbstverständlich erstreckt sich die polizeiliche Prüfung nicht auf den künstlerischen
Werth des betreffenden Stückes.
Die hier einschlagenden Geschäfte bezüglich der (Genehmigung zur Benutzung eines
Theatcrgcbälides, der Ertheilung der Concession an die Theateruntcrnehincr und der
Prüfung und Genehmigung der aufzuführenden Stücke »verden von der I. Abtheilung