Straßenpflaster.
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Sehr unangenehme Verhältnisse treten für den Pfcrdcbahnbetrieb bei starkem
Schneefall ein. Die Pferde sind dann kaum im Stande, den laufenden Wagen fort
zubewegen, iroch welliger aber ihn in Bcivcgung zu setzen. Sie werden bei der halt
losen Glätte ängstlich und zaghaft, können nur Schntt gehen imb werden durch die
hastenden Bewegungen und die erfolglosen Anstrengungen so ermüdet, daß sie zeit
weise ausruhen müssen. Natürlich häufeil sich dadurch sogleich eine Anzahl Pferde
bahnwagen und haben diese schon Reihen gebildet, die weite Straßenstrecken hin, tvie
z. B. vom Spittelmarkt bis an die Cominandantcnslraßc reichten. Erst wenn die
Pferde auf Granitpflaster kommen, sönnen sie ihre gewohnte Gangart tvieder auf-
nehmen. Auch in diesen außergewöhnlichen Fällen sorgt die Straßenreinigung zwar für
schleunige Abhülfe, doch vergeben immerhin einige Stunden, che sie durchgeführt ist.
Diese Uebelstände möchten, weil vorübergehend, immer noch erträglich sein, es
sind jedoch noch erheblichere vorhanden. Für Reiter ist und bleibt das Asphalt-
pflaster unleugbar gefährlich. Denn ün Jahre 1880 stürzten auf den kurzen Streckeil
des Asphaltpflastcrs zu einer Zeit, als schon alles Mögliche für die Sicherheit des
Verkehrs und zlir Beseitigung der Glätte auf demselben geschah, 9 berittene Schutz-
mäniler, welche sämmtlich verletzt wurdcil, also 1 auf je V» Meile Asphalt, während
auf dem übrigen durch die ganze Stadt verbreiteten Granitpflaster nur 25 stürzte»,
von denen 21 Verletzungen davon trugen.
Mail darf die Gcsammtlängc der Straßen mit Granitpflaster wohl auf 55 bis
60 Meilen schätzen. Jedenfalls sind sie zusammen etwa 50 mal länger, als die
Asphaltstraßen zusammen genommen; cs kommt demnach beim Granitpflaster 1 Unfall
auf je 2 bis 3 Meilen lind sind also auf Asphaltpflaster vcrhältnißmäßig 20 mal
mehr Schutzmänner, alles tüchtige Reiter auf guten, geübten Pferden, gestürzt,
als auf Granitpflaster; die Gefahr des Stürzens ist demnach auf jenem eine 20 mal
größere als auf diesem. Mag man nun auch annehmen, daß diese Beamten sich vcr
hältnißmäßig mehr auf dem Asphalt-, tvie auf dein Granitpflaster zu betvcgcit hatten, so
stellt sich doch immer das Verhältniß in dieser Richtung für den Asphalt sehr ungünstig.
Auch ist, was schon aus den vorstehenden Zahlcnangaben hervorgeht, der Sturz
cine§ Reiters auf Asphaltpflaster gefährlicher, tvie auf Granitpflaster, weil die Heftig
keit des Falles durch keinen Halt und Widerstand des Pflasters geinildcrt wird.
Ebenso sind die Beschädigungen, die die Pferde beim Sturz auf Asphalt erleiden,
verhältnißinäßig weit größer, tvie auf Granitpflaster, weil sich dieselben nicht sowohl
bei dem Fall selbst, als vielinehr bei den nachherigelt vergeblichen Versuchcit, sich
tvieder aufzurichten, Verletzungeit zuziehen, indem die Beine dabei meist nach beiden
Seiten ausgleiten und dadurch oft Knochenbrüche und innere Verletzungen, Zerreißtingcn
der Eingeweide, herbeigeführt werden.
Jedenfalls kontmen auf dem kurzeit Asphaltpflaster ebensoviel, jetzt vielleicht noch
mehr Pferde zu tödtlichen Verletzungen, tvie auf dem 50 mal längeren Granitpflaster.
Ein tvcitercr Nachtheil des Asphaltpflastcrs liegt darin, daß es den Pferden
schwer, ja oft uitnröglich ist, kurz zu parireit oder schnell auszubiegen. Manche Gefahr
wäre dllrch schnelles Parircn oder Atlswcichcn zu verhüten, aber der Kutscher, wenn
er es auch könnte, unterläßt es, tveil er sonst leicht seine eigenen Pferde zu Falle und
sich selbst in Schaden bringt. Ein schtveres, Trab fahrendes Fuhrwerk, z. B. ein
Omnibus, braucht, uin in Stillstand zu kommen, auf Asphaltpflaster die doppelte
Läitge als auf Granitpflaster. Daraus müssen nothwendig Beschädidungen an anderen
Fuhrwerken, Pferden oder Vorübergehenden entstcheit. Sie komiiten auch neuerdings,
z. B. in der Leipzigerstraße, entschieden häufiger vor tvie früher.
Trotzdem hat das Polizei -Präsidium geglaubt, der Legung von Asphaltpflaster
gegenüber den vielen bedeutenden Vorzügen desselben, insbesondere wegen der Ver
meidung des Gerütlsches, der geringeren Abnutzting der Wageit uitd Pferde re. nicht
cntgegentreteir zu sollen, zumal zu hoffen ist, daß bei aufmerksamer, sachgemäßer
Führung der Gespanne sich die Unfälle in Zukunft vermindern tverden.
Das Holzpflaster bleibt gleichfalls hinsichtlich der Sicherheit des Ganges der