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Omnibus.
Eine gleiche Art öffentlichen Fuhrwerks, wie die Thorwagen, findet man weder
in Wien, noch in Paris, noch in London.
Eine bestimmte Wagengattung ist unter dem Ausdruck „Thorwagen" über
haupt nicht zu verstehen. Denn es befinden sich darunter quersttzige, langsitzige
(Breaks), vmnibnsartig geschloffene Wagen, Chaisen u. s. iv. Sie faffen 5 bis zu
25 Personen. Die einspännigen Thorwagen, deren 1870 104 und 1880 noch 79
vorhanden waren, scheinen sich zu vermindern. Die 5 bis 8sitzigen Chaisen, „Char
lottenburger" genannt, verschwinden mehr und mehr. Sie wurden früher beson
ders zu den Fahrten vom Brandenburger Thor nach Charlottenburg gebraucht; einige
derselben versehen jetzt in Charlottenburg den Dienst der Droschken.
Um auch die Thorwagen den erhöhten Anforderungen der Neuzeit entsprechend
zu verbeffern und diejenigen, welche theils verbraucht, theils in ihrer Form veraltet
waren, aus dem Betriebe zu entfernen, wurden polizeilich von 1873 an, von Jahr
zu Jahr steigend, immer höhere Ansprüche an die äußere Beschaffenheit dieser Wagen,
die Beschirrung der Pferde, und von 1880 an auch an die für jede Person erforder
liche Sitzbreite gestellt.
Alls Anregung des hiesigen Magistrats sind seil dem Januar 1880 Verhandlungen
über eine Veränderung der Tarifbcstiminungen des Thorwagen-Reglements von 1869
im Gange, die aber nur sehr langsam vorschreiten, da sie zugleich mit den Amts
vorstehern der umliegenden Orte geführt werden müssen. Es liegt dabei die Absicht
vor, die alten Bestimmungen, nach denen zur Zeit der Wagenbesitzcr eine Preisangabe
der Fahrten aufzustellen und in seinem Wagen auszuhängen hat, die jedoch nur
daun gilt, ivenn der Kutscher mit dem Fahrgast vor dem Besteigen des Wagens
eine andere freie Vereinbarung über den Fahrpreis nicht getroffen hat, dahin ab
zuändern, daß künftig für die Fahrten nach den Orten der Uingebung und von dort
nach hier nur Maximal-Fahrpreise festgesetzt werden, um das Publikum gegen Ueber-
vortheilung seitens der Kutscher zu schützen.
3. Omnibus.
Unter dem 29. Oktober 1839 wurde dem Geheimen Commerzien-Rath Henoch
die Erlaubniß ertheilt, bei Ankunft der Züge der 1838 eröffneten Potsdamer Bahn
3 Omnibus auf dem Bahnhöfe aufzustellen und Fahrgäste für den Preis von 2 Sgr.
auf 3 verschiedenen Wegen bis nach dem Alexandcrplatz zu befördern; doch scheint, nach
dem Inhalt der Acten zu schließen, ihm nicht das Recht zugestanden zu haben, unter
wegs Fahrgäste aufzunehmen. Die erste Einrichtung der Straßcn-Oninibus im jetzigen
Sinne wird daher in das Jahr 1846 zu verlegen sein, in welchem unter dem
30. Oktober an Heckscher und Dr. Freiberg die Concession für 5 Omnibus-Linie» ertheilt
tvurde und zwar für die Linien: Berlin—Charlottenburg, Alexanderplatz—Bendler-
straßc, Karlsbad—Jannowitzbrücke, Hallesches Thor—Hamburger Bahn und Anhalter
Bahn — Schönhauser Thor. Doch waren 1848 erst 14, 1850 30 und 1860
66 Omnibus vorhanden. Von nun an stieg ihre Zahl jedoch schnell, so daß sie schon
im Jahre 1864 ihre höchste Ziffer mit 305 erreichten, die auf 36 Linien vertheilt
tvaren. Zum Glück für die Omnibusbesitzer, die sich durch die gegenseitige Concurrcnz
zu Grunde richteten, durch welche zugleich der Betrieb und das Material ganz ver
lotterten, bildete sich 1864 eine Actien-Gesellschaft, die die sämmtlichen Wagen nnd
Pferde von den Omnibusbesitzern übernahm. In Folge dessen ging die Zahl der
Omnibus 1865 bis auf 192 zurück und betrug 1870 nur noch 184. — Auf dieser
Höhe erhielten sie sich ziemlich gleichmäßig bis 1878, von wo ab der Einfluß der
Pferdebahnen sich auf sie derart geltend machte, daß ihre Zahl 1879 auf 166 und
1880 auf 146 zurückging. Auch ist noch ein weiterer Rückgang zu erwarten. Die
Ende 1880 vorhandenen 146 Omnibus vertheilen sich mit 140 auf die Omnibus-
Actien-Gesellschaft und mit 6 auf zwei andere Besitzer, welche die beiden Omnibus-
Linien nach Rixdorf lind Wilmersdorf betreiben. Die Gesellschaft befährt nur Linien,