Criminal-Polizei.
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träge immer ergänzt wird, ist jedem Polizei-Zievier zur Verfügung gestellt. Aus
wärtige Behörden erhalten dieselbe auf Verlangen gegen Zahlung des Kostenpreises.
Eine nicht unbedenkliche Veränderung in der Einrichtring der Criminal-Polizei
ist durch die neue Gerichtsverfassung herbeigeführt worden, ivelche die Criminal-Po-
lizcibeamtcn der Staatsanwaltschaft geschäftlich unterordnet. Die Crimiual-Commis-
saricu sind durch die gemeinschaftliche Verfügung der Herren Minister des Innern
und der Justiz voin 15. September 1879 Hülfsbeamte der Staatsanwaltschaft ge
worden und als solche nach § 159 der Strafproceß-Ordnung verpflichtet, die Auf
träge des Staatsanwalts auszuführen. Diese Einrichtung mag wohl ihre Vortheile
in kleineren Städten haben, wo die Beamten der Staatsanivaltschast mit denen der
Polizei leicht einzeln unmittelbar, persönlich in Verkehr treten können, sic erschivert
aber ein geordnetes Zusammenwirken beider Bcamtcnklasscn in größeren Städten, wo
beide Arten von Beamten selbständige Behörden bilden, deren innere Organisation
durch den unmittelbaren Einzelvcrkehr der beiderseitigen Beamten durchbrochen und
empfindlich gestört werden muß. Es ist selbstverständlich, daß durch das unmittelbare
Eingreifen der Staatsanwaltschaft, dieses Verfügen über Beamte einer anderen Be
hörde, die von der letzteren zu übende Disciplin wesentlich behindert lind durchkreuzt
und die Aufsicht über die Thätigkeit und Leistungen der Beamten sehr erschivert wird.
Die Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht 1. Hierselbst ist daher auch durch
Verfügung des Herrn Justizministers vom 7. Oktober 1879 angewiesen ivorden, Auf
träge für die Criminal-Commissare denselben nur unter der Adresse des Polizei-Prä
sidiums zugehen zu lassen. Hieraus ist indeß nur soviel gewonnen, daß dasselbe
Kenntniß davon erhält, welche Aufträge seinen Beainteu ertheilt ivordeii sind.
Die volle freie Verfügung über die Beamten des Criminal-Coimnissariats hat das
Polizei-Präsidium jedoch verloren, hat es ivcnigstens nicht inchr in dem zu wün
schenden Maße.
Die schnelle Vermehrung der Bevölkerung Berlins und namentlich das bedeutende
räumliche Wachsthum der Stadt ließen es dem Polizei-Präsidium nothwendig er
scheinen, eine Einrichtung zu schaffen, die es ermöglichte, auch in rein criminalpoli-
zeilicher Beziehung mit den Insassen der Stadt in nähere Beziehung zu treten, die
in Betracht kommenden Personen und Oertlichkciten genauer kennen zu lernen, sie
besser beobachten und überwachen zu können und andererseits auch den Insassen den
Verkehr mit der Criminal-Polizei zu erleichtern. Es wurden zu diesem Zwecke durch
Verfügung vom 30. September 1877 sogenannte Bezirks-Commissariatc ein
gerichtet, an deren Spitze je ein älterer, erfahrener Criminal-Coinmiffarius steht, dem
die erforderlichen Hülfsbeamten und Schutzmänner beigegebcn sind. Es ivurden damals,
entsprechend den 6 Bezirks-Hauptmannschaften, auch 6 Bezirks - Cvmmiffariate ein
gerichtet, deren Beamten es oblag, sich die für eine erfolgreiche Wirksamkeit unentbehr
liche Local- und Personal-Kenntniß in annähernd demselben Umfange zu erwerben, wie
die Revier-Vorstände in ihren Revieren. Dieses Ziel ist allerdings ivohl nicht ganz
erreicht ivorden, hauptsächlich deshalb nicht, ivcil die Bezirke mit durchschnittlich fast
200 000 Seelen zu groß sind. Es ist deshalb in neuester Zeit die Zahl derselben,
entsprechend der vermehrten Zahl der Bezirks - Hauptmannschafteii, ebenfalls um zwei
vermehrt und sind die einzelnen Bezirke dadurch auf je 150 000 Seelen verkleinert
worden. Außerdem ist ihnen eine größere Anzahl von Schutzmännern zur Verfügung
gestellt worden.
Abgesehen von ihren criininalpolizeilichen Aufgaben haben diese Bezirks-Com-
tnissarien auch Aufträge besonders vertraulicher Art seitens der II. Abtheilung, der
politischen Polizei und der Sittenpolizei zu erledigen, zu denen gerade sie und ihr
Personal ganz besonders befähigt und geeignet erscheinen. Ein Umstand setzt aller
dings der Wirksamkeit der Bczirks-Commiffare ein Hinderniß entgegen und »rindert
die Erfolge ihrer Thätigkeit. Es ist dies cinesthcils die Thatsache, daß ein großer