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Gast- und Schankwirthschaftcn.
Nach § 53 der Gewerbe-Ordnung vom 21. Juni 1869 kann die in Gemäßheit
des § 38 ertheilte Genehmigung zurückgezogen werden:
1. wenn die Unrichtigkeit der Nachweise dargethan wird, auf Grund deren solche
ertheilt worden ist;
2. wenn aus Handlungen oder Unterlassungen des Inhabers der Mangel der
jenigen Eigenschaften klar erhellt, welche bei Erthcilung der Genehmigung
nach Vorschrift der Gewerbe-Ordnung vorausgesetzt werden mußten.
Der Ausdruck des § 53 Absatz 2 der Gewerbe-Ordnung:
„Mangel derjenigen Eigenschaften, welche bei der Erthcilung der Genehmi
gung nach der Vorschrift dieses Gesetzes vorausgesetzt werden mußten"
betrifft nicht lediglich Eigenschaften der Person des Unternehmers, sondern ist auch
auf das zum Gewerbebetriebe bestimmte Local zu beziehen. Der Antrag auf Zurück
nahme der Concession ist also auch dann gerechtfertigt, wenn durch Handlungen oder
Unterlassungen des Inhabers ein Mangel derjmigen Eigenschaften des Locals her
beigeführt worden, welche nach § 33 Nr. 2 der Gewerbe-Ordnung vorausgesetzt
tverden mußten.
(Rescript des Herrn Ministers des Innern vom 27. Januar 1872 M. Bl.
S. 56, Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts Bd. II. S. 328 Nr. 54
und Bd. IV.' S. 314 Nr. 53.)
Den „Handlungen und Unterlaffungen des Inhabers", an welche der § 53 Absatz 2
der Gewerbe-Ordnung die Entziehung der Concession knüpft, sind solche nicht beizu
zählen, welche vor deren Ertheilung vorgekommen sind; Absatz 2 des bezeichneten § 53
ist vielmehr nur auf solche „Handlungen und Unterlaffungen" zu beziehen, welche der
Unternehmer nach Ertheilung der Concession sich zu Schulden kommen ließ. (Ent
scheidungen des Obcr-Verwaltungsgcrichts Bd. IV. S. 266 Nr. 43.)
Die Entziehung einer Schankconcession ist demnach schwieriger zu begründen,
als die Versagung einer beantragten neuen, weil die Zurücknahme den bestimmten
Nachweis der Handlungen und Unterlassungen des Inhabers der Concession erfordert,
durch tvclche der Antrag auf Entziehung begründet werden soll. So kann die Ent
ziehung der Concession z. B. nicht schon durch die Thatsache der Bestrafung
des Inhabers, sondern erst durch die selbstständige Feststellung und Würdigung der
Handlungen und Unterlaffungen, welche zu der Bestrafung Anlaß gegeben haben,
gerechtfertigt werden. Dagegen genügt bei Versagung einer beantragten neuen
Concession schon die That fach cd er Bestrafung allein, weil sie z. B. Anlaß zu
der Befürchtung giebt, daß das Schankgcwcrbe zur Förderung der Völlerei gemiß
braucht werden würde, und weil die Erthcilung einer neuen Concession bereits versagt
werden kann, wenn Thatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß der
Antragsteller das Gewerbe zur Förderung der Völlerei rc. mißbrauchen werde.
(Entscheidungen des Ober-Verwaltungsgerichts Bd. I. S. 308).
Schließlich sei noch bemerkt, daß eben so wenig, wie §§ 33 und 53 der Ge
werbe-Ordnung voraussetzen, daß der Inhaber das Gewerbe zur Förderung der im
8 33 namentlich aufgeführten Handlungen überhaupt bereits gemißbraucht habe, eben
so ivenig das Gesetz ohne Weiteres und unter allen Umständen schon jeden einzelnen
begangenen Fehltritt, wenn nur derselbe unter eine der drei Rubriken — Völlerei,
Spiel, Unsittlichkeit — gebracht werden kann, als Entziehuugs- (oder Vcrsagungs-)
Grund angesehen wiffen will. Es verlangt vielmehr eine Feststellung des Inhalts,
daß der Inhaber nach demjenigen, ivas gegen ihn bereits vorliegt, auch nicht mehr
die erforderlichen Garantien für die Zukunft gewährt. (Entscheidungen des Obcr-
Verwaltungs-Gerichts Bd. II. S. 302.)
Im Laufe des Jahres 1880 hat das Polizei-Präsidium in 89 F-llen die Ent
ziehung von Concessionen in Antrag gebracht.
In 33 Fällen von diesen ist die Entziehung in I. und II. Instanz ausgesprochen
worden, in 6 Fällen ist die Concession in I. Instanz entzogen, in der zweiten