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Nahrungs- und Genußmittel.
Außerdem sind von dem polizeilichen Stadt-PhysikuS im Aufträge der I. Ab
theilung init Bezug auf Concefsionirung von Privat-Entbindungsanstalten im Jahre
1879 — 16, im Jahre 1880 — 21 Wohnungen untersucht worden.
(Vergleiche auch das Entsprechende in dem Bericht der II. Abtheilung.
v. Sanilätspolizeiliche Maßnahmen beziiqsich des DerKehrs mit
Mahrungs- und Kenußmittes».
a) Allgemeines.
Vor Erlaß des Gesetzes vom 14. Mai 1879, betreffend den Verkehr mit
Nahrungsmitteln, Genußmitteln und Gebrauchsgegenständcn, fand eine andauernde
Ueberwachung dieses Verkehrs nur statt in Beziehring auf das Fleisch und die Milch,
im Uebrigen beschränkte sich das Polizei-Präsidium auf eine strenge Beaufsichtigung
des Verkehrs auf den öffentlichen Märkten und auf genaue Feststellung aller Fälle,
in denen über die angebliche Verfälschung oder gesundheitswidrige Beschaffenheit von
Nahrungs- und Genußmitteln Beschwerden angebracht wurden.
Die Wochenmarkt - Ordnung vom 9. Februar 1848 bestimmt im § 37 Fol
gendes :
„Niemand darf solche Lebensmittel zu Markte bringen, ivelche nach
ihrer Beschaffenheit der Gesundheit nachthcilig werden können. Dahin sind
unter Anderen zu rechnen: abgestandene alte Fische, in Fätilniß übergegan
genes Fleisch, verdorbene Butter, unreife Kartoffeln u. s. w. Finden sich
dergleichen auch nur verdächtige Nahrungsmittel vor, so ist deren Verkauf
sofort einzustellen und es erfolgt ihre Beschlagnahme und Untersuchung durch
einen Sachverständigen.
Bestätigt sich der Verdacht und können die Waaren in einen genieß
baren Zustand nicht zurückversetzt werden, so sind dieselben auf Kosten des
Eigenthümers zu vergraben, entgegengesetzten Falles aber dem Verkäufer
zurückzugeben, ohne daß diesem ein Anspruch auf Entschädigung zusteht.
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Absichtliche Verfälschung der Lebensmittel, wohin jede zu Maß- oder
Gcivichtsvermehrung dienende Vermischung mit schädlichen oder unschädlichen
Stoffen, z. B. die absichtliche Verinischung der Butter oder Mlch mit
Wasser und dergl. zu rechnen ist, wird außer der Confiscation mit der in
den Gesetzm bestimmten Strafe geahndet." —
Die Ueberwachung wurde durch besondere Marktpolizeibeamte ausgeführt, wie es
noch bis heute geschieht; als Sachverständige wurden für die thierischen Nahrungs
mittel die Polizei-Thicrärzte, für andere Nahrungsmittel erforderlichen Falles die
Bezirks-Physiker herangezogen.
Außerdem wurden schon in früheren Zeiten ab und zu aus besonderen Vcran-
laffungen umfangreichere Untersuchungen zahlreicher von verschiedenen Händlern ent
nommener Proben bestimmter Nahrungsmittel durch chemische Sachverständige an
geordnet.
So wurde z. B. im Jahre 1873 eine größere Anzahl von Brodproben aus den
hiesigen Bäckereien untersucht und in den Jahren 1858, 1863, 1873 und 1877
fast die sämmtlichen in Berlin gebrauten Biere einer genauen Untersuchung
unterworfen.
Die Letzteren ergaben das übcrcinstimmeude Resultat, daß giftige Stoffe (Krähen
augen, Kokkelskörner rc.) den Berliner Bieren nicht beigemischt waren, wohl aber nicht
selten andere unschädliche Bitterstoffe als Ersatz für Hopsen angewendet wurden.