Path:
Volume No. 16 (378-393), 1926/04/23

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1926 (Public Domain)

224 
nicht vorgesehen. Nach § 49 des Arbeitsnachweisgesetzes kann der Reichs 
arbeitsminister allerdings die „Anmeldepflicht" einführen, d. h. die Ver 
pflichtung des Arbeitgebers, die bei ihm vorhandenen offenen Arbeitsplätze 
bei dem zuständigen öffentlichen Arbeitsnachweis anzumelden, um dein 
Arbeirs Nachweis die Möglichkeit zu verschaffen, sich an der Besetzung dieser 
Steifen durch die bei ihm gemeldeten Arbeitsuchenden zu beteiligen. Dahin 
gehende. Anträge, d. h. Verbot der geiverbsmäßigen Arbeitsvermittlung 
für das Gastwirtsgewerbe und Einführung der Anmeldepflicht haben bereits 
dein Rcichsarbcitsminister vorgelegen, es ist aber bisher eine Entscheidung 
m diesem Sinne nicht erfolgt. 
Zu c) ist zu bemerken, daß bisher imr unerlaubte gewerbsmäßige 
StcUenvernlittluilgen polizeilich geschlossen wurden. Hinsichtlich der Än- 
wendung unmittelbaren Zwanges gegenüber iinerlaudter nichtgewerbsmäßiger 
Arbeitsvermittlung schweben zur Zeit die Verhandlungen mit dem Polrzer- 
präsidenten. Besonders schwierig ist die Schließung durch Anwendung 
unmittelbaren Zwanges in solchen Fällen, >vo das Vorliegen einer Arbeits 
vermittlung nicht nachweisbar ist, z. B. wo die Arbeitsvermittlung unter 
der Hand und durch Empfehlung von Mund zu Mund, von sogenannten 
Kellnerklubs, vorgenommen wird, die ihr Verkehrslokal in einer Gast 
wirtschaft haben. In diesen Fällen ist keine Geschäftsstelle vor 
handen, die polizeilich geschlossen werden kann. Die Zusammenkunft 
eines „Vereins" in einer Gastwirtschaft kann aber durch poliMiche Maß 
nahmen nicht ohne besondere Gründe unterbunden werden. Wir haben daher 
für derartige Fälle mit dem Polizeipräsidenten ein Vorgehen gegen den 
Gastwirt und Einleitung eines Konzessionsentziehungsverfahrens gegen diesen 
vereinbart, ivenn ihm eine Beteiligung oder zum mindesten ein Wisse» 
um die Arbeitsvermittlung nachgewiesen iverden kann. Dies dürfte in der Mehr 
zahl der Fälle möglich sein, denn nach unseren Erfahrungen sind die Gast- 
wirte stets die treibende Kraft bei der Gründung solcher „Kellner-Vereine", 
da sie infolge der Steigerung des .Konsums an der Arbeitsvermittlung 
wirtschaftlich (Aushängeschild) interessiert sind. Daneben bleibt uns die 
Möglichkeit einer Strafverfolgung der verantwortlichen Personen, die dann 
auch in einer Reihe von Fällen eine Verurteilung derselben zur Folgg 
hatte. Wenn dieser Kamps auch wegen der vielfach versuchten Verschleie 
rungen ziemlich erschwert ist, wird doch mit der Zeit diesen Mißständen der 
Boden entzogen werden. Wir haben zu ihrer wirksamen Bekämpfung eine 
Verschärfung der Bestimmnugen für die nichtgewerbsmäßigen Arbeitsnach 
weise für notwendig gehalten. Einen diesbezügliche» Entwurf haben wir 
bereits der Reichsarbeitsverwaltung zur Genehmigung vorgelegt, u. a. 
haben wir den Erlaß eines Verbots der nichtgewerbsmäßigen Stellenver 
mittlung in Gastwirtschaften beantragt. (Wiederherstellung der außer Kraft 
gesetzten Ziffer 7 der Vorschriften für nichtgewerbsmäßigc Stellenvermitt 
lung vom 21. August 1910.) 
Zu st) ist zu bemer-ken, daß eine weitere Erlaubnis zur Stellenvermitt-, 
luug für das Gastwirtsgewerbe weder für gewerbsmäßige noch nichtgewerbs- 
mäßigc Stellenvermittlung seit dem Inkrafttreten des Ärbeitsnachweisgesetzes 
erteilt worden ist und nach der einmütigen Auffassung des gesamten Ver 
waltuugsausschusses des Laudesarbeitsamtes von diesem auch kaum semals 
erteilt oder befürwortet werden wird. Die früher erteilten Konzessionen 
zum Betriebe einer gewerbsmäßigen Stellenvermittlung können je- 
doa> nur nach Durchführung eines Kvnzessionsentziehungsvcrfahrens zurück 
gezogen werden. Vor dem 1. Oktober 1922, also vom Gesetzgeber als 
zu Recht bestehend anerkannte nichtgewerbsmäßige Arbeitsnacksweise 
können gemäß § 45 des Arbeitsnachweisgesetzes nur von der Reichsarbeits- 
vcrivaltung aus Antrag des Landesarbeitsamtes und nur unter bestimmten 
Voraussetzungen geschlossen werden. 
Zu e) Das Landesarbeftsamt richtet sich streng nach den Grund 
sätzen des Arbeitsnachweisgesetzes. Der § 40 des Arbeitsnachtveisgesetzcs, 
der sich mit der Vermittlungstätigkeit befaßt, schreibt jedoch keinerlei! 
Ausrufung von offenen Stellest vor. Eine Ausrufung der verlangten Kräfte 
und offenen Stellen ist bei der Eigenart im Gasstvirtsgewerbe auch nicht 
durchführbar. Dos Gastwirtspersonal ist so außerordentlich verschieden 
ausgebildet und durch die Tätigkeit in den ganz verschieden eingerichteten! 
Häusern, von denen jedes besondere Ansprüche stellt, oft nur für ganz be- 
ftnnnlte Stellen verivendbar. Der tüchtige, aus dem Fach hervorgegangene 
Arbeitsvermittler muß die Anforderungen der einzelnen Betriebe so genau 
kennen, daß er unter den Arbeitsuchenden eine Vorauswahl für. den 
Arbeitgeber treffen kann. Es wäre zwecklos, hier eine Vermittlung schematisch 
nach der Reihenfolge der Eintragung vorzunehmen und eine Stelle öffentlich 
auszurufen, von der der Arbeitsvermittler von vornherein weiß, daß unter 
der großen Zahl der vorgemerkten Arbeitsuchenden nur ganz wenige dafür 
m Frage kommen. Die Arbeitgeber, die den Arbeitsnachivais in Anspruch 
nehmen, würden durch bin solches Verfahren unnötig belastet und ver 
ärgert werden, ivenn ihnen zugemutet würde, zunächst mit vielen ungeeigneten
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.