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2. Petition des Diplomingenieurs Clemens Wagener
Patentanwalt, SW. 29, Bellealliancestraße 53, um Rück
zahlung bezw. Erlaß der Gemeindeeinkommensteuer
1916/17.
Der Ausschuß hat über beide Petitionen bereits eingehend in seiner
Sitzung vom 11. Juni d. Js. verhandelt und für beide war damals
Uebergang zur Tagesordnung beschlossen. Durch Beschluß der Ver
sammlung vom 27. Juni 1918 sind sie dann an den Ausschuß zur
Berichterstattung zurückverwiesen.
Auf Vorschlag des Vorsitzenden wird in der Sache
zu 1. der Stadtv. Paul Schulz,
- 2. - - Boetticher
zum Berichterstatter gewählt.
Hierbei beschließt gleichzeitig der Ausschuß, in ähnlichen Fällen, in
denen es sich gemäß §'32 Absatz 5 der Geschäftsordnung um Rück
überweisungen von Petitionen an den Petitionsausschuß zur Bericht
erstattung handelt, entgegen der früheren Gepflogenheit, von einem Er
suchen an den Magistrat um Entsendung von Vertretung abzusehen.
3. Petition der Laternenwärter Berlins um Erhöhung des
monatlichen Lohnes. (P.-J.-Nr. 14 8t. V. 18.)
Nach Angabe der Gesuchsteller sind sie wiederholt vergeblich bei
dem Magistrat um Aufbesserung ihrer Bezüge vorstellig geworden,
die sie bei jetziger Teuerung nicht für ausreichend erachten. Da
sie — die dauernd beschäftigten Laternenwärter — auch bei der
allen übrigen Unterbeamten und Angestellten gewährten Extra
teuerungszulage von 200 M leer ausgegangen seien, bitten sie
nunmehr, den Lohn um 20 M pro Lohnklasse und Monat zu
erhöhen.
Von einem Mitgliede wird der Meinung Ausdruck gegeben, daß
man der bescheidenen Forderung der Gesuchsteller wohl stattgeben müßte,
da ihre wirtschaftliche Lage eine Ausbesserung tf rer nicht allzu hohen
Bezüge Wohl vertragen könnte
Demgegenüber führt der Herr Magistratsvertreter aus, daß die
wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesuchsteller durchaus nicht so mißlich
seien, wie dies von ihnen dargestellt.wird. Die Petenten beziehen
einen monatlichen Lohn von 85 M bezw. 90 und 95 M. Hierzu
komme aber noch eine Kriegszulage von 35 M und 7,so Ji für jedes
Kind. Dabei sei ferner zu bedenken, daß sie nur 6 Stunden täglich
Arbeitszeit haben und daß sie, da sie fast sämtlich von Beruf Hand
werker — wie Schneider und Schuhmacher — sind, sich noch nebenbei
einen nicht unerheblichen Verdienst erwerben können.
Nach diesen Ausführungen beschließt der Ausschuß Uebergang
zur Tagesordnung.
4. Petition des Rohrlegers Karl S. um Zurückziehung
der dienstlichen Kündigung und Zahlung eines Teiles
seines Gehalts bis zur Jnkrafttretung der Unfallrente.
(P.-J.-Nr. 16 8t. V. 18.)
Der Gesuchsteller ist infolge seiner Verurteilung zu 6 Monaten
Gefängnis wegen versuchten Einbruchsdiebstahls aus dem städtischen
Dienst entlassen worden. Nach seiner Auffassung unschuldig ver
urteilt, bittet er mit Rücksicht auf seine lange einwandfreie
Dienstzeit und seine zeitige wirtschaftliche Notlage um Zubilligung
seines früheren Gehalts oder eines Teiles desselben bis zu dem
Zeilpunkt, zu dem ihm von der Unfallversicherung eine Rente
zugebilligt sein wird.
Aus der Mitte des Ausschusses wird hierzu ausgeführt, daß man
sich mit dem Urteil und mit der erfolgten Entlassung des S. wohl
werde abfinden müssen, obwohl man andererseits nach der ganzen
Sachlage ein menschliches Entschulden mit dem Petenten habe könne.
So schwer die Verfehlung auch fein mag, so komme doch auch wieder
die jahrelange einwandfreie Dienstzeit des Petenten in Betracht.
Darum erscheine es aus Gründen der Menschlichkeit unbillig, wenn
man ihm jede Hilfe in seiner Notlage versagen wolle, zumal er noch
im Dienst einen sehr schweren Unfall erlitten habe und sich in einer
Heilanstalt befinde.
Es wird daher der Antrag gestellt, zwar der Petition nicht statt
zugeben, dem Magistrat aber zu empfehlen, dem Gesuchsteller einen
Teil seines Gehaltes als Unterstützung aus den dem Magistrat zur
Verfügung stehenden Fonds zu gewähren.
Auch der Herr Magistratsvertreter vertritt der Ansicht, daß
es bei der Entlassung bleiben müsse, weil ein Akt von Untreue
vorliege, und eine solche scharfe Maßnahme im Interesse und zum
Schntze des Publikums bedingt >var, da sonst die Grundlage jeder
Ordnung aufhören würde. Aber ebenso werde der Magistrat den
sonstigen Umständen wohl Rechnung tragen und den Petenten trotz
dem ans Gründen der MenfcUichkeit vor völligem Ruin beivalwen.
Der Alktrag ans Uebergang zur Tagesordnung wird hierauf
vom Ausschuß einstimmig angenommen, wobei er aber dem Magistrat
empfiehlt, dem Gesuchsteller einen Teil seines Gehalts als Unter
stützung ans den dem Magistrat zur Verfügung stehenden Fonds zil
gewähre».
Zum Berichterstatter wird der Stadtv. H a h n gewählt.
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