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eine Zwischenfestsetzung vornehmen, ohne sich für die Zukunft festzu
legen. Soviel sei gewiß sicher, daß Löhne und Entgelt wohl niemals
wieder einen so niedrigen Stand wie vor dem Kriege erreichen werden
und selbst in der nächsten Zeit nach Friedensschluß würden etwaige
Rückgänge in wesentlichem Umfange nicht zu erwarten seien. Mau
möge daher im Prinzip das Bedürfnis einer Erhöhung des gellenden
Ortslohnes anerkennen und dem Antrage, die Erhöhung anzuregen,
zustimmen, um einem Teile der Bevölkerung den sich hieraus er
gebenden Vorteil zuzuwenden.
Die Herren Magistratsvertreter erklären, die Frage der evtl.
Erhöhung der Ortslöhne und der Sachbezüge habe die Regierung selbst
bereits in Fluß gebracht. Die zuständigen Minister chätten die Ober-
versichernngsämter zur Prüfung aufgefordert, dabei aber zu bedenken
gegeben, daß ein späteres Herabgehen auf niedrigere Sätze in Friedens
zeiten mit großen Schwierigkeiten verknüpft sein würde und daß dem
gemäß Zurückhaltung empfohlen sei Tie Sache sei loeiter gegeben an
das Bersicherungsaint der Stadt Berlin und dieses sei der Meinung,
daß z. Zt. eine Erhöhung nicht stattfinden solle. Es habe im wesent
lichen Bedenken, daß niemand mit Sicherheit die Entwickelung der
Löhne beurteilen könne, und daß in der Tat ein späteres Herabgehen
der Sätze in Friedenszeiten für den Fall einer Aenderung recht miß
lich sein könnte. Die fetzigen Verhältnisse seien in keiner Weise ge
festigt. Eine wesentliche Benachteiligung der Versickerten ergebe sich aus
den bisherigen Zuständen nicht. Interessiert sei in der Hauptsache die
Krankenversicherung und hier sei für die ständigBeschäftigteu der Grundlohn
maßgebend, der laut Bundesratsverordnung erhöht werden könne und
auch erhöht sei, ebenso können Zuschläge zum Krankengeld gegeben
werden. Die Zahl der unständig Beschäftigten — für die die Er
höhung fast allein in Betracht käme — sei verhältnismäßig gering.
Mit Ausnahme des Kreises Teltow und der Stadt Spandau, die für
eine 500/oige Erhöhung des Ortslohnes als Zwischenfestsetzung ein
getreten seien, hätten bis jetzt alle übrigen zum Oberversicherungsamt
Groß Berlin gehörigen Versicherungsämter sich angesichts der jetzigen
ungefestigten Verhältnisse ablehnend verhalten. Durch die Erhöhung
würde eine große Zahl Versicherter, z. B. Werkmeister. Betriebs-
beanite u. a., infolge Ueberschreitung der Grenzen für die Versicherungs-
pflicht ausscheiden; ob dies erwünscht sei, fei zweifelhaft. Dessen un
geachtet habe die Verwaltung beim städtischen Arbeitsnachweise Er
mittelungen angestellt und Zahlen gesammelt von den bedeutendsten
hiesigen Orts-, Betriebs- und Jnnungskrankenkassen und vom hiesigen
Statistischen Amt, die sie im Falle weiterer Beratungen in Verfolg
dieses Antrages verwenden werde.
Es wird entgegnet, daß alle 4 Fahre sowieso eine Neufestsetzung
zu erfolgen habe, die Rechtslage sei unzweiselhast, das Oberversicherungs
amt sei berechtigt, die Neufestsetzung vorzunehmen und diese sei zu
erstreben, da die Verhältnisse anormal noch auf lange Zeit hinaus
bleiben werden.
Ein Mitglied des Ausschusses erklärt, für den Antrag nicht
stimmen zu können, weil im Falle einer Neufestsetzung eine große
Anzahl Versicherter auch die für freiwillige Versicherungen geltenden
Grenzen überschreiten ' und so zum Austritt gegen ihren Willen ge
zwungen würden. Tie Zahl dieser Personen würde um so mehr wachsen,
als das außerhalb des Arbeitsveroienstes liegende Einkommen bei
Bemessung der Grenzen hinzugerechnet würde
Bei der Abstimmung wird der Antrag der Stadtv. Barkowski
u. Gen. mit 9 gegen 1 Stimme angenommen, so daß der Versammlung
vorgeschlagen wird, wie folgt zu beschließen:
Die Versammlung ersucht den Magistrat
a) beim Oberversichcrungsamt Groß Berlin dahin vorstellig zu
werden, daß dasselbe den Ortslohn (§ 149 Reichsversicherungs
ordnung) für Berlin bereits jetzt erhöht:
b) das Versicherungsamt Berlin zu ersuchen, den Wert der
Sachbezüge (§ 160 Reichsversicherungsordnung) einer Neu
regelung zu unterziehen.
Zum Berichterstatter ist der unterzeichnete Vorsitzende geivähll.
V. >v. o.
B r u n z l o w.
250. Vorlage — zur Beschlußfassung —, betreffend sormeüe
Aenderungen des Ortsftatuts zum Schutze der Stadt
Berlin gegen Verunstaltung.
Infolge Uebertragung der Baupolizei auf die Stadtgcnieinde wird
der Form nach eine Aenderung des Ortsstatuts zum Schutze der Stadt
Berlin gegen Verunstaltung vom 14. November/16. Dezember 1913
erforderlich Nach diesem Ortsstatut, von dem ein Abdruck beigefügt
ist, ist vor Erteilung oder Versagung der baupolizeilichen Genehmigung
der Magistrat und im Fall auch der Sachverständigenbeirat zu hören.
Nach § 6 des Statuts gehörte dem aus 7 Mitgliedern bestehendem
-Beirat auch ein technisches Mitglied der Abteilung 111 des Königlichen
Polizeipräsidenten an. Dafür muß es — unter § 6c — nunmehr
heißen, ,.einem technischen Mitgliedc der städtischen Baupolizei" und