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seltener um Verwandte; von diesen werden aber andere als Eltern
oder Kinder nur ganz ausnahmsweise zu berücksichtigen sein. Immer
bildet aber die Voraussetzung jeder Darlehnsgewährung, daß die
wirtschaftliche Selbständigkeit des Kriegsteilnehmers (bezw. der
Witwe oder eines zu berücksichtigenden Angehörigen) durch seine Kriegs
teilnahme vernichtet oder gefährdet ist; nur wenn einerseits dieser
Zusammenhang vorhanden ist, und nur zum Zwecke der Erhaltung
oder Wiederherstellung der wirtschaftlichen Selbständigkeit soll das
Darlehn gewährt werden.
Die Kasse wird erst einzutreten haben, wenn der vorbezeichnete Zweck
sich nicht aus andere Weise erreichen läßt (§ 2 Absatz 1), so nament
lich durch die Inanspruchnahme des genossenschaftlichen Kredits. Bei
den Kriegsverletzten und den Hinterbliebenen gefallener Krieger wird
zu prüfen sein, ob die ihnen als solchen zustehenden Gebührnisse nicht
zur Deckung des Bedürfnisses ausreichen und das Fehlende nicht aus
anderen Quellen zu beschaffen ist. Andererseits wird die Kasse selbst
verständlich einenr Gesuche nicht stattgeben dürfen, wenn die sorgfältige
Prüfung der Verhältnisse nicht die Annahme rechtfertigt, daß das er
strebte Ziel durch das Darlehn auch wirklich erreicht werden wird.
Zur Vorprüfung und Begutachtung der Gesuche sollen die Organi
sationen der Berufsstände herangezogen werden, denen die Antrag
steller angehören; es bleibt vorbehalten, dieserhalb mit den kaufmännischen
Korporationen, der Handelskammer usw., in Verbindung zu treten,
die ihre Mitwirkung nicht versagen werden, und demnächst die er
forderlichen Bestimmungen über das Verfahren in der Geschäfts
ordnung zu treffen
Die Grundsätze"über Höhe sowie die Vergütung und Rückzahlung
der Darlehen und über die Sicherheitsleistung (§ 2 Absatz 3 und 4)
lassen dem Ermessen der Deputation tunlichst freien Spielraum, um
ihr, wenn auch das finanzielle Risiko der Gemeinde nicht unbeachtet
bleiben darf, eine wohlivollende Würdigung des Einzelfalles und eine
dem gemeinnützigen Charakter der Errichtung entsprechende Geschäfts
führung zu ermöglichen. Soweit Schranken gesetzt sind, beruhen sie
zuin Teil aus den in dem Erlasse der beteiligten Minister vom
18. April 1916 (Handelsmin.-Bl. S. 111) gestellten Anforderungen,
der in der Anlage 2 abgedruckt ist. Unter den Bedingungen dieses
Erlasses ist für die Berliner Kriegshilfskasse ein Staatszuschuß von
2 Millionen Mark in Aussicht gestellt worden; eine höhere Bewilligung
war nicht zu erlangen. Deingemäß sind auch wir nicht in der Lage,
für den vorliegenden Zweck niehr als 2 Millionen Mark herzugeben,
jo daß der Rasse für die Dar.ehnsgewährung 4 Millionen Mark zur
Verfügung stehen werden, die sie nicht überschreiten darf. Die Be
stimmung, daß Zins- und Rückzahlungen nicht wieder zur Gewährung
von Darlehen verwendet werden dürfen (8 2 Absatz 2), ist durch den
begrenzten Zweck der Kasse und die der Gemeinde dem Staate gegen
über einzugehende Verzinsungs- und Rückerstattungsverbindlichkeit
gerechtfertigt.
Nach dem Erlasse vom 30. Dezember 1915 verzichtet der Staat
auf die Rückzahlung und demgemäß auch auf die Verzinsung von
15 v. H. seiner Beihilfe, die für Ausfälle usw. der Stadt einen Ersatz
bieten sollen. Während in demselben Erlasse nur eine Verzinsung
nach dem „tatsächlichen Zinsauskommen" vorgesehen war, gestattet der
Erlaß vom 18. April 1916 auch die Verzinsung »ach einem festen
Zinsfüße. Wir haben aus Zweckmäßigkeitsgründen den letztgedachten
Weg gewählt, werden also 85 v. H. der vom Staate empfangenen
Beträge mit 4 v. H. zu verzinsen haben. Die Rückerstattung muß
von der Stadt in Jahresraten bis zum Ende des Etatsjahres 1925
geleistet werden, wie der Erlaß vom 18. April 1916 des näheren
gestimmt.
Bei der Zusammensetzung der Deputation (§ 3) ist eine über das
sonst übliche Maß hinausgehende Zahl von Bürgerdeputierten vorge
sehen, um eine Vertretung der Verbände zu ermöglichen, deren Mit-
ivirkung, wie oben ausgesührt, dringend wünschenswert erscheint.
Der Ausschluß der Beschwerde (§ 4) gegen die Entscheidungen der
Deputation ist bei ihrer Zusammensetzung unbedenklich und praktisch
gerechtfertigt.
Wir beantragen zu beschließen:
1. Die Versammlung ist mit der Errichtung einer Kriegshilsskasse
einverstanden und genehmigt den der Magistratsvorlage beigefügten
Entwurf eines Genieindebcschlusses, betreffend die Kriegshilfskassc
der Stadt Berlin.
2. Die Versammlung ist ferner damit einverstanden, daß
a) für den Betrieb der Kriegshilfskasse ein Staatszuschuß von
2 000 (XX) M unter den sich aus den Ministerialerlassen
vom 30. Dezember 1915 und 18. April 1916 ergebenden
Rückzahlungs- und Verzinsungsbedingungen, und zwar zum
Zinssätze von 4 v. H., angenommen wird;
b) die erforderlichen Mittel (einschließlich der Vcrwaltungskosten).
sow.' t sie nicht durch den Staatszuschuß gedeckt werden, —