des Gasverbrauchs angeführt. Der von den Antragstellern
seinerzeit beim Magistrat eingelegte Protest sei ohne Erfolg
geblieben, es wurde ihnen aber bedeutet, daß die Gaswerke
die Verlegung der Röhren für das Auroinatengas hauptsächlich
durch Privatunternehmer ausführen lassen würden. In der
Tat seien auch damals vier Mitglieder der Innung zu den
Arbeiten herangezogen worden. Aber nur ein Auftrag sei
im ganzen erfolgt, alle ichrigen Arbeiten seien durch die Gas
anstalten selbst angefertigt ivorden. Der Privatindnstrie bzw.
den Privatunternehmern sei hierdurch viel verloren gegangen.
Neuerdings hätten die Gaswerke auch beschlossen, die Flur-
und Treppenbeleuchlnng in den Häusern gegen sehr geringes
Entgelt überwachen und Ersatz von Glühstrümpfen und Zylin
dern für den Selbstkostenpreis in Rechnung stellen zu wollen,
sofern es von den Hauseigentümern gewünscht ivird. Die Kosten
ivrrden hierfür so gering angesetzt, daß ein Privatunternehmer
hierinil nicht konkurrieren könne. Ta auch hierdurch lvieder
große Schädigungen den Umernehinern der Gas- und Wasser
leitungsbranchen erwüchsen, sähen sich die Antragsteller ge
zwungen, die Stadtverordnetenversammlung uni Inschutznahme
ihrer Interessen zu bitten.
Hierzu äußerte der Herr Magistratsvertreker in der Ausschuß
sitzung, daß es im Interesse der Stadtgemeinde lüge, den Gaskonsuni
zu heben, da sic in erster Linie das Interesse ihrer eigenen Gas
anstalten wahrzunehmen habe. Er führte aus, daß die Verwaltung
der Gaswerke bestrebt sei, alle Mittel und Wege zu ergreifen, die
hierfür geeignet erschienen. Rach Darlegung des jetzigen Geschäfts-
uinfanges der Gaswerke schloß er seine Ausführungen damit, daß,
wo die allgemeinen Interessen in Frage kämen, die Interessen einer
bestimmten Uniernehinergruppc zurückstehen müßten.
Jin Anschluß hieran wurde von einer Seile beantragt, über die
Petition zur Tagesordnung überzugehen.
Von anderer Seite beantragte man jedoch, die Petition insoweit,
als es sich um die Preise für den Unterhalt der Gasanlagen und
uin die Preise des Verkaufs von Glühstrümpfen und Zylindern
handelt, dem Magistrat zur Berücksichtigung zu übertveisen.
Der Ausschuß beschloß in seiner Mehrheit, den Antrag aus
teilweise Berücksichtigung abzulehnen und über die Petition zur
Tagesordnung überz u geh e n.
II.
Vertagt.
5. (P e t. - I. - N r. 66 12) Petition der Frau Elisabeth
Vogler, XIV., Pank st r a ß e 26, u ui R ückzahlung von
390 ,M c i n b e h a l t e n e r Pension f ü r unter s chl a g e n e
Gelder.
Ter Ehemann der Petentin ist verstorben. Er ivar als
Steuererhcber 20 Fahre lang bei der Stadt Berlin beschäftigt.
Tie Bittstellerin gibt an. daß ihr Ehemann an einem Nerven
leiden erkrankt wäre, welches dazu geführt hätte, daß er am
11. Juni zur Steuerkasse gegangen und wie gewöhnlich Quit
tungen zum Kassieren übernommen hätte. Am 12. Juni hätten
sich bereits, wie in dein Petitum näher ausgeführt wird,
Wahnideen bei ihrem Ehemanne geltend gemacht. Auch habe
er sich in einer fremden Wohnung sämtliche .Kleidungsstücke
ausgezogen. Am 20. Juli wurde bei einer Revision ein Fehl
betrag von 310 .6 festgestellt. Als am 22. Juli ihr Ehe
mann in der Irrenanstalt gestorben wäre, seien ihr, wie die
Petenti» angibt, die anfangs erwähnten 310 -ff und .ferner
ein Betrag von 60 M bei der Gehaltszahlung abgezogen
worden. Die Summe von 60 .6 rühre von im Frühjahr
ausgetragenen Einschätzungsbriefen her, die immer erst im
September zur Auszahlung gelange. Ta sich nun Leute ge
meldet hatten, die dem Ehemann der Gesuchstellerill angeblich
Steuern gezahlt, aber keine Quittung von ihm erhalten haben
ivollten, wäre ihr auch dieser Betrag nicht ausgezahlt worden.
Die Petenti», ivelche angibt, nicht nur völlig unbemittelt
mit zivei Kindern und einer größeren Schuldenlast, aus der
Krankheitszeit ihres Mannes datierend, dazustel)en, bittet die
Stadtverordnetenversammlung, in Rücksicht dessen, daß es sich
bei ihrem Ehemanne doch nicht um eine Unterschlagung, son
dern um das Tun eines Geisteskranken handle, den Magistrat
zu veranlassen, daß der Fehlbetrag von 390 - ff niedergeschlagen
und der ihr bei der Gehaltszahlung gekürzte Teil ausgezahlt
iverde. Hinsichtlich ihrer eigenen Lage crivähntc die Bitt
stellerin noch, daß sie infolge der vielen Aufregungen von
einem Nervensieber befallen und daher nicht in der Lage wäre,
vorläusig zu arbeiten. Wegen des großen Altersunterschiedes
mit ihrem Eheinanne sei ihre Pension so gering, daß sie gerade
für die Miete ausreick>e. Ihre Stiefsöhne seien bereits 20 und
16 Jahre alt, wären beide aber in der Lehre und bezögen noch
nicht so viel, um damit durchzukommen. Ein Waisengeld für
die Kinder bezöge sie nicht.
Boni Magistrat >var die Petenti», für welche einer ihrer
Söhne ein Petitum in gleichem Sinne eingereicht hatte, ab
lehnend beschieden worden.
Nachdem der Herr Magistratsvertreter den wesentlichen Inhalt
des Petitums bestätigt und den rechtlichen Standpunkt des Magistrats
vertreten hatte, äußerte man im Ausschuß, daß der Ehemann der
Petentin wegen seiner Geisteskrankheit für seine Handlungsweise nicht
verantwortlich gemacht iverden könne, und daß eine gewisse Härte
darin liege, ivenn inan die Petentin zur Tilgung der angeblich
unterschlagenen Summe heranziehen würde. Als der Herr Magistrats
vertreter darauf hinwies, daß bei der Haussuchung in dein Pult
des Ehemannes der Petenti» 300 M vorgefunden wären, über deren
Herkunft man aber erklärt hätte, es seien Verwaltnngsgelder, welche
aus der vom Verstorbenen, allerdings ohne Genehmigung des Ma
gistrats, übernommenen Hausverwaltung stammen, bemerkte man
von mehreren Seiten, daß diese Angabe aus tatsächlicher Grund
läge beruhen könnte. Es iväre wesentlich für die Entscheidung des
Ausschusses, zu erfahren, ob die Angabe hinsichtlich der 300 .W von
der Petentin glaubhaft nachgewiesen werden könne. Als der Herr
Magistratsvertreter aus eine Anfrage dahin, ob der Magistrat in
diesem Sinne bereit wäre, dem Ausschuß in der nächsten Sitzling
geeignetes Material zur Prüfung der erwähnten Angaben der Pe
tentin zu unterbreiten, sich in zustimmendem Sinne geäußert hatte,
beschloß der Ausschuß, die iveitere Beratung dieser Petition zu
Verlagen.
III.
Die Einsender der nachstehend ausgeführten Petitionen
haben den Jnstanzcnzug noch nicht erschöpft: die letzteren
werden daher nach 8 31 Absatz 3 der Geschäftsordnung aus
diesem formellen Grunde zur Erörterung im Plenum für
ungeeignet erachtet:
1. (P e t. - I. - R r. 69 12) Petition de s I u st i z r efer c n
d a r S a. T. Rot h e n b u r g, 2 ch l e g e l st r a ß c 5, b e -
bet res send Zahlung von 160 .ff vierteljährlich
b z w. G e >v ä h r u n g von Entschädig u n g e ».
2. l P et. - I. - N r. 65, 12) Petition des ehemaligen Kell
ners T ska r Tritt, Gi vSst ra ße 16a, betreffend
Erhöhung der lausenden Unterstützung ans 16.6
oder Beschäftigung als Diener in der Stadt
verwaltung.
3. (Pet. -I. -N r. 63 12) Petition des Vorstandes de s
Reichsverbandes der Hutdetaillisten D e n t sch-
l a n d s , b e l r e f f e n d Q r t s st a t » t ü b e r d i e S o n n t a gs-
r u h e.
Die Petitionen zu 1 und 3 sind auch an den Magistrat gerichtet,
dessen Bescheide zunächst abzuwarten sind.
Tie Petition zu 2 ist zunächst an den Magistrat, und zwar an
die Armendirektion bzw. das Generalbureau, zu richten.
V. w. o.
Cassel.
966. Borlage (J.-Rr. 3735 L. II. 12) — zur Beschlntzfassung —,
betreffend die Aufstellung einer Erfrischungshalle vor
dem Bahnhof Friedrichstraße auf der Schutzinsel in
der Georgenftratze durch den Berliner Frauenverein
gegen den Alkoholismns.
Ter Berliner Frauenvcrein gegen den AlkoholismuS ist bei
uns wegen kostenloser Ueberlassnng von Tiraßenland vor dem Bahn
hos Friedrichstraße zur Errichtung einer Ersrischnngshalle vorstellig
geworben. Wegen des lebhaften Verkehrs am Bahnhof Friedrich
straße und mit Rücksicht auf den dorr befindlichen Troschkenhalteplatz
können wir die Errichtung der Halle nur empfehlen. Wir möchten
daher in Uebereinstimmung mit der Park und Tiesbaudeputation
dem Antrage des Vereins stattgeben. Als Äufstellungsort ist die
Schutzinsel in der Georgenstraße vor dem Bahnbos Friedrichstraße
in Aussicht genommen. Wir bemerken, daß für den Fall einer Um
gestaltung des Jnselperrons wegen Erweiterung des Bahnhofs Frie
drichstratze, der Verein sich verpflichtet hat, ans Erfordern der Eisen
bahndirektion die Halle sofort zu entfernen. Mit Rücksicht ans den
gemeinnützigen, von uns in unserer Vorlage vom 27. August 1910
-- J.-Rr 3617 B. II. 10 dargelegten Zweck des Vereins, dessen
Jnnehaltnng— wie überhaupt die Geschäftsführung des Vereins
von uns dauernd kontrolliert wird, wird dem Gesuche unter den in
der vorbezeichneten Vorlage enthaltenen Bedingungen entsprochen
iverden können.
Wir ersuchen um folgende Beschlußfassung:
Die Versammlung ist damit einverstanden, daß dem Berliner
Frauenverein gegen den Alkoholismus die Ausstellung einer Er-
srischungshalle vor dem Bahnhof Fricdrichstraße, aus der Schutz-
insel in der Georgcnstraße, widerruflich gestattet ivird.
Berlin, den 13. November 1912.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
Wermuth.
J.-Rr. 1415 8t. V. I 12.