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Petentin übertragen, aber im Jahre 1904 trennte sich Fräulein
Samulon von der Proxschen Anstalt und wurde kon
zessioniert. Petentin folgert hieraus, daß sie berechtigt sei, die
Jahre 1893 bis 1904 deni Beschluß vom 24. Juni 1909 gemäß
als mit voller Stundenzahl an einer höheren Lehranstalt tätig
gewesen zu sein, anzusehen. Vom Jahre 1904 teile sich dann
allerdings ihre Beschäftigung zwischen einer höheren Mädchen
schule und der Samulonschen Anstalt. In Anbetracht ihrer
17 jährigen Beschäftigung bei der Stadt Berlin mit mehr als
20 Stunden wöchentlich und angesichts der drohenden Aussichten,
die sich ihr im Alter von 58 Jahren mit dem Abschluß ihrer
unterrichtlichen Tätigkeit eröffnen, bat sie den Magistrat, ihr
das Ruhegehalt, welches, für sie eine Lebensfrage bedeute, zu
zuwenden.
Vom Magistrat erhielt die Petentin einen ablehnenden Be
scheid. Unter Ueberreichung einer großen Reihe von Anlagen
wendet sich nun die Bittstellerin an die Stadtverordnetenversamm
lung, ihr bei Erlangung des Ruhegehaltes behilflich zu sein.
Unter Wiederholung der bereits angegebenen Tatumstände bittet
sie, ihre Bedürftigkeit und die Unfähigkeit, sich selbst zu helfen,
in Betracht zu ziehen.
Im Ausschuß legte während der Debatte ein Mitglied nahe, der
Petentin, welche nach ihrer Sachdarstellung doch fast die Bedingungen
erfüllt habe, welche ihr die Erreichung eines Ruhegehaltes ermöglichten,
das letztere zu bewilligen. Auch der Herr Stadtschulrat sprach sich
dahin aus, daß es nicht unwahrscheinlich wäre, daß der Magistrat in
Anbetracht dieser besonderen Verhältnisse bei der Petentin ausnahms
weise von der vollen Erfüllung der Pflichtstundenzahl absehen würde,
falls keine andere Bedenken und Hindernisse sich einstellen würden.
Hierauf beschloß der Ausschuß auf einen dahingehenden Antrag, die
Petition dem Magistrat zur Berücksichtigung zu überweisen.
Berichterstatter Stadtverordneter Jmberg.
7. (Pet.-J.-Nr. 14/12) Petition des Kanzleigehilfen bcini
Magistrat Berlin Emil N. N. um Anstellung als Ma
gistratskanzlist.
Im Dezeniber 1911 habe, wie der Antragsteller ausführt,
der Magistrat bei der Stadtverordnetenversammlung seine An
stellung als Magistratskanzlist beantragt. Unter der Begründung,
daß der Petent zu alt wäre und auch viel zu oft krank gewesen
sei, wurde ihm dort die Anstellung abgelehnt. Hierzu erklärt er,
haß er seit dem 9. Juli 1901 ununterbrochen im städtischen
Dienst als Kanzleigehilfe tätig gewesen wäre, im November 1911
wäre er lebensgefährlich an Scharlach und Diphtheritis erkrankt
und in den ersten Jahren wegen der Nachwirkungen gezwungen
gewesen, wiederholt auf kürzere Zeit dem Dienste fernzubleiben.
Während der letzten fünf Jahre sei er aber nur einmal und
zwar wegen einer Augenentzündung 4 Wochen dienstunfähig ge
wesen. WaS sein Alter anbeträfe, so sei er 46 Fahre alt, rüstig
und vollständig gesund. Da er durch die Nichtanstellung wirt
schaftlich sehr schwer geschädigt und in seinen Hoffnungen, dercinst-
mals einem sorgensreien Lebensabende entgegensehen zu dürfen,
enttäuscht sei, bäte er in eine erneute Prüfung der Sachlage ein
treten und seine Anstellung nunmehr hochgeneigtest genehmigen
zu wollen.
In der letzten Sitzung des Petitionsausschusses vom 20. Januar
hatte der Ausschuß beschlossen, die Petition zu vertagen, weil der Herr
Magistratsvertreter in der nächsten Sitzung ein vertrauensärztliches
Gutachten über den Gesundheitszustand vorlegen wollte.
Dieses Gutachten ist inzwischen eingegangen und wird darin der
Petent vom Vertrauensarzt als körperlich geeignet für die Anstellung
im Kommunaldienst als Magistratskanzlist angesehen.
Der Ausschuß beschloß nunmehr auch diese Petiton dem Magistrat
zur Berücksichtigung zu überweisen.
Berichterstatter: Stadtverordneter Eckard.
III.
D«rch Neberwcisnng an den Magistrat zur Erwägung.
8. jPet.--J.-Nr. 6/12) Petition des vr. Walter Abclsdorf
und Professor vr. Berger um Nichtbeitreibung der auf
dem Grundstück Friedrichstraße 224 veranlagten Wert
zuwachssteuer.
Im Dezember 1911 richteten die Petenten an die Steuer
deputation des Magistrats eine Eingabe, in welcher sie folgen
des erklärten: Für den Verkauf eines ihnen zu gleichen Teilen
gehörenden Hauses Friedrichstraße 224 sei ihnen ein Wert
zuwachssteuerbetrag von 3100^o M abverlangt worden. Sie
bäten jedoch, diesen Betrag nicht von ihnen einzufordern, da der
Grundstückserwerber — die Grundstückserwerbsgesellschaft
Friedrichstraße 224 G. m b. H. — bankrott wäre, und sie
schon in anderen Fällen als Zweilschuldner in Anspruch ge
nommen wären. Sie behaupten, daß sie durch eigenariige
pekuniäre Machenschaften von Personen, welche die Gesellschafter
der G. m. b. H. darstellen, sehr schwer materiell geschädigt
worden seien. Ein Wertzuwachs könne auch nicht erfolgt sein^
da sie höchstwahrscheinlich durch den Verkauf große Wertverluste
erleiden würden. Unter diesen Umständen hätten sie, von der
Einziehung der Wertzuwachssteuer abzusehen.
In der Ausschußsitzung hob der Herr Magistratsvertreter hervor,
daß die Wertzuwachssteuer für beide Petenten bereits ermäßigt wäre.
Es sei anzunehmen, daß die Zcnsiten den Klageweg beschreiten würden,
und daß das Verfahren sich noch monatelang hinziehen könnte. Es
bliebe daher entweder die Möglichkeit, solange zu vertagen, bis der
Rechtsweg erschöpft wäre, oder man müsse heute, salls eine endgültige
Entscheidung über die Petstion gefällt werden sollte, in eine eingehende
Besprechung des Petitums eintreten. Für diesen Fall wolle er nur
noch bemerken, daß die Steuerdeputation den Petenten auf ihr Steuer
besreiungsgesuch geantwortet hätte, daß sie bei Hinterlegung der Summe
in Wertpapieren von der Einziehung Abstand nehmen wolle. Die zu
diesem Zweck von den Petenten hinterlegten Papiere hätten der Deputation
jedoch so ungünstig geschienen, daß sie diese zurückweisen mußten.
Von mehreren Ausschußmitgliedern wurde der Standpunkt oer
treten, daß den Petenten, welche sich hohen Ansehens erfreuten, in
ihrer traurigen Lage entschieden Billigkeilsgründe zur Seite ständen,
und daß es deshalb empfehlenswert wäre, ihr Gesuch dem Magistrat
zur Erwägung zu überweisen.
Hierzu bemerkte der Herr Magiftratsvertreter, daß das Zu
geständnis von Billigkeitsgründen in derartigen Fällen für die Stadl
gemeinde mit recht unangenehmen Folgeerscheinungen verknüpft sein
könnte. Der Standpunkt der Steuerdeputation wäre ini Interesse der
Stadr hierbei, eine gewisse Strenge walten zu lassen, weil sonst wohl
in sehr vielen Fällen Versuche erfolgen würden, keine Steuern zu
zahlen bezw. von der Steuerzahlung befreit zu werden. Er bäte über
die Petition zur Tagesordnung überzugehen.
Von anderer Seite sprach man sich gegen den Vertagungsantrag
aus und hielt es für richtiger, auf die vorliegende Petition gleich ;u
entscheiden.
Die Mehrzahl der Ausschußmitglieder neigte ebenfalls zu dieser
Ansicht.
Bei der hieraus vorgenommenen Abstimmung beschloß der Aus
schuß, die Petition dem Magistrat zur Erwägung zu überweisen.
Berichterstatter: Stadtverordneter vr. Ritter.
IV.
Uebcrweisung an den Magistrat als Material.
9. (Pet.-J.-Njr. 11/12) Petition der ständigen wissenschaft
lichen Mitglieder des städtischen Untersuchungsamts um
anderweite Regelung ihrer Bezüge.
In ihrer Eingabe an die Stadtverordnetenversammlung vom
31. Januar 1912 weisen die Antragsteller darauf hin, daß der
Magistrat in der Begründung seiner Vorlage, betreffend die Neu
fcstsetzung der Besoldungsordnung der städtischen Beamten und
Bediensteten vom 11. April 1909 den Grundsatz vertreten habe,
zur Heranziehung eines guten Personals und zur Vermeidung
von Unzufriedenheit müßten die Bezüge der städtischen Beamten re.
derart bemessen sein, daß sie deni Gehalt und WohnuUgsgeld
der Staatsbeamten gleicher Vorbildung und Stellung gleich
kämen. Dieser Grundsatz der Gehaltsbemcssung sei aber bei dem
ständigen wissenschaftlichen Personal des städtischen Untersuchung:
amtes nicht zur Anwendung gekommen. Nach den von ihnen
angestellten Vergleichen bestände ein erhebliches Mißverhältnis
zwischen ihnen und den Beamten gleicher Stellung und gleicher
Vorbildung im Staatsdienst. Die Erhöhung des Ansangsgchalt
von 3000 .G auf 3300 .U, welche vor einigen Jahren erfolgt
sei, habe an den ungünstigen Verhältnissen nichts wesentliche:
verändert. Ihr Gesuch an den Magistrat um Ausgleich der
Verhältnisse sei im Dezember 1911 mit der Begründung ab
gelehnt worden, daß die Einkommensverhältnisse der Petenten erst
im Jahre 1909 neu geregelt wären und daß ein Bedürfnis nach
einer abermaligen Revision noch nicht vorhanden zu sein scheine.
Da der Magistrat in seinem Bescheide aber nach Ansicht der
Petenten den wesentlichsten Punkt ihrer Eingabe, daß nämlich
die neue Regelung vom Jahre 1909 den vom Magistrat selbst
aufgeführten Grundsätzen nicht entspreche, unberücksichtigt gelaffen
habe, wenden sich die Petenten an die Stadtverordnetenversamm
lang mit der Bitte, ihre GehaltSverhältnissc derart zu regeln,
daß sie denen der vergleichbaren Staatsbeamten entsprächen.
Im Ausschuß äußerte sich ein Teil der Mitglieder dahin, daß
die Bitten der Antragsteller, wenn man die Bedingungen, welche sie
bis zur Erlangung ihrer Stellung zu erfüllen gehabt hätten, betrachte,
wohl durchaus nicht völlig als ungerechtfertigt angesehen werden könne.
Da der Herr Magistratsvertreter hierzu bemerkte, daß die Wünsche
der Petenten bei der demnächst stattfindenden Gehaltsaufbesserung
Berücksichtigung finden würden, daß jetzt aber das Herausgreifen der
Besoldungsverhältnisse einer bestimmten Beamtengruppe nicht angängig
erschiene, beschloß der Ausschuß, die Petition dem Magistrat a l s
Material zu überweisen.
Berichterstatter: Sradlverordneter vr. Ritter.