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bei ihrer Anstellung nicht zugelegt worden und hätten diese daher auch
kein Recht auf Zuwendung der Zulage. Als nach der Debatte hier
über im Ausschuß der Herr Magistratsvertreter bemerkte, daß bei der
allgemein demnächst stattfindenden Neuregelung der Gehälter auch die
materielle Lage der Petenten gebührend berücksichtigt werden würde,
beschloß der Ausschuß, der Versammlung Uebergang zur Tages
ordnung zu empfehlen.
6. (P.-J.-Nr. 91/11) Petition des Justizrats Leyserson,
Zimmerstraße 5, um Rückzahlung von 300 M Gemeinde-
einkommensteuer.
Der Petent führt aus, daß er für das Steuerjahr 1909/10
vom Magistrat Berlin zu einer Gemeindeeinkommensteuer von
960 M veranlagt worden sei. Diese Veranlagung wäre jedoch
eine zu hohe gewesen und dadurch hervorgerufen worden, daß
man das dem Bittsteller aus den beiden Gemeinden Berlin und
Charlottenburg zufließende Einkommen aus Grundbesitz ganz
herangezogen hätte, während man auf Grund der Entscheidung
des Oberverwaltungsgerichts voni 22. Dezember 1908 dies nur
hätte proportional tun dürfen. Im weiteren Verlauf legt der
Petent rechnerisch dar, daß deshalb 300 M> Steuern zu viel
von ihm erhoben wären.- Allerdings habe er festgestellt, daß
dem Magistrat Berlin insofern keine Schuld träfe, als es bei
der Veranlagung nicht bekannt geworden war, daß es sich auch
um Einkommen aus Charlottenburger Grundbesitz handele. Es
wurde vielmehr angenommen, daß lediglich Berliner Einkommen
in Frage stehe. Erst nachträglich habe der Petent die Un
richtigkeit der Veranlagung wahrgenommen und zwar zu spät,
da die Einspruchsfrist abgelaufen war. Zu diesem Zeitpunkt
wäre ihm auch erst seitens des Charlottenburger Magistrats
eine Zuschrift zugegangen, durch welche das Einkommen aus
Charlottenburger Grundbesitz auf 9 308 M angenommen und
Petent zu dem Steuersätze von 276 M herangezogen worden sei.
Der Bittsteller führt dann weiter aus, daß er mit seinem Ein
spruch zurückgewiesen worden sei. Mus dem zurückweisenden
Bescheide aber stellte er erst fest, daß er von der Stadt Berlin
um die anfangs genannte Summe zu hoch eingeschätzt war. Da
seine Bemühungen auf dem Klagewege erfolglos gewesen seien,
bittet er zum Schluß seines Petitums ihm einen günstigen Be
scheid zukommen lassen zu wollen.
Bei der Beratung im Ausschuß machte man darauf aufmerksam,
daß jemand, der so hohes Einkommen aus verschieden belegenen Grund
besitz bezöge, auch wissen müsse, wie die Steuern verteilt würden.
Da einerseits der Petent alle nur möglichen Rechtsmitel zu erschöpfen
versucht hätte, andererseits aber eine Notlage kaum vorzuliegen scheine,
empfehle er Uebergang zur Tagesordnung.
Nachdem sich auch der Herr Magistratsvertreter in diesem Sinne
geäußert hatte, beschloß der Ausschuß sich dem Antrage anzuschließen.
7. (P.-J.-Nr. 84/11) Petition des Hoflieferanten F.A. Schu
mann, Leipziger Straße 107, wegen Einspruch gegen die
Veranlagung zur Warenhaussteuer.
Der Verfasser ist deswegen zur Warenhaussteuer herange
zogen worden, weil er — wie er angibt — ohne jede böse Ab
sicht einen Posten Bronzefiguren im November v. Js. im Werte
von 3 000 M eingekauft hatte und von diesem Posten für zirka
100 M, verkauft habe. Da Bittsteller in seinem Geschäft Figuren
aus Porzellan, Fayence usw. von allen Fabriken der Welt führe,
so sei in ihm auch nicht der geringste Zweifel aufgestiegen, daß
er ebenso Figuren aus Bronze führen und verkaufen dürfe. Er
sei völlig überrascht worden, als er später erfahren habe, daß die
Führung der Bronzesiguren gegen das Warenhaussteuergesetz ver
stoße. In der heutigen schweren Erwerbszeit, so bemerkte der
Petent weiter, in der der Kausmannsstand schon mit allen mög
lichen Lasten bedacht sei, entspräche es doch dem Recht- und
Billigkeitsgefühl besondere Verluste von den Gewerbetreibenden
fern zu halten. Aus diesem Grunde bäte er um eine wohl
wollende Erwägung.
Im Ausschuß wies der Herr Magistratsvertreter darauf hin, daß
offenbar gegen die Bestimmungen des Warenhaussteuergesetzes verstoßen
worden sei. Die Firma sei ein Porzellangeschäft und dessen Inhaber
müßte eben wissen, daß er nicht andere Artikel verkaufen dürfe ohne
gegen das genannte Gesetz zu verstoßen. Es wäre wohl nicht zu be
zweifeln, daß der Petent die Bronzewaren eingekauft hätte, in der Ab
sicht, sie weiter zu verkaufen.
Nachdem auch mehrere Mitglieder nach Darlegung der Sachlage
die rechtlichen und tatsächlichen Gründe für vorliegend erachteten, welche
den Uebergang zur Tagesordnung rechtfertigten, beschloß der Aus
schuß einstimmig dementsprechend.
8. (P.-J.-Nr. 12/12) Petition des Kürschners Richard Koch,
Brüsseler Straße 53 um Rückzahlung von Hundesteuer^
Der Petent hatte an den Magistrat die Bitte gerichtet, ihn
von der Zahlung einer Hundesteuer zu befreien, weil er nie
Eigentümer eines Hundes gewesen wäre. >Da^er hierauf vom
Magistrat einen ablehnenden Bescheid erhalten hatte, wandte er
sich an die Versammlung mit der Bitte, ihm die von ihm durch
Kürzung seines Wochenlohnes eingezogene Steuer zurück zu er
statten. Zur Begründung führte er folgendes an: Vom 5. bis
15. Oktober sei ihm von einer Frau ein Hund in Pflege gegeben
worden. Die betreffende Frau — die Eigentümerin des Hundes —
sei in ein Krankenhaus gekommen und da sie länger als 8 Tage
dort blieb, hätte,der Bittsteller sich veranlaßt gesehen, den be
treffenden Hund vergiften zu lassen. Er habe sofort den Giftschein der
städtischen Steuerdeputation übersandt. Zu seiner unangenehmen
Ueberraschung wurde jedoch ein Zahlungsverbot gegen ihn er
lassen, auf Grund dessen ihm sein Chef Lohnabzüge machen
mußte. Trotz seines Einspruches wäre eine Rückgängigmachung
dieser Verfügung nicht zu erwirken gewesen und so seien ihm
wöchentlich 10 J6 Lohn abgezogen worden. Er habe nur der
betreffenden Eigentümerin des Hundes mit der kurzen Ver
pflegung des letzteren einen Gefallen erweisen wollen. Aus
diesem Grunde bäte er, ihm die Steuer zurückzuzahlen und
. dieselbe von der Eigentümerin des Hundes einzuziehen.
Von einer Seite im Ausschuß wurde hierzu bemerkt, daß das
Verlangen des Petenten, der allem Anschein nach zu Unrecht geschädigt
worden sei, einmal in den, Ansehen seinem Brotherrn gegenüber,
andererseits durch die tatsächlich erfolgten Lohnabzüge, billig erscheine.
Er beantrage daher Ueberweisung der Petition an den Magistrat zur
Berücksichtigung.
Der Herr Magistratsvertreter legte jedoch dar, daß nach amtlichen
Ermittelungen der Petent mit der mehrfach erwähnten Frau, der an
geblichen Eigentümerin des Hundes, eine gemeinsame Wohnung, dessen
Haushaltungsvorstand der Bittsteller wäre, habe bezw. gehabt hätte.
Als Haushaltungsoorstand sei er für die rechtmäßige Versteuerung des
Hundes haftbar gemacht worden und es erscheine durchaus dem Gesetz
entsprechend, wenn von dem Petenten die Steuer eingefordert sei. Es
läge kein Grund vor, dem Gesuchsteller die Steuer zurückzuerstatten.
Im übrigen sei noch zu bemerken, daß der betreffende Hund zwar
eine Steuermarke getragen habe. Diese habe aber, wie die nähere
Prüfung ergab, einem anderen Hundcbesitzer, dem sie abhanden ge
kommen wäre, gehört. Auf Grund dieser Darlegungen beantragte man
aus der Mitte des Ausschusses heraus Uebergang zur Tages
ordnung.
Hierfür entschied sich in der hierauf vorgenommenen Abstimmung
die Mehrheit des Ausschusses.
9. (P.-J.-Nr. 60/11) Petition des Gärtners Wilhelm Kägler,
Kurfürstenstraße 7 um Abhilfe gegen die polizeilichen
Maßnahmen bei seinem Straßenhandel mit Blumen.
Bereits in einer früheren Petition hatte der Petent angegeben,
daß er einen Blumenhandel auf der Straße betreibe. Dieser
werde ihm aber durch die Polizei außerordentlich erschwert. Er
erhalte, sowie er seinen Blumenkorb absetze, sofort Anzeigen und
komme infolgedessen vom Gericht kaum fort. Seinen Konkurrenten
dagegen geschähe nichts. Da seine Beschwerden an das Polizei
präsidium und den Herrn Minister erfolglos geblieben wären,
wende er sich an die Versammlung mit der Bitte um Abhilfe.
Bereits in der Sitzung vom 5. Dezember 1911 war Uebergang
zur Tagesordnung und die Erteilung eines Bescheides an
den Petenten dahingehend beschlossen worden, daß die städtischen
Behörden nicht in der Lage seien, ihrerseits die verlangte Abhilfe
zu bewirken. Gegen diesen Beschluß hatte der Petent Wider
spruch angemeldet. Es war deshalb die Petition durch Beschluß
der Versammlung vom 21. Dezember 1911 — Protokoll 43 —
den Petitionsausschuß zur Berichterstattung zurückverwiesen
worden. In der heutigen Sitzung sah sich der Ausschuß eben
falls nicht in der Lage, Berücksichtigung des Petitnms empfehlen
zu können, da der Versammlung gegen die richterliche rechts
kräftigen Strafen das Recht der Einwendungen nicht zustehe.
Der Ausschuß beschloß daher auch in der heutigen Sitzung Ueber
gang zur Tagesordnung und die Erteilung einer Antwort an den
Petenten dahingehend, daß der Versammlung gegen gerichtliche Strafen
Einwendungen nicht zustehen,
Berichterstatter: Stadtverordneter vr. Ritter.
10. (P.-J.-Nr. 5/12) Petition des ehemaligen Krankenpflegers
und Nachtportiers N. N. in Lichtenberg, Pfarrstraße 75,
um Wiedereinstellung in den städtischen Dienst
Bereits in einem früheren Petitum war der Verfasser beim
Magistrat dahin vorstellig geworben, ihm eine Unterstützung zu
zahlen oder ihn wieder im städtischen Dienst zu beschäftigen.
Er sei Jrrenwärter in der städtischen Anstalt Wuhlgarten ge
wesen und sei in Ausübung seines Dienstes dadurch verunglückt^
daß er von einem Kranken einen heftigen Fußtritt gegen den
Unterleib erhalten habe. Damals erklärte der Herr Magistrals-
vertre.er bei der Besprechung des Petitums, daß der Magistrat
den Versuch gemacht hätte, den Petenten nach dem Unfall wieder
im städtischen Dienst und zwar als Pförtner zu beschäftigen.
Der Bittsteller hätte sich jedoch gänzlich unzuverlässig gezeigt,