Path:
Volume No. 19 (193-208), 1912/03/09

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1912 (Public Domain)

210 
bei ihrer Anstellung nicht zugelegt worden und hätten diese daher auch 
kein Recht auf Zuwendung der Zulage. Als nach der Debatte hier 
über im Ausschuß der Herr Magistratsvertreter bemerkte, daß bei der 
allgemein demnächst stattfindenden Neuregelung der Gehälter auch die 
materielle Lage der Petenten gebührend berücksichtigt werden würde, 
beschloß der Ausschuß, der Versammlung Uebergang zur Tages 
ordnung zu empfehlen. 
6. (P.-J.-Nr. 91/11) Petition des Justizrats Leyserson, 
Zimmerstraße 5, um Rückzahlung von 300 M Gemeinde- 
einkommensteuer. 
Der Petent führt aus, daß er für das Steuerjahr 1909/10 
vom Magistrat Berlin zu einer Gemeindeeinkommensteuer von 
960 M veranlagt worden sei. Diese Veranlagung wäre jedoch 
eine zu hohe gewesen und dadurch hervorgerufen worden, daß 
man das dem Bittsteller aus den beiden Gemeinden Berlin und 
Charlottenburg zufließende Einkommen aus Grundbesitz ganz 
herangezogen hätte, während man auf Grund der Entscheidung 
des Oberverwaltungsgerichts voni 22. Dezember 1908 dies nur 
hätte proportional tun dürfen. Im weiteren Verlauf legt der 
Petent rechnerisch dar, daß deshalb 300 M> Steuern zu viel 
von ihm erhoben wären.- Allerdings habe er festgestellt, daß 
dem Magistrat Berlin insofern keine Schuld träfe, als es bei 
der Veranlagung nicht bekannt geworden war, daß es sich auch 
um Einkommen aus Charlottenburger Grundbesitz handele. Es 
wurde vielmehr angenommen, daß lediglich Berliner Einkommen 
in Frage stehe. Erst nachträglich habe der Petent die Un 
richtigkeit der Veranlagung wahrgenommen und zwar zu spät, 
da die Einspruchsfrist abgelaufen war. Zu diesem Zeitpunkt 
wäre ihm auch erst seitens des Charlottenburger Magistrats 
eine Zuschrift zugegangen, durch welche das Einkommen aus 
Charlottenburger Grundbesitz auf 9 308 M angenommen und 
Petent zu dem Steuersätze von 276 M herangezogen worden sei. 
Der Bittsteller führt dann weiter aus, daß er mit seinem Ein 
spruch zurückgewiesen worden sei. Mus dem zurückweisenden 
Bescheide aber stellte er erst fest, daß er von der Stadt Berlin 
um die anfangs genannte Summe zu hoch eingeschätzt war. Da 
seine Bemühungen auf dem Klagewege erfolglos gewesen seien, 
bittet er zum Schluß seines Petitums ihm einen günstigen Be 
scheid zukommen lassen zu wollen. 
Bei der Beratung im Ausschuß machte man darauf aufmerksam, 
daß jemand, der so hohes Einkommen aus verschieden belegenen Grund 
besitz bezöge, auch wissen müsse, wie die Steuern verteilt würden. 
Da einerseits der Petent alle nur möglichen Rechtsmitel zu erschöpfen 
versucht hätte, andererseits aber eine Notlage kaum vorzuliegen scheine, 
empfehle er Uebergang zur Tagesordnung. 
Nachdem sich auch der Herr Magistratsvertreter in diesem Sinne 
geäußert hatte, beschloß der Ausschuß sich dem Antrage anzuschließen. 
7. (P.-J.-Nr. 84/11) Petition des Hoflieferanten F.A. Schu 
mann, Leipziger Straße 107, wegen Einspruch gegen die 
Veranlagung zur Warenhaussteuer. 
Der Verfasser ist deswegen zur Warenhaussteuer herange 
zogen worden, weil er — wie er angibt — ohne jede böse Ab 
sicht einen Posten Bronzefiguren im November v. Js. im Werte 
von 3 000 M eingekauft hatte und von diesem Posten für zirka 
100 M, verkauft habe. Da Bittsteller in seinem Geschäft Figuren 
aus Porzellan, Fayence usw. von allen Fabriken der Welt führe, 
so sei in ihm auch nicht der geringste Zweifel aufgestiegen, daß 
er ebenso Figuren aus Bronze führen und verkaufen dürfe. Er 
sei völlig überrascht worden, als er später erfahren habe, daß die 
Führung der Bronzesiguren gegen das Warenhaussteuergesetz ver 
stoße. In der heutigen schweren Erwerbszeit, so bemerkte der 
Petent weiter, in der der Kausmannsstand schon mit allen mög 
lichen Lasten bedacht sei, entspräche es doch dem Recht- und 
Billigkeitsgefühl besondere Verluste von den Gewerbetreibenden 
fern zu halten. Aus diesem Grunde bäte er um eine wohl 
wollende Erwägung. 
Im Ausschuß wies der Herr Magistratsvertreter darauf hin, daß 
offenbar gegen die Bestimmungen des Warenhaussteuergesetzes verstoßen 
worden sei. Die Firma sei ein Porzellangeschäft und dessen Inhaber 
müßte eben wissen, daß er nicht andere Artikel verkaufen dürfe ohne 
gegen das genannte Gesetz zu verstoßen. Es wäre wohl nicht zu be 
zweifeln, daß der Petent die Bronzewaren eingekauft hätte, in der Ab 
sicht, sie weiter zu verkaufen. 
Nachdem auch mehrere Mitglieder nach Darlegung der Sachlage 
die rechtlichen und tatsächlichen Gründe für vorliegend erachteten, welche 
den Uebergang zur Tagesordnung rechtfertigten, beschloß der Aus 
schuß einstimmig dementsprechend. 
8. (P.-J.-Nr. 12/12) Petition des Kürschners Richard Koch, 
Brüsseler Straße 53 um Rückzahlung von Hundesteuer^ 
Der Petent hatte an den Magistrat die Bitte gerichtet, ihn 
von der Zahlung einer Hundesteuer zu befreien, weil er nie 
Eigentümer eines Hundes gewesen wäre. >Da^er hierauf vom 
Magistrat einen ablehnenden Bescheid erhalten hatte, wandte er 
sich an die Versammlung mit der Bitte, ihm die von ihm durch 
Kürzung seines Wochenlohnes eingezogene Steuer zurück zu er 
statten. Zur Begründung führte er folgendes an: Vom 5. bis 
15. Oktober sei ihm von einer Frau ein Hund in Pflege gegeben 
worden. Die betreffende Frau — die Eigentümerin des Hundes — 
sei in ein Krankenhaus gekommen und da sie länger als 8 Tage 
dort blieb, hätte,der Bittsteller sich veranlaßt gesehen, den be 
treffenden Hund vergiften zu lassen. Er habe sofort den Giftschein der 
städtischen Steuerdeputation übersandt. Zu seiner unangenehmen 
Ueberraschung wurde jedoch ein Zahlungsverbot gegen ihn er 
lassen, auf Grund dessen ihm sein Chef Lohnabzüge machen 
mußte. Trotz seines Einspruches wäre eine Rückgängigmachung 
dieser Verfügung nicht zu erwirken gewesen und so seien ihm 
wöchentlich 10 J6 Lohn abgezogen worden. Er habe nur der 
betreffenden Eigentümerin des Hundes mit der kurzen Ver 
pflegung des letzteren einen Gefallen erweisen wollen. Aus 
diesem Grunde bäte er, ihm die Steuer zurückzuzahlen und 
. dieselbe von der Eigentümerin des Hundes einzuziehen. 
Von einer Seite im Ausschuß wurde hierzu bemerkt, daß das 
Verlangen des Petenten, der allem Anschein nach zu Unrecht geschädigt 
worden sei, einmal in den, Ansehen seinem Brotherrn gegenüber, 
andererseits durch die tatsächlich erfolgten Lohnabzüge, billig erscheine. 
Er beantrage daher Ueberweisung der Petition an den Magistrat zur 
Berücksichtigung. 
Der Herr Magistratsvertreter legte jedoch dar, daß nach amtlichen 
Ermittelungen der Petent mit der mehrfach erwähnten Frau, der an 
geblichen Eigentümerin des Hundes, eine gemeinsame Wohnung, dessen 
Haushaltungsvorstand der Bittsteller wäre, habe bezw. gehabt hätte. 
Als Haushaltungsoorstand sei er für die rechtmäßige Versteuerung des 
Hundes haftbar gemacht worden und es erscheine durchaus dem Gesetz 
entsprechend, wenn von dem Petenten die Steuer eingefordert sei. Es 
läge kein Grund vor, dem Gesuchsteller die Steuer zurückzuerstatten. 
Im übrigen sei noch zu bemerken, daß der betreffende Hund zwar 
eine Steuermarke getragen habe. Diese habe aber, wie die nähere 
Prüfung ergab, einem anderen Hundcbesitzer, dem sie abhanden ge 
kommen wäre, gehört. Auf Grund dieser Darlegungen beantragte man 
aus der Mitte des Ausschusses heraus Uebergang zur Tages 
ordnung. 
Hierfür entschied sich in der hierauf vorgenommenen Abstimmung 
die Mehrheit des Ausschusses. 
9. (P.-J.-Nr. 60/11) Petition des Gärtners Wilhelm Kägler, 
Kurfürstenstraße 7 um Abhilfe gegen die polizeilichen 
Maßnahmen bei seinem Straßenhandel mit Blumen. 
Bereits in einer früheren Petition hatte der Petent angegeben, 
daß er einen Blumenhandel auf der Straße betreibe. Dieser 
werde ihm aber durch die Polizei außerordentlich erschwert. Er 
erhalte, sowie er seinen Blumenkorb absetze, sofort Anzeigen und 
komme infolgedessen vom Gericht kaum fort. Seinen Konkurrenten 
dagegen geschähe nichts. Da seine Beschwerden an das Polizei 
präsidium und den Herrn Minister erfolglos geblieben wären, 
wende er sich an die Versammlung mit der Bitte um Abhilfe. 
Bereits in der Sitzung vom 5. Dezember 1911 war Uebergang 
zur Tagesordnung und die Erteilung eines Bescheides an 
den Petenten dahingehend beschlossen worden, daß die städtischen 
Behörden nicht in der Lage seien, ihrerseits die verlangte Abhilfe 
zu bewirken. Gegen diesen Beschluß hatte der Petent Wider 
spruch angemeldet. Es war deshalb die Petition durch Beschluß 
der Versammlung vom 21. Dezember 1911 — Protokoll 43 — 
den Petitionsausschuß zur Berichterstattung zurückverwiesen 
worden. In der heutigen Sitzung sah sich der Ausschuß eben 
falls nicht in der Lage, Berücksichtigung des Petitnms empfehlen 
zu können, da der Versammlung gegen die richterliche rechts 
kräftigen Strafen das Recht der Einwendungen nicht zustehe. 
Der Ausschuß beschloß daher auch in der heutigen Sitzung Ueber 
gang zur Tagesordnung und die Erteilung einer Antwort an den 
Petenten dahingehend, daß der Versammlung gegen gerichtliche Strafen 
Einwendungen nicht zustehen, 
Berichterstatter: Stadtverordneter vr. Ritter. 
10. (P.-J.-Nr. 5/12) Petition des ehemaligen Krankenpflegers 
und Nachtportiers N. N. in Lichtenberg, Pfarrstraße 75, 
um Wiedereinstellung in den städtischen Dienst 
Bereits in einem früheren Petitum war der Verfasser beim 
Magistrat dahin vorstellig geworben, ihm eine Unterstützung zu 
zahlen oder ihn wieder im städtischen Dienst zu beschäftigen. 
Er sei Jrrenwärter in der städtischen Anstalt Wuhlgarten ge 
wesen und sei in Ausübung seines Dienstes dadurch verunglückt^ 
daß er von einem Kranken einen heftigen Fußtritt gegen den 
Unterleib erhalten habe. Damals erklärte der Herr Magistrals- 
vertre.er bei der Besprechung des Petitums, daß der Magistrat 
den Versuch gemacht hätte, den Petenten nach dem Unfall wieder 
im städtischen Dienst und zwar als Pförtner zu beschäftigen. 
Der Bittsteller hätte sich jedoch gänzlich unzuverlässig gezeigt,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.