71
2. in der Niederschrift über die Verhandlungen im Ministerium
der öffentlichen Arbeiten vom 16. April 1909 niedergelegt sind.
Die Querschnitte für die Ufermauer mit eingebautem Entlastungs-
kanal wurden dem von der Ministerialbaukommission aufgestellten
Vorentwurfe für den Bau der rechtseitigen Ufermauer der Spree
zwischen der Friedrichsbrücke und der Ueberfahrtsgaffe entnommen
(siehe Profil A und B).
Der von der Neuen Friedrichstraße kommende Notauslaß ist im
schlanken Bogen an die Spree heran- und dann in der Ufermauer,
welche sich in nördlicher Richtung an die Friedrichsbrücke anschließt,
weitergeführt.
An der genannten Brücke erhält der Notauslaß eine unter 38°
gegen die Stromrichtung geneigte Ausmündung in die Spree in Form
eines Ueberfallwehres mit 3 Oeffnungen von je 3,so m Weite. Seine
Ueberfallfchwelle ist auf -+• 31,oo N.N., das ist 2,is m über der Sohle,
angeordnet, während die vierte 2,io m breite Oeffnung als vorläufige
Ausmündung bis auf die Kanalsohle herabgeführt ist.
Bei dem Weiterbau der Ufermauer wird diese Oeffnung in voller
Höhe geschlossen, da der Ueberfall an der Friedrichsbrücke späterhin
nur bei stärkeren Regengüssen in Tätigkeit treten soll, und zwar wenn
der Notauslaß mehr als 5,8 Sekunden - Kubikmeter abführt. Diese
Wassermenge wird durch den Entlastungskanal in der neuen Ufermauer erst
am Zirkus Busch in die Spree geleitet, wodurch erreicht wird, daß das am
stärksten verunreinigte Wasser an einer schmaleren Stelle in die Spree
fließt, woselbst der Fluß eine größere Geschwindigkeit als dicht unter
halb der Friedrichsbrücke hat. Etwa 100 m unterhalb der Friedrichs
brücke münden zwei alte im fiskalischen Gelände liegende Notaus
lässe in die Spree, von denen der eine im Zuge des alten Königs
grabens unter der Stadtbahn liegt und der andere vom Hackeschen
Markt durch die Neue Promenade geführt ist.
Bei der Verhandlung am 15. April 1909 wurde betont, daß
diese beiden Notausläffe seinerzeit nur widerruflich genehmigt seien
und auf Verlangen entfernt werden müßten. Sie sollen deshalb in
Station 5 + 9,25 bezw. in Station 6 -s- 4,o abgebrochen und nach
ihrer Vereinigung parallel zur neuen fiskalischen Bauflucht in den
Entlastungskanal der Ufermauer eingeführt werden.
Der Querschnitt dieser Kanalstrecke (s. Profil C) ist ebenso wie
das Profil A in der Ufermauer 2,is m hoch und 2,eo m breit und
seine Leistungsfähigkeit beträgt bei Spreehochwasser 8,3k Sekunden-
Kubikmeter, welche Wassermenge dem Notauslaß von dem gefüllten
Hauptnotauslaß des Radialsystems XI bei der Kreuzung in der
Rochstraße zugewiesen wird.
Der an das Ueberfallbauwerk anschließende für 5,5 Sekunden-
Kubikmeter berechnete Teil des Entlastungskanals (Profil B) hat bei
2,13 m Höhe eine Breite von 2 m, die nach der Zusammenführung
mit den vereinigten Notauslässen aus 2,so m (Profil A) vergrößert wird.
Der Entlastungskanal ist späterhin bis zur Ueberfahrtsgaffe zu
verlängern, sobald nach der Ansicht des Herrn Polizeipräsidenten
durch die Ausmündung am Zirkus Busch Mißslände entstehen sollten.
Berlin, im Januar 1910.
I. V.:
gez. Meier.
Geprüft.
Berlin, im Januar 1910.
Der Stadtbaurat.
gez. Krause, Geheimer Baurat.
8«. Borlage (J.-Nr. 11191 Olrck. 09) — zur Beschlust-
faffung — über einen mit den Separationsinter-
effenten der ehemaligen Kauf- und Hauswiesen vor
dem Frankfurter und Stralauer Tore abzuschließenden
Bertrag.
Ueber die vor dem Frankfurter und Stralauer Tore belegenen
Wiesen, die sogenannten Kauf- und Hauswiesen, ist am 4. April 1865
und 18. Dezember 1867 ein Rezeß geschlossen worden, in dem
nähere Bestimmungen über die öffentlichen Anlagen (Wege, Gräben.
Brücken) getroffen worden sind; es sollten die in den Plänen 38—46
befindlichen öffentlichen Anlagen der Stadtgemeinde Berlin zur Unter
haltung zufallen, die übrigen Wege, Gräben und Brücken sollten in
der Unterhaltung der Separationsinteressentcn bleiben und zwar so
lange, bis die einzelnen Wege zu öffentlichen Straßen erklärt wären.
Die Pläne 38 —46 umfaßten das südlich der Niederschlesisch-Märkischen
Eisenbahn liegende Gelände, so daß die Eisenbahn die Grenze zwischen
dem Unterhaltungsgebiet der Stadtgemeinde und dem der Separations-
interessenteu bildete.
Die Wege der Gräben sind im Laufe der Jahrzehnte mannig
fachen Veränderungen unterworfen worden. Auf dem Gelände süd
lich der Eisenbahn sind neue Straßen teilweise ohne Inanspruchnahme
von altem Wegeland angelegt und es ist dafür Wegeland, das als
solches nicht mehr gebraucht wurde, eingezogen worden. Teilweise
hat die Stadtgemeinde über dies Land verfügt, teilweise haben aber
sowohl südlich wie nördlich der Eisenbahn Anlieger — auch die
Königliche Eisenbahnverwaltung — ohne Rechtsgrund das nicht mehr
als Wege oder Gräben benutzte Land in Anspruch genommen. Die
Separationsinteressenten, für die von der Königlichen General
kommission ein besonderer Vertreter eingesetzt worden ist, bestreiten
der Stadtgemeinde das Recht, über die südlich der Eisenbahn liegenden,
nicht mehr als Wegeland dienenden Parzellen zu verfügen. Eine
Verständigung mit den Separationsinteressentcn ist aber für die Stadt-
gemeinde durchaus notwendig, weil nur auf diese Weise das Grund
buch und das Kataster mit den tatsächlichen Verhältnissen in Ueber
einstimmung gebracht werden, ohne die Regulierung des Grundbuchs
aber wiederum über das große städtische Gelände an der Hohenlohe-,
Goßler-, Bosse- und Persiusstraße nicht grundbuchlich verfügt werden
kann.
Außer der Stadtgemeinde haben aber auch die Separations
interessentcn den Wunsch, die Verhältnisse zu klären. Sie beab-
fichtigen, sich dabei von der Unterhaltungslast derjenigen nördlich der
Eisenbahn liegenden Separationswege zu befreien, deren Unterhaltung
ihnen bis zu dem Zeitpunkt, in dem die Wege öffentliche Straßen
werden, nach dem Rezesse obliegt. Dieser Zeitpunkt ist mit Sicherheit
nicht zu bestimmen, dürfte aber bei der Entwicklung, die jene Gegend
in den letzten Jahren genommen hat, nicht mehr fern liegen. Die
Simon Dach-Straße ist vollständig reguliert, die Revaler Straße zum
Teil, die Regulierung der Simplonstratze ist nahezu beendet; im
Jahre 1909 ist die Dirschauer Straße von einer Gesellschaft reguliert
worden, es handelt sich nun noch um etwa 1000 m Slraßenlänge,
deren Unterhaltung etwa 500 M im Jahre kosten wird. Die Länge
der noch nicht hergestellten Straßen wird sich naturgemäß von Jahr
zu Jahr verringern, weil immer weitere Straßen reguliert werden
und damit aus der Unterhaltung der Separationsintcressenten aus
scheiden.
Es ist nun nach mehrjährigen Verhandlungen ein Vertrag mit
den Separationsinteressenten vereinbart worden, der die Aussicht hat,
von der Generalkommission genehmigt zu werden. Hiernach sollen
die Separationsinteressen ihr gesamtes aus dem Rezeß entstandenes
gemeinschaftliches Vermögen und die Rückforderungsrechte oder Ersatz-
anspräche für die widerrechtlich in fremden Besitz übergegangenen
Wege und Gräben an die Stadtgemeinde übertragen; diese über
nimmt dafür die Unterhaltung der Wege und Gräben und die Haftung
für etwaige sonstige Verpflichtung der Separationsinteressenten aus
dem Rezeß und trägt die Kosten nebst Stempel und Steuer.
Da sonstige Verpflichtungen aus dem Rezeß nicht zu erwarten
sind und die Kosten für die Unterhaltung die Höhe von 500 Jt im
ersten Jahre nicht übersteigen und sich dann vermindern werden,
halten wir im Einverständnis mit der Grundeigcntumsdeputation das
Abkommen für die Stadtgemeinde für vorteilhaft, um so mehr, als die
Ersparnis der Unterhaltungskosten seitens der Separationsinteressenten
der Stadtgemeinde, da sie zu diesen Interessenten gehört, wieder zu
gute kommt.
Wir ersuchen zu beschließen:
Die Versammlung erklärt sich mit dem Abschluß eines Vertrages
mit den Separationsinteressenten der ehemaligen Haus- und Kauf-
wiesen nach Maßgabe der in der Vorlage vom 26. Januar 1910
enthaltenden Bedingungen einverstanden.
Die Kosten des Vertrages fallen dem Grundstückerwerbungsfonds,
die Kosten der Wege- und Gräbenunterhaltung dem Etat der Tief
baudeputation zur Last.
Ein Lageplan und ein Uebersichtsplan liegen bei.
Berlin, den 26. Januar 1910.
Magistrat hiesiger Künigl. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
87. Borlage (J.-Nr. 10410 B. II. 09) - zur Beschlußfassung
betreffend Bergleich mitder Aktiengesellschaft Maschinen
fabrik für Mühlenbau vorm. C. G W. Kappler über
die Entschädigung für die von dem Grundstücke Prinzen-
allee Nr. 73/76 enteigneten und über von dem
städtischen Grundstücke Prinzenalkee 72/7» zu ver
kaufenden Flächen.
Die Stadtverordnetenversammlung hat sich durch die Beschlüsse
vom 15. Mai 1902 — Protokoll 29 — und vom 26. April 1906
— Protokoll 18 — mit der Enteignung zweier auf dem beiliegenden
Lageplane mit gelb und rot bezeichneten Flächen des Grundstücks
Prinzenallee 75/76 von 633 und 1012 cm zur Freilegung der
Christiania- und Travemünder Straße eirverstanden erklärt. Die
Entschädigung für die Fläche von 633 cm wurde vom Königlichen
Polizeipräsidium auf 11055^, für die vom 1012 gm auf 49786 ^5
festgestellt; beide Beträge wurden von der Stadtgemeinde zugunsten
der Eigentümerin der Aktiengesellschaft Maschinenfabrik für Mühlen-
bau vorm E- G. W. Kapler hinterlegt. Die Gesellschaft
hat gegen beide Festfetzungsbeschlüsse den Rechtsweg beschritten
und klagend die Erhöhung der Enteignungsentschädigungen verlangt.
Sie hat ferner Klage erhoben auf Ersatz des Schadens, der ihr
dadurch entstanden sei, daß den 633 gm sowie dem zur Christiania-
straße abgeschnittenen Vorgartenlande — 532 gm — im Jahre 1890