Path:
Volume No. 5 (52-73), 29. Januar 1910

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1910 (Public Domain)

städtischen Bauanlagen Minderkosten in Höhe von zusammen rund 
546 891 Ji erzielt worden feien. Man sei demgegenüber der Meinung, 
daß Ersparnisse bei anderen Bauten mit der hier vorliegenden Ueber- 
schreitung von 367 000 Ji etatsrechtlich keinesfalls in Zusammenhang 
gebracht'werden dürfen. 
Angesichts aller dieser Bedenken und Zweifel muffe man den 
Herrn Magistratsvertreter bitten, dem Ausschuffe an der Hand der 
Kostenanschläge die Ueberschreitung jeder einzelnen Position nachzu- 
weisen und vielleicht sei zu diesem Zwecke ein Unterausschuß zu er 
nennen. Jedenfalls aber bitte man den Herrn Magistratsverlreter, 
heute generell zu sagen, 
wie es möglich gewesen, die reichlich bewilligte Summe von 
447 500 M nicht nur völlig auszugeben, sondern sie noch um 
210400 M zu überschreiten 
ES t und 
wie es möglich gewesen, daß die Stadthauptkasse im Laufe der 
Jahre einen so hohen Betrag ohne Beschluß der Stadtverordneten 
versammlung zahlen konnte. 
Der Herr Sladibaurat erklärte, daß er sämtliche Baurechnungen 
zur Sitzung mitgebracht habe und zeigte an der Hand eines reich- 
haltigen Belogmaterials, mit welcher Sorgfalt in sachlicher und in 
finanzieller Beziehung bei der Ausführung und Einrichtung des Ge 
ländes gearbeitet wurde. Zur Beurteilung der Höhe der bewilligten 
Einrichtnngskosten führte er an, daß bei dem gleichzeitig und mit der 
gleichen Bausumme ausgeführten Landesmuseum in Darmstadt für die 
Einrichtung ein mehr als doppelt so hoher Betrag bewilligt worden sei, 
und daß auch die Hinzurechnung der beim Märkischen Museum ent- 
standenen Mehrkosten die Einrichtung des Museums in Darmstadt 
noch über 200 000 Ji höhere Kosten erfordert habe. 
Der Herr Stadtbaurat führte sodann aus. daß er vor 10 Jahren 
veranlaßt habe, daß bei allen städtischen Bauten Berlins von Viertel 
jahr zu Vierteljahr eingehende Kostenbilanzen angefertigt werden, 
welche den zeitlichen finanziellen Stand während der Bauausführung 
und die voraussichtliche weitere Entwickelung desselben zeigen sollen. 
Er legte diese Bilanzen vom Bau des Märkischen Museums in einem 
starken Bande vor. Sie ergaben, daß während der ersten Jahre 
außer bei der Fundierung mit Ersparnissen gerechnet wurde und erst 
in der letzten Zeit eine stets steigende Ueberschreitung sich bemerkbar 
gemacht hat. Der Herr Smdtbaurat führte weiter aus, daß auf Grund 
der Kostenbilanzen bei anderen Bauten während der Bauausführungen 
eine ganze Reihe von Mehrkostenvorlagen an die städtischen Behörden 
geinacht worden seien, daß aber nach Abschluß der Bauten sich ergeben 
habe, daß die später erzielten Minderkosten höhere waren, als die in 
zwischen bewilligten Mehrkosten. Entsprechend dem Wechsel der 
Aibeits- und Malerialienpreise auf dem Baumarkte ändere sich auch 
das finanzielle Bild bei den Bauten mit den während der Bau 
ausführung erfolgenden weiteren Vergebungen von Bauarbeilen und 
Materialien. Es' sei deshalb sehr schwer, den Zeitpunkt richtig fest 
zustellen, au welchem eine Vorlage an die städtischen Behörden zu 
richten sei. — 
Was nun die Beteiligung der Verwaltung des Märkischen Museums 
bei der Einrichtung desselben angehe, so sei vor Beginn dieser Arbeiten 
nach dieser Richtung eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem 
Kuratorium des Markischen Museums und der Bauverwaltnng ge- 
troffen worden. Der Herr Sladibaurat liest diese Vereinbarung vor 
und zeigt, daß bei der Einrichtung des Museums dieselbe genau 
befolgt worden ist. Der Kostenanschlag für die Einrichtung des 
Museums habe nur überschläglich aufgestellt werden können. Das 
sei auch in der Vorlage ausdrücklich begründet worden. Die bezügliche 
Stelle lautet: 
Das Museum umfaßt etwa 100000 Gegenstände. 
Bei den sehr beschränkten Räumeu, welche dem Museum früher 
zur Verfügung standen, konnte dort nur ein verhältnismäßig 
kleiner Teil der Gegenstände zu einer übersichtlichen Ausstellung 
gebracht werden. Der größere Teil lag in Kisten verpackt. Große 
Gegenstände konnten überhaupt nicht aufgestellt werden, sie waren 
auf Dachböden hiesiger Kirchen, in Kellern und auch auf Stein- 
metzplätzen zumeist ganz unübersichtlich untergebracht. Viele 
Gegenstände wurden aber auch dem Museum erst während 
der Einrichtung desselben zugewandt. 
So fehlte dann auch bei der Aufstellung des Kostenanschlages 
für die innere Einrichtung und die Aufstellung der Sammlungs- 
gegenstände eine zuverlässige Unterlage, es konnten im wesentlichen 
nur überschläglich geschätzte Pauschalbeträge eingesetzt werden. 
Dabei schien aber der Kostenanschlag in Höhe von 447 500 M 
auch der Bauverwaltung ausreichend bemessen zu sein. 
Erst mit der Zeit, bei dem allmählichen Auspacken der 
Sammlungen im Neubau, bei den vielfachen Versuchen, charak- 
teristische Gegenstände auch in einer ihrer Eigenart entsprechenden 
Weise wirkungsvoll zur Aufstellung zu bringen, erst als sich bei 
sehr vielen stark beschädigten Sainmlungsgegenständcn die Not- 
wendigkeit herausstellte, sie niehr oder weniger zu ergänzen, um 
sie überhaupt standfähig zu machen, erst als beider Unterbringung 
der wissenschaftlichen Sammlungen durch mancherlei Versuche 
erprobt werden konnte, wie die verschiedenen Arten von Schränken 
zu konstruieren seien, erst als sich von Monat zu Monat immer 
mehr zeigte, daß ein großer Teil der Dachräume, die letzten Räume 
des Kellers, ein Zwischengeschoß und mehrere Turmgeschosse zur 
Aufstellung von Gegenständen eingerichtet werden mußten, konnte 
man ersehen, daß verschiedene Pauschalsätze zu gering geschätzt 
worden waren. 
Die vielen Ergänzungsarbeiten an den Sammlnngs- 
gegenständen konnten nur unter beständiger Aufsicht im Neubau 
selbst ausgeführt werden. Hierfür waren verschiedene Werkstätten, 
so für Holzschneide-, Steinmetz-, Maler- und Kunstschmiedearbeiten 
eingerichtet worden. 
Es sei nicht beabsichtig! gewesen, bei der Vorlage die Mehr 
kosten bei diesem Bau zu den bei anderen gleichzeitigen Bauten ent- 
standenen sehr viel beträchtlicheren Minderkosten in unmittelbare Be 
ziehung zu bringen. Die Mitteilung dieser Minderkosten habe nur 
zeigen sollen, daß die Bauverwaltung bemüht sei. sehr vorsichtig und 
sparsam zu wirtschaften. So sei es ihm vielleicht gestattet, hier 
weiter zu bemerken, daß bei den während seiner Amtstätigkeit ausge- 
führten 147 Bauaufgaben mit 86258000,^ (inrund 101000Rechnungen) 
und bei Mitrechnung der hier entstandenen Mehrkosten insgesamt 
1 203 000 ,JC oder 1,4 pCt. Mehrkosten und 1 673 000 Ji oder 2 pCt. 
Minderkosten entstanden seien. Es seien also nahezu V* Million 
Mark Minderkosten erzielt worden. Auch diese Bemerkung crlanbc er 
sich nur. um zu zeigen, daß die Bauverwaltung sich bemühe, vor- 
sichtig und sparsam zu arbeiten. 
Wiederholt führte der Herr Stadtbaurat aus. daß der Magistrat 
die Ueberschreitung nur vorbehaltlich der Bewilligung der Stadt 
verordnetenversammlung bewilligt und hierbei besonders betont habe, 
daß möglichst bald die Vorlage an die Stadtverordnetenversammlung 
erfolgen müsse. Die Vorlage sei auch gleich gemacht worden, die 
Bauverwaltung habe sie aber nicht gleich weitergegeben, weil die 
Zahlen und damit die Grundlage für die Vorlage sich von Woche 
zu Woche verändert hätten. Die Verzögerung der Vorlage sei lediglich 
dadurch entstanden, daß die Unterlagen sich erst in einem späteren 
Stadium der Abrechnungsarbeiten zuverlässig hätten feststellen lassen. 
Nach diesen Erklärungen des Herrn Stadtbaurats spräche« 
mehrere Mitglieder des Ausschusses sich dahin aus, daß die vom 
Projekt abweichenden Bauteile, wie die Futtermauer usw. und auch 
die Inneneinrichtung, besonders die Schränke, nicht hätten anders 
ausgeführt werden dürfen, als es geschehen sei. Die Aenderung sei 
also nützlich gewesen, die Positionen des Anschlages für die Innen- 
einrichiung hätten sich bei dem anzuerkennenden Bestreben einer sach 
gemäßen und wirkungsvollen Aufstellung der einzelnen Stücke der 
teilweise unter den Händen gewachsenen Sammlung derart verschieben 
müssen, daß es sich erübrige, durch einen Unterausschuß die Position 
jenes Anschlages durch Vergleich mit der Wirklichkeit nachprüfen zu 
laffen. 
Die Beratung wurde nunmehr dahin zusammengefaßt: 
Die Direktion des Märkischen Museums hätte selbst in etats- 
rechtlicher Beziehung nicht ausgeschaltet werden dürfen. Es wäre 
Pflicht der Bauverwaltung gewesen, die Mitglieder der Direktion auf 
dem laufenden zu erhallen, damit diese der Versammlung und auch 
der Bürgerschaft gegenüber unterrichtet geioesen wären. Sodann hätte 
man gewünscht, daß in der Vorlage mehr, als dies geschehen, zum 
Ausdruck gekommen wäre, der Magistrat sei sich bewußt gewesen, 
hier einen Fehler dem Etatsrechte der Stadtverordnetenversammlung 
gemacht zu haben, bezüglich dessen er mit Rücksicht auf die besonderen 
Umstände dieses Ausnahmebaues Indemnität nachzusuchen gehabt habe. 
So sehr man einerseits die Ueberschreitung bedaure, so gebe man 
andererseits zu, daß man sich bei diesem Bau auf unerprobtem Gebiet 
befunden habe, und man bezweifle nicht, daß der Magistrat gutgläubig 
gehandelt habe. Man könne es für diesen Ausnahmefall begreiflich 
aber nicht als selbstverständlich finden, daß die Verwaltung in Anbe- 
tracht des allmählichen Vollzuges der Aenderungen an die Versamm- 
lung nicht rechtzeitig herangetreten sei. Man erkenne willig an, daß 
die Ausführung des ganzen Baues so, wie sie geschehen, zu gutem 
Erfolge gebracht sei. Alle Beteiligten hätten hier ein wunderbares 
Werk geschaffen, das jeden, der es besuche, mit Freude erfülle. 
Nach Erschöpfung der Rednerliste, wurden Anträge nicht gestellt 
und bei der Abstimmung wurde der Magistratsanlrag einstimmig 
angenommen. Demgemäß schlägt der Ausschuß einstimmig vor, nach 
der Vorlage des Magistrats, wie-folgt, zu beschließen: 
Die Versammlung erklärt sich mit der Ueberschreitung der für 
den Neubau des Märkischen Museums bewilligten Mittel um rund 
367 OM Ji einverstanden. 
Der Druck des Protokolls ist beschlossen und zum Berichterstatter 
der unterzeichnete Vorsitzende gewählt worden. 
G. w. o. 
Stapf.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.