515
Zur Sicherung der Stadlgemeinde hat Schomburg dabei folgende
Eintragungen auf dem Grundbuchblatte seines Grundstückes bewirken
lasten:
a) Eigentümer dieses Grundstücks ist für den Fall, daß die auf
diesem Grundstücke zwischen der Straße Alt Moabit und der
Spree projektierte Straße in den Bebauungsplan aufgenommen
wird, verpflichtet, das zur Anlage der gedachten neuen Straße
erforderliche Terrain an die Stadtgemeinde Berlin unentgeltlich
und Pfand- und lastenfrei auszulasten, und nicht berechtigt,
einen Anspruch auf Entschädigung für den Fall geltend zu
machen, daß er durch Festsetzung der Fluchtlinien der neu-
projektierten Straße in irgend einer Weise in der Ausnutzung
dieses Grundstücks beschränkt oder behindert werde, und schließlich
verpflichtet, die auf dem Grundstücke bestndlichen Gebäude oder
Gebäudeteile, soweit solche über die projektierten Baufluchtlinien
hinausgehen, unentgeltlich zu beseitigen.
b) 20000 Jt — Zwanzigtausend Mark — Kaution zur Sicherheit
der Stadtgemeinde Berlin wegen des vom Grundstückseigentümer
zu zahlenden Beitrages zu den Kosten einer im Zuge der auf
diesem Grundstück anzulegenden Straße zu erbauenden Brücke
über die Spree.
Es wurde auch dem Antrage von Schomburg auf Festsetzung
von Fluchtlinien für die neu anzulegende Straße 18a, Abteilung VII
des Bebauungsplanes, von den Gemeindebehörden (Beschluß der
Stadtverordnetenversammlung vom 10. Januar 1895, Protokoll 27)
und demnächst von den Polizeibehörden stattgegeben.
Schomburg änderte später seine Pläne, er trat wiederholt mit
der Tiefbaudeputation in Verhandlungen, die eine abweichende Ge
staltung jenes älteren Projektes zum Gegenstände hatten, ohne daß es
zu einer neuen endgültigen Vereinbarung gekommen wäre. Das
ältere, den angeführten Eintragungen zugrunde liegende Projekt ver
folgte Schomburg in der Folgezeit nicht mehr.
Seine Erben wünschen, wie sie jetzt erklärt haben, endgültig den
Plan der Anlegung jener Straße fallen zu lassen; sie haben mit
Rücksicht hierauf nunmehr gebeten, die vorerwähnten Eintragungen
löschen zu lassen.
Hierbei haben sie nach vorausgegangenen Verhandlungen sich
erboten, neue grundbuchliche Eintragungen bewirken zu lassen, welche
zum Ziele haben, die Anlegung einer 22 m breiten Spreeuferstraße
zu erleichtern, soweit das Schomburg'sche Grundstück in Frage kommt.
Dementsprechend haben die Erben, vertreten durch den Testaments-
Vollstrecker des Schomburg'schen Nachlasse?, der Stadtgemeinde folgendes
notarielle Angebot bezüglich Umgestaltung der im Jahre 1896 von
ihrem Vater übernommenen Verpflichtungen gemacht:
Falls die Stadtgemcinde uns aus den — bestehenden — Ver
pflichtungen entläßt, auch in die Löschung der genannten Ein
tragungen — d. s. die oben angeführten — willigt, verpflichte ich mich
als Testamentsvollstrecker der Schomburg'schen Erven hierdurch
a) das von dem obenbezeichneten Grundstücke zu einer künftigen
Spreeuferstraße mit einer Breite von zweiundzwanzig Metern
erforderliche Gelände unentgeltlich, Pfand-, lasten- und kostenfrei
auf Erfordern der Stadtgemeinde dieser alsbald in, Falle der
Anlegung der Straße aufzulassen, und frei von Baulichkeiten
jeder Art zu übergeben;
b) diese Verpflichtung der Stadtgemeiude gegenüber auf dem Grund
buchblatte des Grundstücks von Moabit Band 9 Nr. 576 mit
dem Vorrange vor allen Eintragungen der II. und III. Abteilung
in einer seitens der Stadtgemeinde zu bestimmenden Form
sicherzustellen, und zwar
1. durch Eintragung einer Vormerkung zur Erhaltung des
Rechts auf unentgeltliche Auflassung.
2. durch Eintragung einer Sicherungshypothek im Betrage
von 50 000 M Fünfzigtansend Mark — zur Sicherung
der Stadtgemeinde Berlin gegen allen Schaden, der der
Stadtgemeinde daraus erwachsen sollte, daß der Grundeigen
tümer^ seiner Verpflichtung nicht nachkommt, auf Verlangen
der Stadtgemeinde das zur Anlegung der 22 m breiten
Spreeuferstraße erforderliche Gelände Pfand- und lastenfrei
im Falle der Anlegung der Straße aufzulassen und völlig
aufgeräumt zu übergeben.
Hieran knüpfen wir jedoch die weitere Bedingung, daß die Auf-
lastung des Geländes für eine später anzulegende zweinndzwanzig
Meter breite Spreeuferstraße vor Ablauf von 10 Jahren vom heutigen
Tage ab seitens der Stadlgemeinde Berlin nicht gefordert werden darf.
Sämtliche Kosten und Stempel tragen wir."
Wir erachten die Annahme dieses Angebotes für angängig Die
vorwiegend von Schomburg selbst seiner Zeit betriebene Anlegung
der sein Grundstück in der Längsrichtung durchschneidenden Straße
entsprach dessen Interessen und bezweckte in erster Linie eine möglichst
vorteilhafte Ausnutzung seines Grundbesitzes. Für den öffentlichen
Verkehr ist im Vergleiche dazu die Fortführung der Spreeuferstraße,
wie sie dem neuen Schomburgschen Angebot zugrunde liegt, von
erheblicherem Interesse.
Die Bedingung, daß die Auflassung des Geländes zur Uferstraße
für einen Zeitraum von 10 Jahren ausgeschlossen sein soll, erscheint
uns annehmbar, da nach Lage der örtlichen Verhältnisse vor Ablauf
dieser Frist die Anlegung der Uferstraße an jener Stelle nicht zu
erwarten ist.
Wir glauben nach alledem, daß die von den Schomburgschen
Erben angebotene Lösung vom Standpunkt des städtischen Interesses
aus annehmbar ist und ersuchen um folgenden Beschluß:
Die Versammlung ist mit der Erteilung der Löschungsbewilligung
für die zugunsten der Stadtgemeinde auf dem Grundstück Alt
Moabit 96/97 in Abteilung II Nr. 7 und Abteilung III Nr. 51
lastenden Eintragungen sowie mit der Aufhebung der Fluchtlinien
festsetzung für die Straße 18a, Abteilung VII des Bebauungs-
planes, unter den von den Schomburgschen Erben angebotenen
Bedingungen einverstanden.
Berlin, den 24. September 1910.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
Kirschner.
787. Petitionsausschutz.
Verhandelt, Berlin, den 20. September 1910.
Anwesend:
Stadtverordnctenvorsteherstellvertreter Cassel, Vorsitzender,
Stadtverordneter Barth,
- Eckard,
- Ewald,
. Jmberg,
. Mentel,
- Dr. Preuß,
- Dr. Ritter,
- Schmidt,
Schulze.
- Solmitz,
- Zucht.
Seitens des Magistrats:
Stadtrat Namslau,
Stadtbaurat Krause,
Stadtrat Venzky,
Stadtschulrat Dr. Fischer.
Stadtrat Dr. Ledermann,
Magistratsrat Dr. Franz.
Nicht anwesende
Stadtverordneter Bruns, (entschuldigt),
- Heimann <entschuldigt),
- George.
In seiner heutigen Sitzung beschloß der Ausschuß, der Stadt-
verordnetenversammlung zu empfehlen, die nachstehend aufgeführten
Petitionen wie folgt zu erledigen.
I.
Durch Uebergang zur Tagesordnung.
1. (P.-J..Nr. 29.10) Petition des Arbeiters Gustav Reichert,
Urbanstraße 69, um Gewährung einer laufenden Unter
stützung.
Petent war früher eine Reihe von Jahren bei den städtischen
Gaswerken beschäftigt. Hier hat er sich während des Dienstes
wie er bereits in einer früheren Bittschrift ausgeführt hatte —
einen Knöchelbruch zugezogen, und will dadurch so stark in
seiner Eiwerbsfähigkeit beschränkt worden sein, daß er nur
leichtere Arbeiten ausführen könne. Er bat in jener früheren
Eingabe, ihn in leichten Posten wieder zu beschäftigen oder ihm
eine früher gewährte laufende Unterstützung wieder zu gewähren.
Der Herr Magistralsoertreter sühne damals aus, daß sich
der Petent den von ihm erwähnten Knöchelbruch durch sein
eigenes Verschulden zugezogen habe. Zudem k.im noch weiter
in Betracht, daß Reichert auf Grund ärztlicher Feststellungen
nur infolge eines starken Plattfußes in seiner Erwerbsfähigkeit
gemindert angesehen werden konnte, dieses Platlfußleiden aber
in keiner Weise mit dem seiner Zeit erlittenen Knöchelbruch als
damit zusammenhängend ärztlicherseits angesehen wurde Eine
Beschäftigung des Petenten in einer leichteren Stelle könnte
— wie damals der Herr Magistratsverireler ausführte —
wegen Mangels solcher Stellen nicht erfolgen.
Der Ausschuß beschloß damals, der Verjammlung Uebergang
zur Tagesordnung zu empfehlen.
In der diesmal vorliegenden Petition wiederholte Bittsteller
im wesentlichen das, was er in der früheren Petition bereits
dargelegt hatte. Er führte dabei aus, daß sich der Unfall da
durch ereignete, daß er — der Petent — im Begriff stehend,
an einer Leiter, welche er an den Pfahl einer von ihm an
gezündeten Laterne gelehnt hatte, herabzusteigen, ausglitt und
von der obersten Leitersprosse herabfiel. Zum Schlüsse wieder-
holte er di? in der früheren Petition bereits ausgesprochene Bitte.
Von einer Seite des Ausschußes wurde hervorgehoben, daß der