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Volume No. 35 (648-671), 25. Juni 1910

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1910 (Public Domain)

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zweckmäßiger, den schon bestehenden alten Gemeindefriedhof durch 
Ankauf der diesbezüglichen Ländereien zu vergrößern. Dieser Gedanke 
sei aber bei den so außerordentlichen Forderungen seitens des jetzigen 
Eigentümers des Terrains nicht ausführbar gewesen. Man habe sich 
daher nach anderen Ländereien umgesehen und sei schließlich zu jenem 
Gelände in Buch-Karow gekommen. Es sei nunmehr Sache des Aus 
schusses zu prüfen, ob es dennoch nicht möglich gewesen wäre, näher 
an Berlin belegencs Terrain zu dem gedachten Zwecke zu einem an 
gemessenen Preise zu finden. Denn wenn auch naturgemäß ein näher 
an Berlin gelegenes Gelände zuerst teurer als jenes zu erwerbende 
in Buch-Karow sein werde, so könnte sich ein solches Gelände trotzdem 
mit Rücksicht auf die größere Entfernung jenes Terrains in Buch 
vielleicht bezahlt machen und käme namentlich allen Beteiligten durch 
Ersparung von Zeit und Geld wieder zugute. 
In der anschließenden Debatte bemerkte der Herr Magistrats 
vertreter, daß es selbstverständlich viel bequemer gewesen wäre, wenn 
man es möglich hätte machen können, den vorhandenen Kirchhof in 
Friedrichsfelde zu erweitern. Das Kuratorium sowohl wie auch der 
Magistrat wäre daher bestrebt gewesen, diesem wahlberechtigten Wunsche 
nachzukommen. Während nun aber seinerzeit 18 ^ für das Quadrat 
meter in Friedrichsfelde gezahlt worden seien, werden jetzt 14 Jt pro 
Quadratmeter gefordert. Da ferner jede Preisermäßigung seitens des 
jetzigen Eigentümers abgelehnt worden war, mußten die Verhandlungen 
wegen Erwerb jenes Terrains abgebrochen werden. Nunmehr wurde 
in Verhandlungen mit einigen Besitzern von Ländereien in Marzahn 
getreten. Hier hatte man allerdings viel günstigere Bedingungen 
gestellt, aber die Erreichung eines eventuell dort zu errichtenden 
Friedhofes wäre doch außerordentlich schwierig gewesen. Alle diese 
Schwierigkeiten glaubte man behoben, als die Deputation für die 
Kanalisationswerke das in Rede stehende Grundstück zu dem gedachten 
Zwecke dem Kuratorium für das Bestattungswesen anbot. Denn 
einmal hätte man es mit städtischem Gelände zu tun, das zu seinem 
eigentlichen Zweck — der Berieselung - schwer zu gebrauchen wäre, 
dann wäre der zu zahlende Preis nicht übermäßig hoch und endlich 
würde die Verbindung nach dem Friedhofe durch die Stettiner Eisen 
bahn mit einem Anschlußgeleise, das an diesem neuen Friedhofgelände 
vorbei zur 3. Irrenanstalt Buch führe, hergestellt. Berücksichtige man 
ferner, daß der benachbarte Bauerngutsbesitzer das zur eventuellen 
Abrundung des städtischen Geländes notwendige Land ebenfalls zu 
einem Preise von 50 ^ pro Quadratmeter angeboten habe und man 
also ein gleichmäßig breites, voll ausnutzbares und preiswertes Land- 
stück zur Verfügung habe, so könnte man unbedenklich dem vor 
geschlagenen Ankauf zustimmen. Was nun die Entfernung von Berlin 
anbetreffe, so möge man doch die seitens der Synode angelegten und 
durchaus auch nicht nahen Friedhöfe in Ahrensfelde, Mühlenbach und 
Stahnsdorf in Betracht ziehen. So liege z. B. Ahrensfelde 14,8 km 
von der Wriezener Bahn, Stahnsdorf etwa 22,b km entfernt. Der 
Transport der Leichen per Eisenbahn nach Ahrensfelde koste 3 Jt für 
Erwachsene und für Kinderleichen 2 Jt bezw. 1 Jt\ nach Stahnsdorf 
stelle sich der Preis auf 4 Jt für Erwachsene, für Kinder 2,58 bezw. 
1,76 Jt. Die Entfernung des Friedhofes in Friedrichsfelde betrage 
dagegen 6,5 km von der Leichensammelstelle in der Diestelmeyerstraße, 
diejenige nach dem geplanten Friedhofe in Buch>Karow würde etwa 
14 km betragen. Für den Transport von Leichen nach Friedrichsfelde 
werden zur Zeit 12 Jt pro Tag gezahlt, nach Buch-Karow würde der 
Unternehmer ungefähr 24 Jt pro Tag fordern, so daß auch durch den 
Transport der Leichen der Stadt eine bedeutende Mehrausgabe kaum 
erwachsen werde. 
Demgegenüber wurde aus der Mitte des Ausschusses angeführt, 
daß man ja vielleicht im Prinzip dem Ankauf jenes Geländes in Buch 
zustimmen könne, daß aber andererseits doch noch mancherlei Bedenken 
diesem Ankäufe entgegenstünden. So sei z. B. vor allen Dingen 
notwendig, eine genügende Klärung darüber herbeizuführen, in welcher 
Weise der Leichentransport nach diesem neuen Friedhöfe erfolgen solle. 
Zahlreiche Berliner Bürger werden genötigt sein, ihre Toten nach 
jenem Friedhof zu bringen, haben also ein großes Interesse zu wisien, 
welche Kosten ihnen erwachsen.. 
Hier den Beteiligten die größtmöglichsten Erleichterungen zu 
schaffen, sei bei diesem so entfernt gelegenen Gelände und den damit 
verbundenen gewiß nicht geringen Kosten des Leichentransportes eine 
der wichtigsten Aufgaben der Stadt. Als solche Erleichterung in bezug 
auf jene Kosten sei die Uebernahme des gesamten Leichentransports in 
städtische Regie zu erachten. Man würde damit nichts anderes tun, 
als was in mehreren deutschen Städten bereits Gebrauch ist. Sogar 
einige Nachbargemeinden wie Schöneberg uyd Rixdorf haben derartige 
Einrichtungen getroffen, indem sie mit gewissen Unternehmern Ver- 
träge geschlossen haben um in dieser Beziehung ihren Bürgern Er 
leichterungen zu schaffen. Es müsse doch zugegeben werden, daß es 
für eine große Belastung der hiesigen Bevölkeruug, die ihre Toten 
in Friedrichsfelde begraben lassen, anzusehen sei, daß sie gezwungen 
seien, jedes Mal erst nach Fricdrichsfeide hinausfahren zu müssen, 
um dort die Anmeldung zu besorgen. Wieviel schwieriger müffe dies 
werden, wenn dereinst jener Friedhof in Buch eröffnet sein wird. Dies 
und vieles andere, namentlich die immer wieder zu betonende weite 
Entfernung des geplanten Friedhofs und die damit verbundenen Un 
bequemlichkeiten und Kosten an Zeit und Geld mache jenes billige 
Angebot wieder zu einem teueren und nur jene vorgeschlagene Ueber 
nahme des Leichentransports in städtische Regie könnte vielleicht in 
gewiffer Beziehung der Berliner Bürgerschaft einige Erleichterung 
schaffen. 
Es wurde daher der Antrag gestellt: 
a) Die Versammlung ersucht den Magistrat, eine Aenderung der 
Organisation des Leichentransportwesens nach den städtischen 
Friedhöfen mit dem Ziel der Uebernahme in eigene Regie in 
die Wege zu leiten. 
Von anderer Seite des Ansschuffes wurde dagegen bemerkt, daß 
es zweckmäßiger wäre, zur Zeit alles Beiwerk, welches zur Verzöge 
rung der ganzen Sache beitragen könnte, doch fortzulassen. ES sei 
ja viel richtiger jenen Antrag auf Uebernahme des LeichentranSport- 
wesens in städtische Regie zunächst in dem zuständigen Kuratorium zu 
stellen und dort zur Beratung zu bringen. Hier handele es sich vor 
allem darum, festzustellen, ob die Notwendigkeit und Zweckmäßigkeit 
des Kaufes jenes vorgeschlagenen Geländes erwiesen sei. Die Zweck 
mäßigkeit scheine wohl dargetan insofern, als ein besser geeignetes, 
billigeres und immerhin noch bequem zu erreichendes Gelände zu 
Fricdhofzwecken kaum zu finden sein werde: die Notwendigkeit des 
Ankaufes von Gelände zu Friedhofszwecken stehe aber außer Frage, 
da in dem alten städtischen Friedhof in Friedrichsfelde sich bereits 
Platzmangel bemerkbar mache und im Falle einer Epidemie die vor 
handenen Beerdigungsflächen unter Umständen noch in weit kürzerer 
Zeit in Anspruch genommen würden 
Auch der Kämmerer bemerkte, daß man notwendiger Weise ge 
zwungen sei. sogleich den Ankauf eines so großen Geländes zu Fried- 
Hofszwecken in Betracht zu ziehen, was aber in näherer Entfernung 
von Berlin zu einen, angemeffeneu Preise kaum zu haben sein werde. 
Im übrigen möge man doch bedenken, daß die Entfernung des ge 
planten Friedhofes in Buch-Karow von Berlin unter Berücksichtigung 
der Verkehrsmittel von heute geringer sei, als wie seinerzeit der 
Friedhof in Friedrichsfelde von Berlin entfernt gewesen wäre, als er 
eröffnet wurde. Und wie es nach weiteren 30 Jahren mit Bezug 
auf Entfernungen stände, könne heute niemand sagen. 
Es wurden nunmehr folgende Abänderungsanträge gestellt: 
Dem gleichfalls dem Ausschuß mit zur Beratung überwiesenen 
Antrag des Stadtverordneten vr. Arons und Genossen, der wie 
folgt lautet: 
Die Versammlung ersucht den Magistrat, d.irauf Bedacht zu 
nehmen, daß auf dem neuen Friedhofgelände ein Krematorium 
errichtet wird. 
nunmehr folgenden Wortlaut zu geben: 
d) Die Versammlung ersucht den Magistrat, darauf Bedacht zu 
nehmen, daß ein Krematorium errichtet wird, sobald die 
fakultative Feuerbestattung in Preußen durch Gesetz erlaubt ist. 
Ferner wurde beantragt, dem Magistratsantrage, der wie folgt 
lautet: 
Die Versammlung erklärt sich mit dem Ankauf: 
a) von 76 ha 60 a Friedhofsgelände bei Buch-Karow zum Preise 
von 50 ^ für das Quadratmeter und der Zahlung an die 
Kanalisationsdeputation, 
d) von 5 da 95 a 20 qm daran angrenzendem Gelände zu gleichem 
Preise und Zahlung an den Bauerngutsbesitzer Torge ein- 
verstanden und bewilligt den Ankaufspreis bis zur Höhe von 
414 000 Jt aus dem Grundstückserwerbungsfonds, 
jetzt folgenden Wortlaut zu geben: 
v) Die Versammlung erklärt sich 
a) mit der Uebernahme von 76 da 60 a Friedhofsgelände bei 
Buch-Karow auf das Kuratorium für das Bestattungswesen 
zum Preise von 50 ^ für das Quadratmeter und der Zahlung 
an die Kanalisationsdcputalion, 
d) mit dem Ankäufe von 5 ha 95 a 20 qm daran angrenzendem 
Gelände zu gleichem Preise und Zahlung an den Bauernguts 
besitzer Torge einverstanden und bewilligt „das Entgelt" bis 
zur Höhe von 414 (XföJt aus dem Grundstückserwerbungsfonds. 
Nachdem nun seitens des Antragstellers der Antrag a zurück- 
gezogen war, da er diesen bei geeigneter Gelegenheit in dem Kura 
torium für das Bestattungswesen als Mitglied desselben eventuell 
wieder aufzunehmen gedachte, wurde zur Abstinimung geschritten. 
Diese ergab die einstimmige Annahme der unter h abgeänderten 
Resolution und ebenfalls die einstimmige Annahme der unter v ab 
geänderten Magistratsvorlage. 
Demgemäß schlägt der Ausschuß der Versammluug folgende 
Beschlußfassung vor: 
Die Versammlung erklärt sich^ 
a) mit der Uebernahme von 76 ha 60 a Friedhofsgelände bei 
Buch-Karow auf das Kuratorium für das Bestallungswesen 
zum Preise von 50 4 für das Quadratmeter und der Zahlung 
an die Kanalisationsdeputation, 
b) mit dem Ankäufe von 5 ha 95 a 20 qm daran angrenzendem 
Gelände zu gleichem Preise und Zahlung an den Bauernguts 
besitzer Torge einverstanden und bewilligt das Entgelt bis zur 
Höhe von 414 000^5 aus dem Grundstückserwerbungsfonds.
	        
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