325
die Stadtgemeinde hinsichtlich der 3,2 qm großen Parzelle des Grund
stücks Koloniestraße 13 in keinerlei Unbequemlichkeiten gerate.
Es wurde daher der Antrag eingebracht:
d) Die Magistratsvorlage wird unter der Voraussetzung ange
nommen, daß die Stadtgemeinde in jeder Beziehung bezüglich
der 3,2 qm großen Fläche des Grundstücks Koloniestraße 13
hinsichtlich etwaiger späterer Ansprüche sichergestellt wird.
Bei der nun folgenden Abstimmung wurde der Antrag a vom
Ausschuß abgelehnt, der Antrag d dagegen mit großer Mehrheit an
genommen. Demgemäß schlägt der Ausschuß der Versammlung
folgende Beschlußfassung vor:
Die Versammlung erklärt sich mit dem freihändigen Verkauf des
auf dem vorliegenden Plan rot angelegten Grundstücks Kolonie
straße 13a Hierselbst zum Preise von 30 000 Jt und frei von
Straßenanliegerbeiträgen einverstanden, mit der Maßgabe, daß die
Stadtgemeinde bezüglich der über die Baufluchtlinie vorspringenden,
3,2 qm großen Fläche des Grundstücks Koloniestraße 13 hinsichtlich
etwaiger späterer Ansprüche in jeder Beziehung sichergestellt wird.
Der Druck des Protokolls wurde beschlossen und zum Bericht
erstatter der Stadtverordnete Lentz gewählt.
V. w. o.
Lentz. Modler.
614. Petitionsausschutz.
Verhandelt Berlin, den 24. Mai 1910.
Anwesend:
Stadtverordnetenvorsteher-Stellvertreter Cassel, Vorsitzender,
Stadtverordneter Bruns,
- Barth,
Eckard,
Ewald,
- ' Heimann,
- Dr. Preuß,
- Dr. Ritter,
- Schmidt,
- Solmitz,
- Zucht.
Seitens des Magistrats:
Stadtrat Dr. Straßmann,
- Mugdan.
- Kalisch,
. Dr. Ledermann,
Alberti,
. Düring.
Nicht anwesend:
Stadtverordneter George,
- Jmberg,
. Mentel,
- Schulze.
In seiner heutigen Sitzung beschloß der Ausschuß, der Stadt
verordnetenversammlung zu empfehlen, die nachstehend aufgeführten
Petitionen wie folgt zu erledigen.
I.
Durch Uebergang zur Tagesordnung:
1. (P.-J-Nr. 232/09) Petition des Invaliden N. N. um Rück
gabe seiner in Fürsorgeerziehung befindlichen Tochter
Frieda in seine elterliche Gewalt.
Bittsteller legte in seiner Petition dar, daß seine am
2. November 1893 geborene eheliche Tochter Frieda der
Fürsorgeerziehung zugeführt sei und zwar nach seiner Ansicht
zu Unrecht. Sie — seine Tochter — habe von ihrer Einsegnung
an gearbeitet. Als sie im Oktober 1908 arbeitslos wurde,
habe sie sich öfters nach dem Arbeitsmarkt und Stellennachweis
des „Lokalanzeigers" und der Morgenpost begeben. Hier sei
sie mit schlechten Elementen zusammen gekommen und eines
Tages zu sehr vorgerückter Zeit von Schutzleuten im Friedrichs
hain nebst vielen anderen Personen aufgebracht und zur Polizei
wache sistiert worden. Bald hierauf sei dann ein Gerichtsbeschluß
ergangen, nach welchem über seine Tochter die vorläufige
Fürsorgeerziehung angeordnet wurde. Bei der später statt
gefundenen Gerichtsverhandlung sei seine Tochter zwar mit
einem „Verweise" bestraft, aber dann in seine elterliche Gewalt
zurückgegeben worden. Sie sei nun von ihm und seiner Ehefrau
streng beaufsichtigt und zu eifriger Tätigkeit angehalten worden.
Bald darauf müffe sie jedoch das Opfer einer Verwechselung
geworden sein, denn es wurde im März 1909 ihm erneut ein
Gerichtsbeschluß zugestellt, nach welchem über seine Tochter die nun
mehr definitive Fürsorgeerziehung angeordnet wurde. Alle Rechts-
mittel hiergegen blieben wirkungslos. Eines Tages sei sodann
feine Tochter durch einen Polizeibeamten von ihrer Be-
schäftigungsstelle sistiert und zwangsweise dem Fürsorgeheim zu
Freiburg i. Schl, zugeführt worden, in welchem sie sich noch
jetzt befände.
Petent hält sich nicht nur berechtigt, sondern auch für geeignet,
die Erziehung seiner Tochter selbst in die Hand zu nehmen.
Seine darauf hinzielenden Gesuche an das Berliner Polizei
präsidium und die städtische Waisendeputation seien ohne Er
folg geblieben und so richte er an die Versammlung die Bitte,
dahin wirken zu wollen, daß seine Tochter wieder seiner elter
lichen Gewalt anvertraut und ihm zugeführt werde.
In der Sitzung führte der Herr Magistratsvertreter hierzu aus,
daß das Mädchen trotz seiner Jugend doch schon recht verwahrlost er
scheine, denn das Mädchen habe bei seinen Vernehmungen selbst zu
gegeben, sich bereits 4 Wochen hindurch von Erträgnissen der Un
zucht ernährt zu haben. Die Eltern müssen es demnach sehr an der
erforderlichen und pflichtgemäßen Beaufsichtigung ihrer Tochter haben
fehlen laffen, zumal diese auch die Schule höchst unregelmäßig besucht
habe. Dem Einwände der Eltern, ihre Tochter sei Gegenstand einer
Verwechslung, stehe das eigene Geständnis des Mädchens über ihren
liederlichen Lebenswandel entgegen. Die Unterbringung derselben in
einer entsprechenden Anstalt war dringend erforderlich. Auch jetzt sei
das Mädchen nicht als so gebessert anzusehen, daß man der Bitte des
Petenten nachgeben könne.
Hierauf beschloß der Ausschuß nach Beratung,
der Versammlung Uebergang zur Tagesordnung zu empfehlen.
2. (P.-J. 16/10) Petition des Gcmeindebeamten a. D. N. N.
um Wiedereinstellung in den städtischen Dienst.
Petent gibt an, im November 1907 infolge eines Unfalles,
den er im städtischen Dienst ellitten haben will, pensioniert
worden zu sein. Sein Unfall — Fall von einem Drehschemel —
habe eine Operation am Steißbein zur Folge gehabt. Sodann
habe er unter einer Fistel zu leiden gehabt, daß er nicht sitzen
konnte. Er habe den Dienst versäumen müssen und sei dann
gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt worden. Nach
zwei weiteren Operationen sei sein Leiden beseitigt worden und
habe er im Februar 1908 dem Herrn Oberbürgermeister per
sönlich die Bitte vorgetragen, ihn wieder in sein altes Dienst
verhältnis einstellen zu wollen. Obwohl sich der Herr Ober
bürgermeister ihm gegenüber sehr wohlwollend in der Unter
redung gezeigt habe und er vom städtischen Vertrauensarzt
bald darauf untersucht worden sei. erhielt er einige Zeit später
ohne Angaben von Gründen die Nachricht, daß er nicht wieder
eingestellt werden könnte.
Weitere Bemühungen nach dieser Richtung hin seien ebenso
vergeblich gewesen, wie seine Bitte um Bewilligung einer Unter
stützung. Zuletzt bittet Petent, der angibt fast mittellos zu sein,
dahin wirken zu wollen, daß er wieder in sein früheres Dienst
verhältnis eingestellt werde.
Bei der Besprechung im Ausschuß wies der Herr Magistrats
vertreter zunächst nach, daß der Bittsteller durchaus nicht zwangs
weise, wie er behauptet, in den Ruhestand versetzt worden sei, sondern
auf ganz regulärem Wege ohne dagegen Einspruch zu erheben.
Während seiner früheren Dienstzeit hätte Petent hinsichllich seiner
Leistungen und seiner Dienstführung nicht befriedigt. Dies sei ihm
auch in dem ablehnenden Bescheide des Magistrats mitgeteilt worden.
Seine Angabe, er sei nicht unterstützt worden, entspreche ebenfalls
nicht den Tatsachen, denn er habe nach den Akten zweimal eine Unter
stützung nach seiner Pensionierung vom Magistrat erhalten. Ferner
hielte es der Magistrat nicht für angängig, einen früheren Beamten,
welcher mit seiner Pensionierung doch gewissermaßen definitiv aus der
Verwaltung ausgeschieden sei, ohne zwingende Gründe wieder einzu
stellen. Außerdem sei Petent — wie der Herr Magistratsvertreter
auf eine entsprechende Frage eines Ausschußmitgliedes ^ausführt —
durchaus nicht mittellos, denn er beziehe eine Pension in Höhe von
jährlich 900 Jt.
Der Ausschuß beschloß hierauf
der Versammlung Uebergang zur Tagesordnung zu emp
fehlen.
3. (P.-J.-Nr. 17/10.) Petition des Vermessungsassistenten
Käselau um anderweitige Regelung seines Dienstein
kommens.
Petent gibt an, am 1. Januar 1903 vom Vermeffungs-
techniker — Gehalt 1800./« bis 3 000 *«, Alterszulagen
160 Jt — zum Vermeffungs assistenten — Gehall 2 4M Jt
bis 3 600 Jt, Altcrszulagen 200 Jt — befördert worden zu
sein, hierdurch aber, obwohl er zwei dienstältere Kollegen über
sprungen habe, ein geringeres Diensteinkommen zu beziehen,
als die übersprungenen Techniker und einige nach ihm er
nannten dienstjüngeren Vermessungsassistenten. Den Grund
hierzu glaubt Bittsteller in der großen Aufbesserung suchen
zu müssen, welche die am 1. April 1901 angestellten Ver-
messungslechniker, aus deren Reihe er hervorgegangen sei,
im Jahre 1906 erhalten haben. Deren Anfangsstufe sei da-
mals von 1800 Jt auf 2 000 Jt und die Alterszulagen
von 150 ,4t auf 180 Jt erhöht worden, so daß diese im
Jahre 1906 als Techniker eme Gehaltsstufe von 2 000 Jt
4- (5 x 180) 900 Jt — 2 900 Jt bezogen hätten. Bei ihrer