Path:
Volume No. 29 (508-516), 28. Mai 1910

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1910 (Public Domain)

325 
die Stadtgemeinde hinsichtlich der 3,2 qm großen Parzelle des Grund 
stücks Koloniestraße 13 in keinerlei Unbequemlichkeiten gerate. 
Es wurde daher der Antrag eingebracht: 
d) Die Magistratsvorlage wird unter der Voraussetzung ange 
nommen, daß die Stadtgemeinde in jeder Beziehung bezüglich 
der 3,2 qm großen Fläche des Grundstücks Koloniestraße 13 
hinsichtlich etwaiger späterer Ansprüche sichergestellt wird. 
Bei der nun folgenden Abstimmung wurde der Antrag a vom 
Ausschuß abgelehnt, der Antrag d dagegen mit großer Mehrheit an 
genommen. Demgemäß schlägt der Ausschuß der Versammlung 
folgende Beschlußfassung vor: 
Die Versammlung erklärt sich mit dem freihändigen Verkauf des 
auf dem vorliegenden Plan rot angelegten Grundstücks Kolonie 
straße 13a Hierselbst zum Preise von 30 000 Jt und frei von 
Straßenanliegerbeiträgen einverstanden, mit der Maßgabe, daß die 
Stadtgemeinde bezüglich der über die Baufluchtlinie vorspringenden, 
3,2 qm großen Fläche des Grundstücks Koloniestraße 13 hinsichtlich 
etwaiger späterer Ansprüche in jeder Beziehung sichergestellt wird. 
Der Druck des Protokolls wurde beschlossen und zum Bericht 
erstatter der Stadtverordnete Lentz gewählt. 
V. w. o. 
Lentz. Modler. 
614. Petitionsausschutz. 
Verhandelt Berlin, den 24. Mai 1910. 
Anwesend: 
Stadtverordnetenvorsteher-Stellvertreter Cassel, Vorsitzender, 
Stadtverordneter Bruns, 
- Barth, 
Eckard, 
Ewald, 
- ' Heimann, 
- Dr. Preuß, 
- Dr. Ritter, 
- Schmidt, 
- Solmitz, 
- Zucht. 
Seitens des Magistrats: 
Stadtrat Dr. Straßmann, 
- Mugdan. 
- Kalisch, 
. Dr. Ledermann, 
Alberti, 
. Düring. 
Nicht anwesend: 
Stadtverordneter George, 
- Jmberg, 
. Mentel, 
- Schulze. 
In seiner heutigen Sitzung beschloß der Ausschuß, der Stadt 
verordnetenversammlung zu empfehlen, die nachstehend aufgeführten 
Petitionen wie folgt zu erledigen. 
I. 
Durch Uebergang zur Tagesordnung: 
1. (P.-J-Nr. 232/09) Petition des Invaliden N. N. um Rück 
gabe seiner in Fürsorgeerziehung befindlichen Tochter 
Frieda in seine elterliche Gewalt. 
Bittsteller legte in seiner Petition dar, daß seine am 
2. November 1893 geborene eheliche Tochter Frieda der 
Fürsorgeerziehung zugeführt sei und zwar nach seiner Ansicht 
zu Unrecht. Sie — seine Tochter — habe von ihrer Einsegnung 
an gearbeitet. Als sie im Oktober 1908 arbeitslos wurde, 
habe sie sich öfters nach dem Arbeitsmarkt und Stellennachweis 
des „Lokalanzeigers" und der Morgenpost begeben. Hier sei 
sie mit schlechten Elementen zusammen gekommen und eines 
Tages zu sehr vorgerückter Zeit von Schutzleuten im Friedrichs 
hain nebst vielen anderen Personen aufgebracht und zur Polizei 
wache sistiert worden. Bald hierauf sei dann ein Gerichtsbeschluß 
ergangen, nach welchem über seine Tochter die vorläufige 
Fürsorgeerziehung angeordnet wurde. Bei der später statt 
gefundenen Gerichtsverhandlung sei seine Tochter zwar mit 
einem „Verweise" bestraft, aber dann in seine elterliche Gewalt 
zurückgegeben worden. Sie sei nun von ihm und seiner Ehefrau 
streng beaufsichtigt und zu eifriger Tätigkeit angehalten worden. 
Bald darauf müffe sie jedoch das Opfer einer Verwechselung 
geworden sein, denn es wurde im März 1909 ihm erneut ein 
Gerichtsbeschluß zugestellt, nach welchem über seine Tochter die nun 
mehr definitive Fürsorgeerziehung angeordnet wurde. Alle Rechts- 
mittel hiergegen blieben wirkungslos. Eines Tages sei sodann 
feine Tochter durch einen Polizeibeamten von ihrer Be- 
schäftigungsstelle sistiert und zwangsweise dem Fürsorgeheim zu 
Freiburg i. Schl, zugeführt worden, in welchem sie sich noch 
jetzt befände. 
Petent hält sich nicht nur berechtigt, sondern auch für geeignet, 
die Erziehung seiner Tochter selbst in die Hand zu nehmen. 
Seine darauf hinzielenden Gesuche an das Berliner Polizei 
präsidium und die städtische Waisendeputation seien ohne Er 
folg geblieben und so richte er an die Versammlung die Bitte, 
dahin wirken zu wollen, daß seine Tochter wieder seiner elter 
lichen Gewalt anvertraut und ihm zugeführt werde. 
In der Sitzung führte der Herr Magistratsvertreter hierzu aus, 
daß das Mädchen trotz seiner Jugend doch schon recht verwahrlost er 
scheine, denn das Mädchen habe bei seinen Vernehmungen selbst zu 
gegeben, sich bereits 4 Wochen hindurch von Erträgnissen der Un 
zucht ernährt zu haben. Die Eltern müssen es demnach sehr an der 
erforderlichen und pflichtgemäßen Beaufsichtigung ihrer Tochter haben 
fehlen laffen, zumal diese auch die Schule höchst unregelmäßig besucht 
habe. Dem Einwände der Eltern, ihre Tochter sei Gegenstand einer 
Verwechslung, stehe das eigene Geständnis des Mädchens über ihren 
liederlichen Lebenswandel entgegen. Die Unterbringung derselben in 
einer entsprechenden Anstalt war dringend erforderlich. Auch jetzt sei 
das Mädchen nicht als so gebessert anzusehen, daß man der Bitte des 
Petenten nachgeben könne. 
Hierauf beschloß der Ausschuß nach Beratung, 
der Versammlung Uebergang zur Tagesordnung zu empfehlen. 
2. (P.-J. 16/10) Petition des Gcmeindebeamten a. D. N. N. 
um Wiedereinstellung in den städtischen Dienst. 
Petent gibt an, im November 1907 infolge eines Unfalles, 
den er im städtischen Dienst ellitten haben will, pensioniert 
worden zu sein. Sein Unfall — Fall von einem Drehschemel — 
habe eine Operation am Steißbein zur Folge gehabt. Sodann 
habe er unter einer Fistel zu leiden gehabt, daß er nicht sitzen 
konnte. Er habe den Dienst versäumen müssen und sei dann 
gegen seinen Willen in den Ruhestand versetzt worden. Nach 
zwei weiteren Operationen sei sein Leiden beseitigt worden und 
habe er im Februar 1908 dem Herrn Oberbürgermeister per 
sönlich die Bitte vorgetragen, ihn wieder in sein altes Dienst 
verhältnis einstellen zu wollen. Obwohl sich der Herr Ober 
bürgermeister ihm gegenüber sehr wohlwollend in der Unter 
redung gezeigt habe und er vom städtischen Vertrauensarzt 
bald darauf untersucht worden sei. erhielt er einige Zeit später 
ohne Angaben von Gründen die Nachricht, daß er nicht wieder 
eingestellt werden könnte. 
Weitere Bemühungen nach dieser Richtung hin seien ebenso 
vergeblich gewesen, wie seine Bitte um Bewilligung einer Unter 
stützung. Zuletzt bittet Petent, der angibt fast mittellos zu sein, 
dahin wirken zu wollen, daß er wieder in sein früheres Dienst 
verhältnis eingestellt werde. 
Bei der Besprechung im Ausschuß wies der Herr Magistrats 
vertreter zunächst nach, daß der Bittsteller durchaus nicht zwangs 
weise, wie er behauptet, in den Ruhestand versetzt worden sei, sondern 
auf ganz regulärem Wege ohne dagegen Einspruch zu erheben. 
Während seiner früheren Dienstzeit hätte Petent hinsichllich seiner 
Leistungen und seiner Dienstführung nicht befriedigt. Dies sei ihm 
auch in dem ablehnenden Bescheide des Magistrats mitgeteilt worden. 
Seine Angabe, er sei nicht unterstützt worden, entspreche ebenfalls 
nicht den Tatsachen, denn er habe nach den Akten zweimal eine Unter 
stützung nach seiner Pensionierung vom Magistrat erhalten. Ferner 
hielte es der Magistrat nicht für angängig, einen früheren Beamten, 
welcher mit seiner Pensionierung doch gewissermaßen definitiv aus der 
Verwaltung ausgeschieden sei, ohne zwingende Gründe wieder einzu 
stellen. Außerdem sei Petent — wie der Herr Magistratsvertreter 
auf eine entsprechende Frage eines Ausschußmitgliedes ^ausführt — 
durchaus nicht mittellos, denn er beziehe eine Pension in Höhe von 
jährlich 900 Jt. 
Der Ausschuß beschloß hierauf 
der Versammlung Uebergang zur Tagesordnung zu emp 
fehlen. 
3. (P.-J.-Nr. 17/10.) Petition des Vermessungsassistenten 
Käselau um anderweitige Regelung seines Dienstein 
kommens. 
Petent gibt an, am 1. Januar 1903 vom Vermeffungs- 
techniker — Gehalt 1800./« bis 3 000 *«, Alterszulagen 
160 Jt — zum Vermeffungs assistenten — Gehall 2 4M Jt 
bis 3 600 Jt, Altcrszulagen 200 Jt — befördert worden zu 
sein, hierdurch aber, obwohl er zwei dienstältere Kollegen über 
sprungen habe, ein geringeres Diensteinkommen zu beziehen, 
als die übersprungenen Techniker und einige nach ihm er 
nannten dienstjüngeren Vermessungsassistenten. Den Grund 
hierzu glaubt Bittsteller in der großen Aufbesserung suchen 
zu müssen, welche die am 1. April 1901 angestellten Ver- 
messungslechniker, aus deren Reihe er hervorgegangen sei, 
im Jahre 1906 erhalten haben. Deren Anfangsstufe sei da- 
mals von 1800 Jt auf 2 000 Jt und die Alterszulagen 
von 150 ,4t auf 180 Jt erhöht worden, so daß diese im 
Jahre 1906 als Techniker eme Gehaltsstufe von 2 000 Jt 
4- (5 x 180) 900 Jt — 2 900 Jt bezogen hätten. Bei ihrer
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.