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Volume No. 16 (222), 8. März 1910

Full text: Vorlagen für die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Berlin (Public Domain) Issue1910 (Public Domain)

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Unter Bestreitung der Richtigkeit vorstehender Ansichten bat man 
von anderer Seite den Herrn Stadtbaurat um Auskunft darüber, ob 
wirklich die Bauverwaltung so langsam arbeite, daß der Magistrat 
deshalb schon 3 Millionen Mark habe streichen können. 
Der Herr Stadtbaurat führte ans, daß die Restsummen allein 
kein zuverlässiges Bild gäben von dem Umfange der Bauausfüh- 
rungen in den entsprechenden Etatsjahren. So seien von dem letzten 
Restbeträge von 11590 000 Jt allein 6 776 000 Jt Beträge von 
Bauten, die bereits fertiggestellt und in Betrieb genommen wurden. 
Die Restbeträge wurden im Januar festgestellt, das Etatsjahr erstrecke 
sich aber bis zum 1. April des Jahres. 
Die 4 Schulbauten in der Pank-Wiesenstraße, in der Thorner 
Straße, in der Tegeler Straße und in der Schöningstraße (snd 1 der 
Vorbemerkungen) würden in diesem Herbste dem Betrieb übergeben 
werden, bei den Schulen in der Scherenbergstraße und in der Goßler- 
straße (Extraordinarium B 6a sab Nr. 7 und 5) sei mit der Aus 
führung der Baulen begonnen worden. Auf die Frage, wie weit die 
Vorentwürfc weiterer Schulbauten gediehen seien, könne er mitteilen, 
daß die Vorentwürfe zur dreifachen Schule in der Antonstraße und 
zur Doppelschule in der Zellestraße bereits genehmigt seien, daß die 
Vorentwürfe zur Doppelschule in der Malplayuetstraße, in der Petten- 
koferstraße (snb Nr. 9), in der Ofener Straße und in der Lütticher 
Straße den Behörden zur Beschlußfassung vorliegen und daß nur der 
Voreutwurf zur Doppelschule in der Dunckerstraße noch in Arbeit, 
aber auch nahezu fertiggestellt sei. Von den im Etat aufgeführten 
Schulbauten sei nur der Vorentwurf in der Pettenkoferstraße (sub 
Nr. 9) von den städtischen Behörden noch nicht genehmigt worden. 
Mit Rücksicht auf vorstehende Erklärungen des Herrn Stadtbau 
rats ging von einer Seite des Etatsausschusses der Antrag ein: 
<Antrag 1t) Die Versammlung beschließt, für die 4 Schulbauten 
in der Zellestraße, Malplaguetstraße, Lütticher Straße und Ofener 
Straße — für die Bauentwürfe vorliegen — je 100000 M, in 
Summe also 400000 Jt als erste Baurate in den Etat einzusetzen. 
Es wurde hervorgehoben, daß man es nicht verantworten könne, 
jetzt, nachdem die Entwürfe vorliegen, den Beginn dieser Bauten wegen 
fehlender Mittel zu verzögern, im übrigen halte man es kaufmännisch 
für richtig, in jedem Jahre eine gleichmäßig hohe, dem Durchschnitt 
der Bauzeit entsprechende Baurate einzustellen. 
Nunmehr wurde wie folgt abgestimmt: 
Antrag A: 
Pos. 
6: 
100000 Jt 
6 Stimmen, 
streichen: 
angenommen 
mit 
7 
gegen 
Pos. 
7: 
100 000 Jt 
6 Stimmen, 
streichen: 
angenommen 
mit 
7 
gegen 
Pos. 
9: 
200000 Jt 
4 Stimmen. 
streichen: 
angenommen 
mit 
9 
gegen 
Antrag L: 400000 Jt einließen; abgelehnt. 
Nach dieser Beschlußfassung schließt das Extraordinarium nunmehr ab 
mit 2 743 700 — 400000 = 2 343 700 Jt. 
Bei Ausgabe Ordinarium Abschnitt B, Titel I sind sub. 1 wie 
im Vorjahre 150000^ für Lehrbücher ec. für bedürftige Schulkinder 
eingestellt. Von einer Seite wurde ausgeführt, daß die Jstausgabe 
sich im Etatsjahre 1908 bereits auf 168 985 Jt belaufen habe, man 
möge daher den Betrag auf 170000 Jt erhöhen. Auch bemerke man, 
daß bei Bewilligung dieser Bücher so verfahren werde, als ob Armen 
unterstützung bewilligt werden solle. Die Herren Magistratsvertreter 
bestritten dies und erklärten, Einzelbeschwerden hier im Etatsausschusse 
nicht prüfen zu können, jedoch sagen zu müssen, daß bei der Be 
willigung der Bücher sehr liberal verfahren werde, was daraus zu 
ersehen sei, daß nach Auskunft zuverlässiger Leute es auch nicht be 
dürftigen Eltern nicht selten gelinge, Bücher für ihre Kinder zu er 
langen. Der hohe Jstbetrag in 1908 rühre aus außerordentlichen 
Erneuerungen ,>c. her, in den Vorjahren habe sich das Ist auf 109 788 
bezw. 112 564 Jt belaufen. 
Der Etatsausschuß empfiehlt nunmehr, in beiden Lesungen den Etat 
in Einnahme auf -. 204 565 Jt, 
. Ausgabe - 25134 200 
also mit einer Mehrausgabe von 24 929 635 Jt 
festzustellen. 
Kapitel IV Abteilung 7 — Taubstummenschule — 
für das Etatsjahr 1910. 
Kapitel IV Abteilung 8 — Blindenanstalt nebst Betrieb 
der Beschäftigungsanstalt — für das Etatsjahr 1910. 
Beide Etats gelangten in beiden Lesungen en bloc zur Annahme, 
sie können nach den Entwürfen festgestellt werden. 
Kapitel VI Abteilung 1 — Krankenhäuser — für das 
Etatsjahr 1910. 
Von einer Seite des Etatsausschusses wurden Wünsche und Be 
schwerden des Dienst- und Arbeitsperfonals vorgetragen in bezug auf 
vielfach schon in früheren Jahren angeregte Verbefferung der Arbeits 
bedingungen und der Löhne. Anträge wurden nicht gestellt mit Rücksicht 
darauf, daß die Herren Magistratsvertreter eingehende ernstliche 
Prüfung aller Wünsche und Beschwerden auf das Bestimmteste 
zusicherten, sobald solche gehörig motiviert an zuständiger 
Stelle vorgebracht würden. Bezüglich der Löhne erklärte der Herr 
Kämmerer, daß bei allen Krankenanstalten in den letzten 10 Jahren 
die Dnrchschnittslöhne der hauptsächlichen Klassen von Arbeitern ganz 
erheblich gestiegen seien, insbesondere auch diejenigen der Wärter und 
Wärterinnen, beim Rudolf Virchowkrankenhause seien sogar in den 
wenigen Jahren seines Bestehens schon erhebliche Steigerungen erfolgt. 
Mit dcn Lohnerhöhungen und sonstigen Verbesserungen müsse man 
auch weiterhin nach Kräften fortfahren. Es dürfe aber dabei nicht 
unberücksichtigt bleiben, daß jede Verbesserung den Krankenhausbetrieb 
verteure, und daß bei wesentlicher Verteuerung der Rückschlag für die 
Krankenhausbesucher in Gestalt einer Erhöhung der Kurkostensätze 
nicht ausbleiben könne. 
Bei 8 — Kaiser und Kaiserin Friedrich Kinderkrankenhaus — 
Ausgabe Extraordinarium (Seite 39) sind für Ausbau des Kranken 
hauses 200 000 für das Etatsjahr 1910 angesetzt. In den Etats 
1903/08 der Spezialverwaltung 35, Extraordinarium v I11 sind 
bewilligt 500 000 Jt, speziell veranschlagt sind 
Verwaltungsgebäude 153 560 Jt, 
Medizinischer Pavillon 211 490 - 
General Insgemein 35 950 . 
zusammen 401 000 Jt. 
Da mithin die Mittel vorhanden sind, wurde beantragt 
die 200 000 Jt zu streichen. 
Der Antrag gelangte mit 8 gegen 4 Stimmen bei einer Anwesen 
heit von 12 Mitgliedern zur Annahme. 
Bei F — Rudolf Virchowkrankenhaus— sind in Ausgabe Ordi 
narium Titel III sub 8 (Seite 45) für zahnärztliche Behandlung der 
Kranken und Schwestern an Honorar für einen Zahnarzt 1000 Jt 
vorgesehen. Von einem Ausschußmitgliede wurde beantragt, das 
Honorar auf 1500 Jt zu erhöhen, weil die Tätigkeit des nicht in 
der Anstalt wohnenden Zahnarztes ein sehr zeitraubende sei. Der 
Herr Kämmerer erklärte, daß diese Angelegenheit noch der generellen 
Regelung bedürfe, sie befinde sich jetzt noch im Zwischenstadium. Der 
Antrag wurde abgelehnt. 
Die Resolution des Vorjahres, welche lautet: 
Spezialetat 25: 
Die Versammlung ersucht den Magistrat, in Zukunft zu Ab- 
weichungen von den etatsmäßigen Sätzen für Krankenhaus- 
Verpflegung die Zustimmung der Stadtverordnetenversammlung 
durch besondere Vorlage einzuholen, 
hat ihre Erledigung gefunden durch den Beschluß der Versammlung 
vom 6. Mai 1909 — Protokoll 23 — folgenden Wortlautes: 
Die Versammlung ist damit einverstanden, daß an Kur- und 
Verpflegungskosten in den städtischen Krankenhäusern vom 1. Juli 1909 
ab erhoben werden: 
1. für einheimische Kranke 3,oo^, 
2. für Kranke, die nicht in Berlin wohnen, 3,so Jt für den 
Tag und Kopf. Für Kranke, die nicht in Berlin wohnen, und 
deren Wohnsitzgemeinde für Berliner Kranke höhere Kur- und 
Verpflegungskosten berechnet, wird ein gleich hoher Betrag 
erhoben. (Vorlage 391.) — 
Der Etatsausschuß empfiehlt in beiden Lesungen den Etat 
in Einnahme auf 2 762 180 Jti 
- Ausgabe - . 6 921 880 - 
also mit einer Mehrausgabe von 4 159 700 Jt 
festzustellen. 
Kapitel VI Abteilung 2 — Irrenanstalten und An- 
stall für Epileptische — für das Etatsjahr 1910. 
Der Herr Kämmerer überreichte die anliegend abgedruckte Nach- 
tragsvorlage, in welcher um nachträgliche Einstellung von weiteren 
2000 Jt für Erneuerung von 3 Dynamomaschinen gebeten wird. 
Der Etatsausschx-ß stimmte dem zu und erhöhte demgemäß im Etat 
B — Irrenanstalt Herzberge — die Position Ausgabe Ertraordinarium 
lfd. Nr. 2 (Seite 32) von 16 000 Jt auf 18 000 Jt- 
Von einer Seite des Etatsansschusses wurde ausgeführt, daß die 
großen Mittel, die die Irrenanstalten alljährlich forderten, allmählich 
herabgemindert werden könnten, wenn man helfend eingriffe schon 
bevor das Unglück geschehe, daß die Kinder verwahrlosen. Man 
solle das Uebel an der Wurzel fassen und daher der Fürsorge für 
Krippen und Kindergärten in ausgedehntem Maße seine Fürsorge 
angedeihen lassen. 
Demgegenüber ließen sich der Herr Kämmerer und andere Redner 
des Etatsausschusies dahin aus, daß sich derartig ideale Zustände 
nicht schaffen ließen. Der Grund der stetig steigenden Zahl der Irren 
sei nicht bloß in der Vernachlässigung der Jugend sondern in den 
allgemeinen Verhältnissen der Gegenwart und denjenigen der Großstadt 
zu suchen, in der zudem alle Elemente zusammenströmen. Auch sei 
der Einfluß der modernen Psychiatrie und der von ihr beeinflußten 
Rechtsprechung sehr erheblich. Jedenfalls aber müsse jetzt für die 
vorhandenen Irren gesorgt werden. Die Steigung der Zahl der 
Jrrenpflegebedürftigen sei freilich geradezu eine enorme. Nach der 
vorjährigen Etatsrede des Kämmerers sei in den letzten 11 Jahren 
der Prozentsatz der Pflegebedürffigen auf 1000 Einwohner berechnet
	        
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