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Druck von W. & S. Loewenthal, Berlin.
ad JMi 13
(210.)
Jorlage,
welche den Zeitungen nicht mitgeteilt ist.
LI«. Vorlage (J.-Nr. 5 382 V. 8. I./10) — zur Beschluh-
fafsung —, betreffend die Entlaffung des Eigentümers
Wilhelm Teusfeldt. Müllerftratze 80 wohnhaft,
aus dem Amte eines Mitgliedes der LOL C. Armen-
kommisfion vor Ablauf seiner Wahlzeit.
Durch Beschluß der Stadtverordnetenversammlung vom 27. Juni
1907 — Protokoll 70 E 126 — ist der Eigentümer Wilhelm Teus-
feldt, Müllerstraßc 60 wohnhaft, zum Mitgliede der 2010. Armen-
kommission gewählt worden. Unter dem 29. Oktober v. Js. hat
Teusfeldt seine Entlassung aus dem Amle beantragt, nach den
Randschreiben vom 15. Dezember v. Js. auf J.-Nr. 4 729 8t. V.
II. 09, die wir hier beifügen, den Antrag aber wieder zurückgezogen.
Wie jetzt festgestellt worden, hat Teusfeldt bei der Auszahlung
der Unterstützungen sich Pflichtwidrigkeiten zu Schulden kommen lassen.
Er hat, wie aus den in Abschrift beigefügten beiden Verhandlungen
vom 3. Dezember v. Js. und 4. Januar d. Js. hervorgeht, das Al
mosen für die im Mai v. Js. in das Friedrich Wilhelmshospital auf
genommene Witwe Wilhelmine Bussow in den Monaten Juli,
August und September an deren Tochter gezahlt und sich bei der
Auszahlung Abschlagszahlungen auf eine Mietsschuld leisten lassen,
die die Tochter bei ihm hatte. Er hat zwar bestritten, daß ihm die
Ausnahme der Frau Bussow in das Hospital bekannt gewesen sei,
andererseits aber zugegeben, daß er in allen Fällen, in denen er an
Mieter seines Hauses Unterstützungen zu zahle» hatte, stets die Miete
vom Almosen abgezogen oder das ganze Almosen einbehalten, die
Unterstützten aber über den Empfang des Almosens habe quittieren
lassen.
Da das Verfahren des Teusfeldt eine durchaus unzulässige
Vermischung seiner privaten Interessen mit den Pflichten seines Amtes
bedeutet und mit § 2 Ziffer 3 der Geschäftsanweisung für die offene
Armenpflege, wonach der Hauswirt des Bedürftigen sich jeder Pflege-
tätigkeit zu enthalten hat. in Widerspruch steht, so können wir ihm
nichl mehr das für sein Amt erforderliche Vertrauen entgegenbringen
und haben beschlossen, ihn vor Ablauf seiner Wahlzeit aus dem Amte
zu entlaffen.
Wir beantragen daher, in Gemäßheit des 8 75 Absatz 2 der
Städteordnung zu beschließen:
Die Versammlung erklärt sich damit einverstanden, daß der Eigen
tümer Wilhelm Teusfeldt. Müllerstraßc 60 wohnhaft, vor
Ablauf seiner Wahlzeit aus dem Amte eines Mitgliedes der 3010.
Armenkommission entlassen wird.
Berlin, den 24. Februar 1910.
Magistrat hiesiger König!. Haupt- und Residenzstadt.
K i r s ch n e r.
Berlin, den 26. Februar 1910.
Der Stadtverordneten-Borsteher
Michelet.