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Die Versammlung erklärt sich mit der Annahme der letztwilligen
Zuwendung, welche der Rentner Ernst Eltelt der Sladtgemciude
Berlin zur Verwendung für wohltätige Zwecke vermacht hat, ein
verstanden.
Berlin, den 22 Februar 1910.
Magistrat hiesiger Königl. Haupt- und Residenzstadt.
K i r s ch n e r.
Zu 1»8.
Statut der Ernst Ettelt-Stiftung.
§ 1.
Unter dem Namen „Ernst Ettelt".Stifturig errichtet der Privatier
Ernst Ettelt, hier, Auguststraße 48 wohnhaft, eine Stiftung, welche
zur Besserung und Unterstützung bedürftig gewordener selbständig
gewesener und unselbständiger Kaufleute der Butter- und Kolonialwaren
branche bestimmt ist.
Die Stiftung hat ihren Sitz in Berlin.
8 2.
Alljährlich im November soll ein Inserat in drei in Berlin er
scheinenden Zeitungen, welche vom ärmeren Volk gelesen werden,
erlaffen werden. In dem Inserat ist auf den Zweck der Stiftung
hinzuweisen und sind Bewerber zur Meldung aufzufordern. Dieses
Inserat kann nnlerbleiben, wenn keine verfügbaren Mittel vorhanden
sind, dagegen ist dasselbe in kurzen Zwischenräumen zu wiederholen,
bis genügende Bewerber vorhanden sind.
8 3-
Das Stiftungsvermögen besteht aus dem Vermögen, welches der
Stifter in seinem Testament zur Errichtung der Stiftung bestimmt hat.
Aus den Revenuen des Kapitals sind in erster Linie die Renten,
welche laut Testament zu entrichten sind, zu zahlen und der Rest ist
nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen an die Unterstützungs
berechtigten zu verteilen.
Nach dem Fortfall der Renten gelangen die ganzen Revenuen
des Kapitals zur Verteilung.
8 4.
Ein Drittel der zur Verfügung stehenden Mittel ist dazu zu ver
wenden, gefallene Mädchen und Frauen einem ordentliche Lebens
wandel zuzuführen und sic darin zu unterstützen.
Das Kuratorium soll sich zur Aufforderung geeigneter Bewerbe
rinnen in der Regel an die Heimstätte zu Berlin, gegenwärtig hier,
Drontheimer Straße 19 wenden. Es können sowohl größere ein
malige Unterstützungen, als auch kleinere laufende Unterstützungen ge-
währt werden.
Zur Entziehung laufender Unterstützungen ist das Kuratorium
berechtigt, wenn feststeht, daß der Zweck der Unterstützung nicht er
reicht wird.
Zwei Drittel der verfügbaren Mittel sind zur Unterstützung hilfs
bedürftig gewordener Angehörigen des Kaufmannsstandes der Butter
und Kolonialwarenbranche, sowohl selbständig gewesener, als auch un
selbständiger zu verwenden. Solange jedoch Personen auch aus an
deren Kreisen sich melden, welche mit mir in Geschäftsverbindung
gestanden haben oder mit mir befreundet oder für mich tätig gewesen
und bedürftig geworden sind, sollen dieselben in erster Linie berück
sichtigt werden. Mitglieder der Familie des Stifters haben unter
diesen wiederum den Vorzug.
Es können sowohl größere einmalige oder laufende Unterstützungen
bis monatlich 60 JC gewährt werden.
Die laufende Unterstützung darf nur entzogen werden, wenn Be
dürftigkeit nicht mehr vorliegt.
Empfangsberechtigt sind sowohl Personen männlichen als weib
lichen Geschlechts und soll weder die Religion noch die politische Ge
sinnung einen Einfluß auf die Berücksichtigung ausüben, vielmehr soll
nur die Bedürftigkeit von den Kuratoren geprüft werden.
Diejenigen Renten, welche nicht bis zur Fälligkeit der zweiten
Rate erhoben sind, verfallen der Stiftung, sofern nicht die Verzögerung
der Abhebung glaubhaft entschuldigt wird.
8 5.
Das StistungSvermögen wird beim Magistrat zu Berlin mündel-
sicher angelegt und vom Magistrat verwaltet.
Vorbehaltlich des Aufsichtsrechts des Magistrats der zur Aufsicht
gesetzlich berufenen Behörden entscheidet über alle Angelegenheiten der
Stiftung namentlich über die Verwendung des Ertrages derselben ein
Kuraloriuni nach seinem freien verständigen Ermessen, so daß niemand
Ansprüche auf eine Verleihung erheben kann.
8 6.
Das Kuratorium der Stiftung besteht aus drei Personen, welche
von dem Magistrat der Stadtgemeinde Berlin aus den Mitgliedern
des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung gewählt werden.
Der Magistrat bestimmt dasjenige Mitglied, welches den Vorsitz
im Kuratorium zu führen hat und den Stellvertreter des Vorsitzenden.
Zur Vertretung des Kuratoriums nach außen ist die Mitwirkung
zweier Mitglieder erforderlich und ausreichend.
8 7-
Das Kuratorium versammelt sich in Sitzungsangelegenheiten auf
schriftliche, mindestens vier Tage vor der Sitzung zu behändigende
Einladungen des Vorsitzenden beziehungsweise dessen Stellvertreters.
Der Einladung ist eine Mitteilung der zu beratenden Angelegenheiten
beizugeben.
Jedes Mitglied ist berechtigt, die Zusammenberufung des Kura
toriums zu einer Sitzung mittels eines dem Vorsitzenden zuzustellenden
Antrages zu verlangen.
Wird diesem Antrage nicht innerhalb vierzehn Tagen nach Zu
stellung entsprochen, so ruft auf Antrag eines Mitgliedes des Kura
toriums die Aufsichtsbehörde die Mitglieder zu einer Sitzung zu
sammen.
Die Beschlüsse des Kuratoriums erfolgen durch einfache Stimmen
mehrheit. Bei Stimmengleichheit entscheidet die Stimme des Vor-
sitzenden bezw. duffen Stellvertreter.
Berlin, den 7. Mai 1903.
Ernst Ettelt.
Beglaubigt.
I. Müller, Magistratssekretär.
18». Vorlage (J.-Nr. 9032 Lrl. I. 09) — zur Beschluß
fassung —, betreffend die 'Außerkraftsetzung des mit
der Firma Franz Leuwer, Laternenreklamegesellschaft
m. b. H., geschlossenen Vertrages vom 31. Oktober
1»08 auf die Dauer von vier Monaten vom 1. März
bis 31. Juli 1»10.
Unter dem 31. Oktober 1908 ist der in Abschrift beiliegende
Vertrag über die Anbringung von Reklameschildern an den der Stadt-
gemeinde Berlin gehörigen und der öffentlichen Beleuchtung dienenden
Gaskandelabern mit der Firma Franz Leuwer, Laternenreklame
gesellschaft m. b. H.. unter Zustimmung der Stadtverordnetenver
sammlung auf die Dauer von 3 Jahren abgeschlossen worden. Der
Vertrag hat mit dem 1. Januar 1909 zu laufen begonnen Während
für diese Reklame zirka 23 000 Gaskandelaber zur Verfügung stehen,
sind bisher nur zirka 3 500 vermietet worden. Dieser Mißerfolg des
Unternehmens ist darauf zurückzuführen, daß die Form der Schilder
unschön wirkte. Außerdem erwies es sich als unpraktisch, daß die
Schilder an den Kandelabern zu niedrig angebracht werden mußten,
so daß sie nur für den unmittelbar vor ihnen Stehenden sichtbar
waren. Auch wurde es als Uebelstand empfunden, daß in Ansehung
der Bemalung der Schilder der Firma wesentliche Beschränkungen
auferlegt waren.
Die Firma hat uns daher unter dem 27. Januar dieses Jahres
mitgeteilt, daß sie mit dem Plane umgehe, dem Unternehmen eine
andere Form zu geben. Sie möchte in Zukunft künstlerisch gestaltete,
geschmackvolle Schilder verwenden, die an einer höheren Stelle der
Kandelaber angebracht werden sollen, damit die auf den Schildern
befindlichen Schriftzeichcn weithin lesbar werden. Ferner sollen
diskret aber wirksam bemalte Schilder zur Verwendung kommen.
Auch der Umfang der Schilder soll größer und die Form harmonischer
und eindringlicher gewählt werden.
Nach alledem Hai die Firma beantragt, ihr zur Durchführung
ihres neuen Planes eine Probezeit von mindestens 4 Monaten, inner
halb welcher sie von jeglichen Leistungen an uns befreit sein will, zu
gewähren und den Mietzins für Dezember 1909 und Januar 1910
zu stunden. Dem Antrage auf Stundung des Mietzinses können
wir nicht stattgeben." Dagegen wollen wir, um die Wirksamkeit der
neuen Schilder^ für Reklamezwecke prüfen und feststellen zu können,
ob sie geeignet sind, dem Straßenbild eingefügt zu werden, ohne daß
dieses dadurch leidet, im Einverständnis mit der Deputation der
städtischen Gaswerke im übrigen dem in oben erwähntem Schreiben
gestellten Antrage entsprechen und der Firma einige Straßenzügc vom
1. März 1910 ab für eine viermonatige Probe unentgeltlich zur
Verfügung stellen.
Der alte Vertrag, der mährend dieser vier Monate außer Kraft
gesetzt wird, bleibt sonst wirksam. Die Firma hat bis Ende Februar
d. Js. den vereinbarten Mietzins zu entrichten und alle sonstigen
durch den Vertrag übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen. Sollte
bis zum Ablauf der viermonatigen Probezeit, also bis Ende Juni 1910,
auf Grund der während dieser Zeit gesammelten Erfahrungen ein
anderweites Abkommen mit der Firma nicht zustande gekommen sein,
so verlängert sich der bestehende Vertrag um vier Monate. Die
Firma hat alsdann die Kaution, die wegen rückständiger Mietbeträge
bisher zum Teil versilbert und zu deren Deckung in Anspruch ge-
nommen worden ist, unverzüglich wieder ans 100000^ zu erhöhen.
Die Stadtverordnetenversammlung ersuchen wir, wie folgt,
zu beschließen: