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Der Herr Oberbürgermeister wies nunmehr an einem Beispiel
nach, daß, falls jener Absatz gestrichen würde, es einem Vater und
Sohn, die zusammen Spekulationsgeschäfte betreiben, ein leichtes sei,
durch ein sogenanntes Offertgeschäft im Wege der Cession die Steuer
zu umgehen.
Da auch mehrere Ausschußmitglieder die gleiche Ansicht teilten,
wurde der Antrag a vom Antragsteller zurückgezogen und der Absatz 1
unverändert angenommen.
Zu Absatz 2 und 3, die folgenden Wortlaut haben:
2. Als Veräußerungsgeschäfte' gelten auch Anträge zur Schließung
eines Veräußerungsgeschäftes, die den Veräußerer binden, sowie
Verträge, durch die nur der Veräußerer zur Schließung eines
Veräußerungsgeschäftes verpflichtet wird.
8. Uebertragungcn der Rechte des Erwerbers aus einem Ver
äußerungsgeschäfte, sowie nachträgliche Erklärungen des Er-
Werbers, die Rechte für einen Dritten erworben oder die Pflichten
für einen Dritten übernommen zu haben, werden wie Ver
äußerungsgeschäfte behandelt, es sei denn, daß das Erwerbs
geschäftnachweislich auf Grund eines Vollmachtsauftrages oder einer
Geschäftsführung ohne Auftrag für den Dritten abgeschlossen war.
wurde der Antrag gestellt:
b) den Absatz 2 zu streichen, so daß der jetzige Absatz 3 vorrückt,
e) als Absatz 3 folgende Bestimmung aufzunehmen:
Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden auch auf
Uebertragungen der Rechte aus Anträgen zur Schließung eines
Veräußerungsgeschäftes, die den Veräußerer binden, sowie aus Ver
trägen, durch' die nur der Veräußerer zur Schließung eines Ver
äußerungsgeschäftes verpflichtet wird, Anwendung. In solchen Fällen
gilt als der bedungene Preis im Sinne des 8 8 Absatz 2 derjenige
Preis, der im Falle der Annahme des Antrages oder nach Inhalt
des nur den Veräußerer verpflichtenden Vertrages zu entrichten ist,
zuzüglich der für die Uebertragung der Rechte bedungenen Vergütung.
Begründet wurde der Antrag vom Antragsteller, indem derselbe
unter Bezugnahme auf das zu den Akten überreichte Schreiben des
Herrn Justizrats Heinitz ausführte, daß hier gemeint sei, daß die
Abtretung der Rechte aus einem Kaufantrage wie die Ablretung der
Rechte aus einem Veräußerungsgeschäft behandelt werden soll. Jeden-
falls könne doch davon nicht die Rede sein, daß die Umsatzsteuer auch
zu zahlen sei, wenn die Offerte nicht angenommen wird, und werde
die Offerte angenommen, so bilden Antrag und Annahme zusammen
nur ein Veräußerungsgeschäft.
Die Herren Magistratsvertreter bemerkten hierzu, daß der Absatz 2
nur dem Sinne des Absatzes 1 gemäß zu verstehen sei, d. h. daß es
sich immer nur um eine fortlaufende Reihe von Eigentumsüber
tragungen auf Grund mehrerer vorangegangener Rechtsgeschäfte hierbei
handeln solle. Wenn A. z. B. ein Grundstück an B. bis zu einer
bestimmten Zeit bindend anstelle und B. das Kaufrecht zu dem be
stimmten Preise an C. weiter veräußere, so liege doch hierin ein regel
rechtes Grundstücksveräußerungsgeschäft, das mit Fug und Recht einer
Steuerpflicht unterliege.
Diesen Ausführungen stimmte der Ausschuß zu, war aber der
Ansicht, daß dies auch in den Bestimmungen des § 7 klarer zum
Ausdruck kommen müsse. Es wurden daher folgende neue Anträge
gestellt:
d) „Als Veräußerungsgeschäfte gelten im Falle des Absatzes 1.."
v) „Als Rechtsgeschäfte im Sinne des Absatzes 1 gelten . .
Bei der nun folgenden Abstimmung wurde vom Ausschuß der
Antrag d mit Stimmenmehrheit angenommen, die Anträge b, o und s
dagegen abgelehnt.
Dem bereits vorerwähnten Absatz 3 des § 7 stimmte der Aus
schuß zu.
Zu Absatz 4, der wie folgt lautet:
Entsprechendes gilt für die Abtretung der Rechte aus dem Meist-
gebot in einer Zwangsversteigerung sowie für die Erklärung des
Meistbietenden, daß er für einen anderen geboten habe,
wurde folgender Antrag eingebracht:
k) den bisherigen Absatz, wie folgt, zu fassen:
Umsatzsteuerpflichtig ist auch die Abtretung der Rechte aus dem
Meistgebot in einer Zwangsversteigerung sowie die Erklärung des
Meistbietenden, daß er für einen anderen geboten habe, sofern nicht
die Abtretung oder die Erklärung in dem Versteigerungstermin erfolgt
oder sofern ein Gläubiger Meistbietender war. dem eine durch ein
geringeres Gebot nicht oder nicht völlig gedeckte Hypothek, Grund-
schuld oder Rentenschuld zustand.
Dieser Antrag entspreche Nr. 11», Befreiungen 3, des Tarifs des
Reichsstempelgesetzes und Nr. 32, 9 Ermäßigung 1 und 2 des Tarifs
des preußischen Stempelgejetzes.
Auch mehrere andere Ausschußmitglieder hielten die Bestimmungen
des Magistralsantrages für außerordentlich hart, ergänzten aber auch
den obigen Antrag k noch dahin, daß sie beantragten, denselben mit:
„Entsprechendes gilt"
beginnen zu lassen und zwischen „Rentenschuld" und „zustand" noch
die Worte:
„länger als 6 Monate"
einzufügen, sodaß der Unterantrag g nunmehr wie folgt lautet:
Entsprechendes gilt für die Abtretung der Rechte aus dem Meist-
gebot in einer Zwangsversteigerung sowie für die Erklärung des
Meistbietenden, daß er für einen anderen geboten habe, sofern nicht
die Abtretung oder die Erklärung in dem Vcrstcigerungstermin
erfolgt oder sofern ein Gläubiger Meistbietender war, dem eine
durch ein geringeres Gebot nicht oder nicht völlig gedeckte Hypothek,
Grundschuld oder Rcntcnschuld länger als 6 Monate zustand.
In der hierauf folgenden Abstimmung wurde dieser Unterantrag
g mit Stimmenmehrheit angenommen.
Zu § 8, der wie folgt lautet:
8 8.
Für die Umsatzsteuer haften der Veräußerer und der Erwerber
als Gesamtschuldner. Im Zwangsversteigerungsverfahren ist die
Steuer von demjenigen zu entrichten, welchem der Zuschlag erteilt
ist. Erfolgt die Eigcntumsveränderung auf Grund mehrerer Rechts-
geschäfte (§ 7), so sind alle Zwischenberechtigten, soweit sie nicht
befreite Personen sind, als Gesamtschuldner verhaftet,
wurde beantragt, da es nicht billig sei, nicht allein die Rechtsvorgänger,
sondern noch die Rechtsnachfolger heranzuziehen, den Absatz 2 des
§ 6 der Wertzuwachssteuer als Zusatz hinzuzufügen, der folgenden
Wortlaut hat:
Erfolgt die Eigentumsveränderung auf Grund mehrerer Rechts
geschäfte, so werden auch alle Zwischenberechtigte als Gesamtschuldner
verhaftet, mit der Maßgabe jedoch, daß jeder Zwischenberechtigte,
soweit er nicht eine befreite Person ist. nur bis zur Höhe desjenigen
Betrages haftet, der als Steuer zu erheben wäre, wenn die Eigen-
tnmsveränderung auf Grund der von ihm und seinen Rechtsvor
gängern abgeschlossenen Rechtsgeschäfte erfolgt wäre.
Mit diesem Zusatz wurde der § 8 vom Ausschuß hierauf einstimmig
angenommen.
Zu tz 9, der lautet:
8 9-
Von der Entrichtung der Umsatzsteuer sind persönlich befreit:
a) der König, die Königin und die Königlichen Witwen;
b) der Fiskus des Deutschen Reichs und des Preußischen
Staates und alle öffentlichen Anstalten und Kassen, welche
für Rechnung des Reichs oder des Preußischen Staates ver
waltet werden oder diesen gleichgestellt sind.
Dem Staatsoberhaupt und dem Fiskus anderer Staaten als
des Deutschen Reiches und des Preußischen Staates sowie den
öffentlichen Anstalten und Kassen, die für Rechnung eines solchen
anderen Staates verwaltet werden oder diesen gleichgestellt sind,
und den Chefs der bei dem Deutschen Reiche oder bei Preußen
beglaubigten Missionen wird Steuerfreiheit gewährt, wenn nach
der Erklärung des Ministers der answärtigen Angelegenheiten in
dem betreffenden Staate Preußen gegenüber die gleiche Rücksicht
geübt wird,
wurde beantragt:
den § 9 zu streichen.
Obgleich der Herr Oberbürgermeister dagegen ausführte, daß die
Fenehmigung der Ordnung wohl kaum zu erwarten sei, wenn der
Giskus gleichfalls einer solchen Steuer unterworfen würde, wurde
dennoch bei der nun folgenden Abstimmung vom Ausschuß der
Absatz 1b abgelehnt, der Absatz 1» und Absatz 2 dagegen angenommen.
Ais neuer Paragraph wurde alsdann beantragt, folgende Be
stimmung aufzunehmen:
Gesellschaften, deren satzungsmäßiger Zweck ausschließlich darauf
gerichtet ist, minderbemittelten Familien oder Personen gesunde und
zweckmäßig eingerichtete Wohnungen in eigens erbauten oder an
gekauften Häusern zu billigen Preisen zu verschaffen, und deren
Satzung die an die Gesellschafter zu verteilende Dividende auf
höchstens 4 vom Hundert ihrer Anteile beschränkt, auch den Gesell
schaftern für den Fall der Auflösung der Gesellschaft nicht mehr
als den Nennwert ihrer Anteile zusichert, den etwaigen Rest des
Gesellschaftsvermögens aber für gemeinnützige Zwecke bestimmt, sind
von der Entrichtung der Umsatzsteuer hinsichtlich der den Gesell-
schaftszwecken zuzuführenden Grundstücke befreit.
Aendert die Gesellschaft ihre Satzungen oder ihren Zweck derart,
daß die angegebenen Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, so sind
die Steuerbeträge, die mangels einer Befreiung fällig geworden
wären, nachzuzahlen.
Nach kurzer Besprechung stimmte der Ausschuß diesem Antrage zu.
Gegen die §§ 10—16 wurden Widersprüche nicht erhoben, so daß
sie gleichfalls unverändert zur Annahme gelangten.
Hierauf vertagte sich der Ausschuß auf Montag, oen 17.Januar 1910,
abends 6 Uhr.
V. g. u.
Michelet. Galland.
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